Ostthüringer Zeitung (Schleiz)

Ohne Querdenker geht es nicht

Beim „March for Science“trotzen in Jena  Teilnehmer den „alternativ­en Fakten“und dem schlechten Wetter

- Von Thomas Stridde

Jena. Etwa 1100 Jenaer und Gäste der Stadt haben am Sonnabend trotz schlechten Wetters am „March for Science“teilgenomm­en. Weil Jena als Thüringens Fixpunkt unter weltweit 500 Orten auserkoren war, an denen für den Wert von Wissenscha­ft und gegen „alternativ­e Fakten“demonstrie­rt wurde, beteiligte­n sich mit Peter Scharff und Volker Zerbe zum Beispiel auch die Rektoren der TU Ilmenau und der FH Erfurt an der Demo in der Saale-Stadt.

Zwar verkünde die Wissenscha­ft keine ewige Wahrheit, aber methodisch verlässlic­hes Wissen, sagte Walter Rosenthal, Präsident der Friedrich-SchillerUn­iversität, auf der Abschlussk­undgebung am Ernst-AbbeCampus. Deshalb gelte es dafür zu streiten, „dass diese Rolle überall in der Welt gesichert wird“. Rosenthal mahnte zu bedenken, wie schnell in den USA, dem Musterland der Wissenscha­ft, die Forschung an den Pranger gestellt wurde, seit Donald Trump Präsident ist. „Auch bei uns gewinnen Populisten an Raum“, weshalb um Vorurteils­freiheit gekämpft werden müsse. Wissenscha­ft lebe von Austausch, Querdenken und Nonkonform­ismus, sagte der FSUPräside­nt. Es sei nicht verhandelb­ar, dass wissenscha­ftliche Erkenntnis­se eine Grundlage des gesellscha­ftlichen Diskurses darstellen. Peter Scharff erzählte vom Besuch einer Kneipe, wo er diesen Spruch gelesen habe: Ich weiß, dass du recht hast, aber meine Meinung ist mir wichtiger. Hier deute sich die Gefährdung der Wissenscha­ft an. Doch: „Ein Angriff auf die Freiheit der Wissenscha­ft ist auch ein Angriff auf die Freiheit des Menschen selbst“, sagte der Rektor der TU Ilmenau.

Allerdings gebe ihm die Welt der Wissenscha­ft Hoffnung für die Zukunft; „Hoffnung, dass sich das One-World-Prinzip durchsetzt“. Wenn Wissenscha­ftler ihre Tätigkeit aufgeben müssen, wenn sie verjagt und verfolgt werden, müsse man offen dagegenste­hen, stellte Yannes Janert vom Studierend­enrat der Friedrich-Schiller-Universitä­t fest. Im Zweifelsfa­ll gelte hier: Was man sät, erntet man. Und so gab sich Janert selbst Antwort auf die Frage, wie der Einzelne Einfluss nehmen könne – Indem er Weltanscha­uung offen vertrete in der Familie, im sozialen Umfeld, unter Kollegen. „Man redet also zum Beispiel mit dem Nachbarn darüber, was Redlichkei­t ist.“

Ihre zwiespälti­gen Gefühle beim Blick auf den „March for Science“bekundete die Studentin Kübra Çig. Schließlic­h seien die studentisc­hen Mitbestimm­ungsrechte immer mehr eingeschrä­nkt worden und die Arbeitsbed­ingungen im wissenscha­ftlichen Mittelbau besonders prekär. Insofern gebe es schon lange nicht mehr die Freiheit der Forschung.

„Meine Meinung ist mir wichtiger“

 ??  ?? „March for Science“am Sonnabend in Jena. Unterwegs in der Johannisst­raße von links: Axel Brakhage, Direktor des Hans-Knöll-Instituts; Uwe Cantner als VizePräsid­ent der Friedrich-Schiller-Universitä­t (FSU), Peter Scharff als Rektor der TU Ilmenau,...
„March for Science“am Sonnabend in Jena. Unterwegs in der Johannisst­raße von links: Axel Brakhage, Direktor des Hans-Knöll-Instituts; Uwe Cantner als VizePräsid­ent der Friedrich-Schiller-Universitä­t (FSU), Peter Scharff als Rektor der TU Ilmenau,...
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Nach dem Umzug durch die Innenstadt ließen sich viele fantasievo­lle Plakate bestaunen.

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