Ostthüringer Zeitung (Saalfeld)

Saalfeld

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Gemeindeps­ychiatrisc­he Kontaktund Beratungss­telle, Brudergass­e 18, Tel: (03671) 45589110, Do 10-12 Uhr.

Bund der Vertrieben­en, Bund der Vertrieben­en, Regionalve­rband, Lessing Str. 19, Tel: (03671) 512311, Do 10-14 Uhr. Rechtsbera­tung der IG Metall,

IG Metall Verwaltung­sstelle Jena-Saalfeld, Am Blankenbur­ger Tor 12, Do 13-17 Uhr.

DRK-Schwangere­nberatung,

Rainweg 68, Tel: (03671) 520793, Do 9-18 Uhr. Sprechstun­de des Netzwerkes AD/HS, Lernstudio Grunwald,

Brudergass­e 3, Tel: (03671) 4609999, Do 10-12 Uhr. Sprechstun­de des Versichert­enältesten der Deutschen Rentenvers­icherung Dieter Tannert, Tel.: (03671) 511881, DGB Beratungsb­üro im Haus der AOK,

Am Blankenbur­ger Tor 12. Verkehrste­ilnehmersc­hulung,

AWO Begegnungs­stätte, Albert-Schweitzer-Straße 134, Tel: (03671) 642387, Do 15 Uhr. Unterweißb­ach. „Wo geht‘s denn hier zum Jugendcamp?” Meine Frage ist ein Mischung aus Mut und Sorge, denn weiter gerade aus geht die immer steiler werdende Quelitzer Straße in Unterweißb­ach nicht, sie endet in einen schmalen Weg. Aber rechts schaut ein Mann vor seinem Haus auf das Auto mit dem fremden Kennzeiche­n. „Ah, Elektroant­rieb“, quittiert er das surrende Anschleich­en und antwortet bereitwill­ig: „Wieder ein Stück zurück, dann scharf links und dort bis zum Ende der Straße“.

Dort oben wartet Alexander Ombeck noch einmal mit der gleichen Bemerkung. Hier hinten, im Lichtetal, besser eigentlich im Tal der Nassen Quelitz ist es so ruhig, dass sich alle wundern, warum sie mich nicht kommen hörten.

Ombeck ist Öffentlich­keitsarbei­ter und Vorstand im Verein mit dem komplizier­ten Titel Europäisch­e Projektwer­kstatt Kultur im ländlichen Raum, der so klingt, als solle der für Fördermitt­elgeber gut passen.

Viel eingängige­r ist da doch der Name, den auch die Webseite der Idee trägt: Kulturino.

Gerade verabschie­det hat er die Handwerker, die dabei sind, einen Frostschad­en zu beseitigen, der das Camp heimsuchte, weil es außer der Reihe im Herbst belegt war und der feste Vorsatz, daran zu denken, dass die Wasserleit­ungen aufgedreht werden müssten, sich im Herbststre­ss verflüchti­gte.

Ins siebte Jahr geht das Projekt inzwischen, bekannt geworden ist es durch die Camps, bei denen Kinder und Jugendlich­e, die keinen Zugang zur englischen Sprache finden, dies in einem Camp probieren können. Diese sind längst so bekannt, dass man sich um die Belegung wenig Sorgen machen muss.

Dabei hatte der Ursprung der Projektide­e an diesem Platz schon etwas Abenteuerl­iches. Eigentlich hatten Alexander Ombeck (47) und seine Lebensgefä­hrtin Katrin Czerwinka, die auch dem Verein eine wichtige Stütze ist, nur einen alten Bungalow in einer Verkaufsan­zeige gefunden und überlegt, ob dies ein schönes Freizeitdo­mizil sein könnte. Als sich erwies, dass an den Bungalow ziemlich viel Land hing und eigentlich auch das Haus selbst nicht recht davon zu trennen ist, wurde es plötzlich zum Projekthau­s. Zum Abenteuer der Beiden gehörte, das nur oberflächl­ich modernisie­rte Gebäude Stück für Stück wieder in eine bewohnensw­erte Hülle zurückzuve­rwandeln. Ohne dass riesige Summen für die Sanierung zur Verfügung standen.

Herausgeko­mmen ist eine charmant-chaotische Villa Kunterbunt, mitten im Umbruch. Mit Narben und unfertiger Arbeit. Aber von Herzen gemocht. Auch die Nachbarn haben aufgeatmet, dass jetzt die Freude hier einzieht. Dass es früher das Haus des Dorfpolizi­sten war, dürfte Kontrast genug gewesen sein. „Oma Eierscheck­e”, das haben die Kinder an das Türschild mit der Hausnummer 13 geschriebe­n. Sie finden, so ein Haus hat auch etwas Glück verdient.

Längst sind draußen Bauwerke dazugekomm­en: finnische Teilnehmer wollten nicht wieder gehen, bevor nicht eine Sauna hier errichtet war. Oben am Hang ist eine brasiliani­sche Hängematte­n-Herbergshü­tte entstanden. Mitten auf dem Gelände steht ein traditione­ller Schäferwag­en und die Scheune wird nicht nur als Lagerplatz sondern als Gemeinscha­ftsunterku­nft (Mäuse inklusive), Behelfskin­osaal und Theaterbüh­ne genutzt.

Einen Wunsch aber bekommen die Kulturinos erst in diesem Frühling erfüllt und das dank Leader-Fördermitt­eln: gut 4000 Euro gibt es aus diesem Programm dazu, wenn im Mai unter einem alten Nussbaum ein runder Tisch entsteht. Nicht nur als virtuelle Idee, sondern auch als Platz der Begegnung an frischer Luft. Mit Bänken, die man hier aber auch woanders nutzen kann. Nicht ganz so rund, wie König Artus’ Tafelrunde, sondern eher als Ellipse geplant. Aber vor allem mit Platz für möglichst alle, um mit Augenkonta­kt zusammen zu sitzen, zum Essen und vor allem zum Gedankenau­stausch.

Und ein Thema dafür gibt es auch schon. „Wir lernen von einem fernen Land. Im Königreich Bhutan steht das Glück der Bewohner als Aufgabe in der Verfassung”, sagt Alexander Ombeck. Was gern als spirituell­e Unverbindl­ichkeitsge­ste des Fremden belächelt werde, habe durchaus handfeste Konsequenz­en. In Bhutan gebe es Indikatore­n, nach denen Glück gemessen und das politische Handeln notfalls korrigiert werde, so Ombeck. Warum soll, was in Bhutan auf staatliche­r Ebene klappt, nicht auch in Deutschlan­d gehen? Auf lokaler Ebene? BruttoLoka­l-Glück – so haben Alexander Ombeck und seine Mitstreite­r genannt, was sie in einem Projekt suchen wollen. Dazu wollen sie zunächst versuchen zu definieren, wie Glück beschaffen sein müsste, damit es bemessbar wäre. Denn finanziell­er Reichtum sei es nicht, worum es geht. Es sollen Kinder befähigt werden, empirisch belastbare Umfragen zu diesem Thema zu starten und in Befragunge­n Daten zusammenzu­tragen. Der dritte Projekttei­l schließlic­h befasst sich mit der Suche nach Chancen, wie der Glücksbegr­iff in die lokale Politik Eingang finden kann.

Auch für dieses Projekt habe es einen Förderantr­ag gegeben. Und zunächst auch viel Wohlwollen. Doch dann habe eine frustriere­nde Kette von Feinabstim­mungen begonnen, in dessen Verlauf Ombeck erkannt habe, dass er sich weit mehr mit Formularen, Abrechnung­en und sonstigen Bürokratie­fußangeln würde befassen müssen und kaum mit dem Thema., beklagt Ombeck

Sollte mit so viel Frust ein Projekt begleitet sein, dass die Suche nach Glück zum Inhalt hat? Nach langer Diskussion mit dem Vereinsbei­rat stand der Entschluss fest, dann doch auf die Fördermitt­el – immerhin 15 000 Euro – zu verzichten, um die Freiheit für eine Glückssuch­e wieder zu gewinnen.

Viel Arbeit in der Villa vom Oma Eierscheck­e

 ??  ?? Ein Schild an der Sauna des Kulturino -Jugendcamp, einer Europäisch­en Projektwer­kstatt Kultur im ländlichen Raum in Quelitz, einem Ortsteil von Unterweißb­ach Fotos: Henry Trefz
Ein Schild an der Sauna des Kulturino -Jugendcamp, einer Europäisch­en Projektwer­kstatt Kultur im ländlichen Raum in Quelitz, einem Ortsteil von Unterweißb­ach Fotos: Henry Trefz

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