Ostthüringer Zeitung (Schleiz)
König Arthur bringt die Messehalle zum Kochen
Vor Zuschauern gewinnt der Ex-Weltmeister den WM-Ausscheidungskampf gegen Robin Krasniqi klar nach Punkten
Erfurt. König Arthur meldet sich zurück. Zwar noch nicht auf dem Thron, den er nach 23 Welttitelkämpfen insgesamt 19 mal bestiegen und behauptet hatte. Zumindest aber mit der Chance, im 37. Lebensjahr noch einmal Weltmeister im Supermittelgewicht werden zu können. Denn nun kann er den mexikanischen Champion Gilberto Ramirez, dem er vor einem Jahr in Las Vegas sang- und klanglos seinen goldenen Gürtel abtreten musste, herausfordern.
Vor über 6000 begeisterten Zuschauern in der ausverkauften Erfurter Messehalle gewann der Berliner den WM-Ausscheidungskampf der WBO gegen den sieben Jahre jüngeren Robin Krasniqi nach zwölf spannenden und zum Teil hochklassigen Runden am Ende einstimmig nach Punkten. Mit 118:110 und 117:111 trugen zwei Punktrichter dem Kampfverlauf Rechnung, mit 115:114 war der Dritte wohl ein paar Mal eingenickt, obwohl das die Lautstärke in dem Erfurter Boxtempel eigentlich nicht zugelassen hatte.
Während über tausend Fans Krasniqi mit albanischen Sprechchören antrieben, zollten beinahe ebenso viele AbrahamBewunderer mit armenischen Klängen den Wurzeln ihrer Faustkämpfer (die beide ihren 51. Kampf bestritten) euphorischen Beifall. Und die sachkundigen deutschen Boxfans liefen im Laufe des Kampfes immer mehr zu dem am Ende besseren Kämpfer über.
Das war letztlich Abraham, der zwar Ulli Wegner in der Ringecke anfangs wieder einmal zum Weißglühen brachte, letztlich aber doch auf ihn hörte. „Ich habe Arthur gedroht, dass wir endgültig Schluss machen“, grinste der Trainerfuchs hinterher, „wenn er nicht endlich angreift.“Im Gegensatz zu seinen letzten Kämpfen eroberte sich sein Schützling von Beginn an die Ringmitte, ließ aber den Gegner, der ihn leichtfüßig (und schön rechtsherum) umtanzte, in den ersten vier Runden mit dessen schnellen Geraden und einigen Kopfhaken bedenkliche Punktvorteile sammeln.
Die Frage, ob er in den Tagen zuvor bei der bis zuletzt dramatischen Schwitzkur um das 76-Kilo-Limit nicht doch zu viel Kraft gelassen habe, beantwortete der Ex-Weltmeister dann in der fünften Runde mit überfallartigen Attacken und zwei rechten Geraden, die Krasniqi erstmals ins Taumeln und die Halle zum Kochen brachten.
Das war die Wende, und so tapfer sich der jüngere und zehn Zentimeter größere Rivale auch wehrte, von da an hatte er keine Chance mehr. Als in der 10. Runde schließlich ein wuchtiger „Abrahammer“nach dem anderen einschlug, verlor er kurz sogar die Orientierung und endgültig den Kampf.
Während Krasniqis Trainer Magomed Schaburow weit nach Mitternacht noch nach Erklärungen suchte, waren Wegner und Abraham wieder ein Herz und eine Seele. „Arthur hat sich zusammen gerissen und seine letzte Chance genutzt“, sagte der Trainer, der übermorgen 75 Jahre alt wird und von seinen Thüringer Fans bei der Siegerehrung im Ring mit voreiligen HappyBirthday-Gesängen gefeiert wurde. Abraham selbst dankte Trainer, Gegner und Publikum und wohl auch sich selbst, indem er verheißungsvoll verkündete: „Ich habe nicht eine Sekunde an eine Niederlage gedacht. Und ich werde noch einmal Weltmeister“.
SES-Promoter Ulf Steinforth hingegen trug die Niederlage im Duell der deutschen Profiboxställe gegen das Sauerland-Management mit Fassung. „Robin hat der Erfahrung und Härte von Abrah Tribut zollen müssen“, bekannte der Magdeburger. „Aber wir haben heute Erfurt als neue Boxfestung erobert und dem MDR eine Spitzenquote beschert.“
In der von ihm veranstalteten SES-Box-Gala rückten er und sein Cheftrainer Dirk Dzemski schließlich auch zwei seiner jungen Schützlinge ins Rampenlicht, die zu einigen Hoffnungen im deutschen Berufsboxen berechtigen. Der 26-jährige Halbschwergewichtler Adam Deines bezwang den bis dahin unbezwungenen Polen Golubiewski vorzeitig in der dritten Runde. Und noch schneller schickte der 22-jährige Schwergewichtler Tom Schwarz seinen Gegner Adnan Redzovic aus dem Ring. Zwei krachende Rechte des zweimaligen Juniorenweltmeisters aus Magdeburg bedeuteten schon in Runde zwei das Aus für den routinierten Bosnier.
Gleich mehrere rechte und linke Haken – und schließlich sogar fliegende Stühle – sorgten kurz nach Mitternacht für den einzigen bedauerlichen Missklang der Gala, als rivalisierende Fans nach dem Veranstaltungsende aufeinander einprügelten. Eines der verletzten Opfer am Ring war mit Karo Murat ein Ex-Weltmeister im Halbschwergewicht, der vor acht Jahren an gleicher Stelle mit Ulli Wegner schon einmal in Erfurt gastiert hatte.
Ein „Abrahammer“in Runde zehn