Ostthüringer Zeitung (Saalfeld)
„Nirgendwo lässt sich Müßiggang so genießen wie in Rudolstadt“
Kellner, Lebemann, Gefangener, Aussteiger: Wie das alles geht in einem Leben, verrät Willi Frach im Gespräch mit Daniela Danz im Schillerhaus
ein paar Monate UHaft, weil ihm jemand eine Republikflucht anhängen will – Mitropa, Hiddensee, das legendäre Café Moskau in Berlin sind einige Stationen. Dann wird ihm die DDR wirklich zu eng. Er flieht, schwimmt durch die Donau und landet schließlich in Westberlin. Hier zieht es Willi Frach wieder in die besten Häuser am Platz. In der Bar des Kempinski-Hotels bedient er Prominente dieser Zeit, darunter Harald Juhnke. Er lebt ein Leben auf der Sonnenseite mit schicken Autos, Geld, schönen Frauen.
Als er nach einer Tour durch Europa die Idee hatte, von Schweden nicht über die vorgeschriebene Transit-Strecke sondern mit der Fähre über Trelleborg, Sassnitz und dann quer durch die DDR wieder nach Westberlin fahren zu wollen, wird ihm das zum Verhängnis. Er landet im Gefängnis. Diesmal für länger. Erst im Zuge einer Generalamnestie zum 30. Jahrestag der DDR kommt er frei. Wieder im Westen beginnt er ein neues Leben, ohne Besitz. Als Bergbauer in Kärnten erfährt er, dass in Berlin die Mauer gefallen ist. Er macht sich auf, wendet sich der SED zu und will retten, was vom Land noch zu retten ist. Gut geht das nicht. Auch in der Ukraine und in Siebenbürgen findet er nur kurz sein Glück.
Dann kommt Rudolstadt. „Nirgendwo lässt sich der gepflegte Müßiggang so genüsslich ausleben wie hier“, sagt er. In der Gartenstraße 6 findet er das typische Osthaus mit Ofenheizung und Holzdielen. „Du kannst es retten, wenn du ein Kunstwerk daraus machst“, sagt er sich. Er will zeigen, dass man auch anders leben kann. Ein Garten Eden schwebt ihm vor. Kapitalismusfrei. Er öffnet hin und wieder den Garten, wer kommt, bringt mit, was er hat. So stellt er es sich vor.
Dass zur Lesung so viele Menschen gekommen sind, macht ihn glücklich. „Wenn Sie jetzt noch Fragen haben, dann ist das kein Problem. Zum Glück ist er ja immer da, in Rudolstadt“, sagt Daniela Danz zum Schluss.
Ein Leben wie auf der Achterbahn