Ostthüringer Zeitung (Schleiz)
Letzte Postkutsche fuhr Ende März nach Schleiz
HEIMATGESCHICHTE Verstärkeramt in Lobenstein von Roter Armee gesprengt. Heute stehen dort Eigenheime.
Bad Lobenstein. Am 31. März 1912 fuhr die letzte Postkutsche von Lobenstein nach Schleiz und am selben Tag die erste Autopost des Oberlandes nach Gottengrün. Lobensteins letzter Postillon war Paul Dreyer.
Die Geschichte des Postwesens beginnt 1678, als Kursachsen in Schleiz eine Poststation einrichtete. Aus gutem Grund, denn durch diese Stadt führte die Handelsstraße von Leipzig über Gera nach Nürnberg. An deren Strecke lag auch Lobenstein. Hier eröffnete 1752 die Thurn- und Taxis‘sche Reichspost eine Station. Zu deren Verwalter wurde Bürgermeister Christian Göll ernannt. Reitende Boten waren zu jener Zeit unterwegs. Es folgten die Reichs-Postwagen-Routen. Täglich verkehrte ein Eilwagen ab 1843 zwischen Lichtenfels und Lobenstein. Ab 1848 kamen Routen nach Schleiz und Greiz hinzu. Die Lobensteiner Post war durch ihre Pünktlichkeit und ihre gepflegten Pferde weithin bekannt. Bis 1868 war die Postkasse und Paketexpedition in einem Privathaus untergebracht. Sie wurden 1876 in den Ratskeller am Markt verlegt. Hier hatte seit dem 1. Juli 1868 ein Telegrafenamt seinen Sitz. Es bestand 30 Jahre.
Die Postdirektion Erfurt ließ 1896 in der Nähe des Bahnhofes ein neues Amt errichten. Vor drei Jahren erst wurde das Gebäude abgerissen. Es wich einem Einkaufszentrum. Neben dem Postamt befand sich in einem Flachbau das Fernamt. Hier wurden noch bis 1979 Ferngespräche mit der Hand vermittelt. Die Übertragung von Telegrammen erfolgte im Postamt mit dem Fernschreiber. Der Postzeitungsvertrieb kümmerte sich bis 1990 um die Zustellung von täglich oder periodisch erscheinenden Publikationen. Toto und Lotto wurden in den Postämtern und Poststellen gespielt.
Nach dem Einzug der amerikanischen Truppen im April 1945 war der Postbetrieb lahmgelegt. Bereits ab Mai war es wieder möglich im beschränkten Umfang Telefongespräche zu führen. Ältere Lobensteiner können sich noch an ein Verstärkeramt erinnern. Es wurde in den 1930er-Jahren erbaut und befand sich in der Alten Bayerischen Straße. Nur wenige dieser Ämter bestanden im damaligen Deutschen Reich. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Technik ausgebaut, in Kisten verpackt und als Reparationsleistung in die Sowjetunion transportiert. Die Rote Armee sprengte 1947 das unterirdische Gebäude. Auf dem Gelände stehen heute Eigenheime. (R.K.)