Ostthüringer Zeitung (Saalfeld)
Ein Taschentuchbaum und Blütenblätter aus Beton
Vier Gartenbaubetriebe aus dem Saale-Elster-Land geben ihre Visitenkarte auf der Landesgartenschau ab – Wir suchen die schönsten Gartenschaufotos unserer Leser
Apolda. Sobald der Frühling wärmere Sonnenstrahlen zur Erde schickt, fällt die Winterstarre von den Hobbygärtnern. Sie bewaffnen sich mit Hacke, Spaten, Astschere und Vertikutierer und arbeiten sich durch ihr grünes Reich.
Wenn dann Traubenhyazinthen, Osterglocken und Tulpen mit Prachtspieren, Kirsch- und Apfelbäumen um die Wette blühen, geht den Freizeitgärtnern das Herz auf. Erst dann sitzen die Bezwinger von Vogelmiere, Löwenzahn und Moos im Liegestuhl und nehmen die Blütenpracht als Lohn für Kreuzschmerzen und raue Hände an.
Wenn Carola Rosenhahn sich in diesen Tagen auf dem breiten hölzernen Schaukelsessel neben ihrem Taschentuchbaum zurücklehnt, dann braucht sie noch ein wenig Phantasie, um sich Blütenkaskaden von Seidenbaum und Schattenglöckchen vorzustellen. Aber sie weiß, dass es rings um den Ruheplatz den ganzen Frühling und Sommer über blühen wird. „Wir haben bei der Auswahl der Gehölze darauf geachtet, dass hier immer etwas blüht, und in erster Linie auch Pflanzen, die sonst nicht in jedem Garten stehen“, erzählt die Gärtnerin, Baumschulmeisterin und Inhaberin des Pflanzenhofes Zöthen. „Wer hier Platz nimmt, wird von Mai bis September immer etwas Neues grünen und blühen sehen.“Deshalb hat sie diesem Fleckchen Erde – gleich hinter dem Friedensteich an der Herressener Promenade in Apolda den Namen „Entdecker-Insel“gegeben. Carola Rosenhahn gehört zu den dreizehn Gärtnern aus ganz Thüringen, die auf dem Gelände der Landesgartenschau in Apolda, die heute ihre Türen öffnet, einen eigenen Schaugarten gestaltet haben.
Für die passionierte Gärtnerin, die seit 1992 auf dem alten Zöthener Gut, das früher von ihren Urgroßeltern bewirtschaftet wurde, ihren Pflanzenhof betreibt, ist es die erste Landesgartenschau, an der sie sich beteiligt. „Apolda liegt ja nun wirklich vor unserer Haustür, hier mitzumachen, das verstand sich für uns von selbst“, sagt sie. Dass sie nicht nur Rabatten bepflanzen, sondern einen der 100 Quadratmeter großen Schaugärten gestalten durfte, freute sie besonders. „Da ich Baumschulmeisterin bin und auch mein betrieb sich auf Gehölze und Sträucher spezialisiert hat, war klar, dass wie unsere Kompetenz auch hier unter Beweis stellen wollten“, sagt
Carola Rosenhahn. Vorgegeben waren lediglich die quadratische Größe des Gartens, und dass ein Weg, eine Sitzgelegenheit und eine Skulptur Bestandteil sein sollten.“Ideen wurden gesammelt, Bäume und Sträucher ausgesucht und präpariert, mit Christin Winkler aus Jena wurde eine junge Landschaftsarchitektin gefunden, die die Ideen der Gärtner in ansprechende Form brachte – und dann rückte ein Team aus Zöthen im Herbst vergangenen Jahres erstmals in Apolda an. Dann wurde gebaut, gebuddelt und gepflanzt. „Weil der Frost der letzten Tage einigen Pflanzen zugesetzt hatte, mussten wir hier und da in den Tagen vor der Eröffnung noch einmal nachpflanzen“, verriet sie.
Auch in den kommenden Wochen werde ein kleines Team immer wieder nach Apolda fahren, um Abgeblühtes auszugraben und frisches Grün zu setzen. Die Besucher sollen auf der „Entdecker-Insel“zwischen Zwerg-Birke, Loh-Strauch und der Silhouette eines springenden Pferdes – eine Reminiszenz an die Pferdezucht-Tradition im kleinen Dorf Zöthen – noch manch andere Rarität entdecken können. Und das Geheimnis des Taschentuchbaumes werden sie dort in aller Ruhe sicher auch lüften.
Zum Verweilen in seinem „Wohnzimmer im Grünen“lädt Gartenbaumeister Ulrich Rosenkranz aus Eisenberg die Gartenschaubesucher ein. Manchem, vor allem der älteren Gartenbesitzer, die in Apolda Anregungen für die eigene grüne Scholle suchen, werden hier allerdings vergeblich nach Gartenbänken in einem bunten Blütenmeer unter einer Pergola suchen. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass vor allem junge Leute nicht nur bei der Wohnungseinrichtung, sondern auch auf Terrasse und im Vorgarten auf klare, geradlinige Formen, edle Materialien wie Edelstahl und die Farbe Anthrazit setzen“, berichtet Ulrich Rosenkranz. Wahrscheinlich wollten sich die Jungen auch im Garten geschmacklich von der Elterngeneration absetzen, mutmaßt er. Dass ein so gestalteter Garten keineswegs kalt und ungemütlich ist, das zeigen Rosenkranz und seine Gartengestalter in Apolda. Buchskugeln zwischen hellem Kies und eine Sitzgruppe aus hellem Holz unter einem farbigen Sonnensegel lassen Gartenbesitzern und Besuchern viel Spielraum für Fantasie.
Die haben auch Anke Benzler und ihre Kollegen von der Firma Rinn aus Stadtroda bewiesen. Die ist zwar beileibe keine Gärtnerei, sondern Hersteller von Betonwerksteinen und Gestaltungselementen aus Beton. Aber Kompetenz in Sachen Gartengestaltung besitzt Rinn jede Menge. Davon kann man sich das ganze Jahr über im
„Ideengarten“ am Firmenstandort in Stadtroda – und neuerdings auch in Berlin – überzeugen. „Dort können sich Hausbauer und -besitzer jede Menge Anregungen für die Gestaltung ihres grünen Paradieses holen, und das tun sie. Dafür kommen die Kunden auch von weit her, aus Zeitz, Naumburg, sogar Weimar, also der Region, in der jetzt die Landesgartenschau stattfindet. Deshalb wollten wir auch unbedingt in Apolda dabei sein“, erzählt Anke Benzler. Die junge Gärtnerin und Landschaftsarchitektin hat auf dem zehn mal zehn Meter großen
Schaugarten ihrer
Firma bewiesen, dass ein Garten auch „mit
Grau und Grün“ein besonderes Flair bekommen kann.
„Ein Garten braucht Grenzen, erst dann fühlt man sich dort geborgen und richtig wohl“, weiß die junge Frau. Dass man dafür nicht unbedingt einen Lattenzaun oder eine Ligusterhecke braucht, das belegen Betonmauerelemente aus dem Hause Rinn zwischen Tulpenbeeten und jungen Buchen. Die Mauerelemente heißen die Gäste „Willkommen“und geben mit einem Durchbruch in Glockenform nicht nur
Hinweis auf die alte Apoldaer Glockengießertradition, sondern auch einen ungewöhnlichen Blickwinkel frei. Nehmen die Besucher auf den überdimensionalen farbigen Blütenblättern aus Betonstein Platz, die sich um den Gartenmittelpunkt gruppieren, fällt ihr Blick auf eine weitere Mauer: Dornburger Schlösser, Naumburger Dom, Universitätsstadt Jena steht da geschrieben. „Wir wollen die Leute einladen, von Apolda aus auch andere sehenswerte Orte unserer Region zu besuchen“, erklärt Anke Benzler .
Der Name Bad Köstritz findet sich dort zwar nicht, aber ein paar hundert Meter weiter auf dem Areal hat der einzige Dahlienzüchter im Freistaat, Paul Panzer aus Bad Köstritz, einen „Botschaftergarten“. Nur dem Umstand, dass die Blütezeit der Dahlien erst im Juni, Juli beginnt, ist geschuldet, dass heute hier bunte Tulpen das Auge des Besuchers erfreuen. Wer Panzers Dahlien bewundern will, der muss in ein paar Wochen noch einmal nach Apolda kommen.
Das empfiehlt sich aber sowieso.
Der Park an der Herressener Promenade ist eintrittspflichtig . Kassenöffnung und Einlass täglich: April, Mai, September – von 10 bis 18 Uhr, Juni, Juli, August – von 10 bis 19 Uhr
Eintrittspreise Tageskarten: Erw. 15 €, ermäßigt 13 € , Kinder bis 14 J. frei, Jug. ab 15 Jahre 2,50 €, Gruppe 13 € pro Person, Ki.- und Jugendgruppe 2,50 € p.P. Dauerkarten: Erw. 100 €, ermäßigt 85 €, Jug. 15 Jahre 10 € Feierabendkarten: MoFr ab 17 Uhr, 7,50 €