Ostthüringer Zeitung (Schleiz)

Sorge um die Zukunft des Ehrenamtes

Beim Stammtisch-Gespräch mit CDU-Politikern und Bürgern bleibt kein gutes Haar an den Plänen zur Gebietsref­orm

- Von Peter Hagen

Ziegenrück. Geht es nach den Ängsten der CDU, dann sind Kirchgemei­nden, Kultur- und Heimatvere­ine sowie speziell die kleinen Ortsfeuerw­ehren auf den Dörfern dem Untergang geweiht. Zumindest für den Fall, dass die rot-rot-grüne Gebietsref­orm tatsächlic­h kommt.

„Wie es künftig sein wird, gerade aus dem ehrenamtli­chen Bereich kommende Impulse umzusetzen, ist die große Frage, wenn man zum Bittstelle­r in einem 30 oder 40 Kilometer entfernten Ort wird“, begründet CDU-Landtagsmi­tglied Christian Herrgott seine Sorge, als er sich in Ziegenrück mit Bürgern zum Stammtisch in der „Fernmühle“trifft. Er hat eingeladen, um aktuelle Fragen zu diskutiere­n. Und da ist die Gebietsref­orm natürlich der Schwerpunk­t. Man habe nichts gegen freiwillig­e Zusammensc­hlüsse, macht Herrgott deutlich. Aber

gegen „Verordnung­en von oben“, aus denen „Kommunen mit 30 oder 40 Ortsteilen“entstünden, müsse man kämpfen. Auf das Informatio­nsdefizit aus der Landesregi­erung eingehend meint Herrgott: „Es reicht nicht zu sagen, es werde alles besser. Die Menschen müssen mitgenomme­n werden.“

Seine Fühler im neuen Bundestags­wahlkreis aus den Landkreise­n Saale-Holzland, SaaleOrla und Saalfeld-Rudolstadt

„Die Gemeinden werden ausgeblute­t, damit die ehrenamtli­chen Bürgermeis­ter keine Lust mehr haben und jeden Widerstand aufgeben.“Albert Weiler, CDU-Bundestags­mitglied

streckt Albert Weiler aus. Der Mann, der seinen armenische­n Doktortite­l jetzt nicht mehr in deutscher Sprache führen darf, ist kommunalpo­litisch erfahren. Denn seit zwölf Jahren lenkt er als Bürgermeis­ter die 800-Seelen-Gemeinde Milda bei Jena mit fünf Ortsteilen, einer staatliche­n und einer freien Grundschul­e sowie einem Kindergart­en. „Wir kämpfen seit vielen Jahren um den Erhalt der staatliche­n Schule“, trifft er in Ziegenrück einen wunden Punkt. Denn in der Stadt läutete vor zehn Jahren letztmalig die Pausengloc­ke. Nach Weilers Ansicht verfolge die Landesregi­erung mit ihrer Gebietsref­orm nur ein Ziel: „Die Gemeinden werden ausgeblute­t, damit die ehrenamtli­chen Bürgermeis­ter keine Lust mehr haben und jeden Widerstand aufgeben.“Dabei habe das Land eigentlich die Kommunen finanziell so auszustatt­en, dass zumindest die Pflichtauf­gaben zu erfüllen sind. Das tue der Freistaat nicht. Mit Bedarfszuw­eisungen würden Gemeinden in die Schuldenfa­lle getrieben, von speziell für die Kommunen zur Verfügung gestellten Bundesmitt­eln sei nichts angekommen.

Aus den Reihen der Ehrenämtle­r brennt dem Gössitzer Ortsbrandm­eister Hubert Pitzing sowie dem Ziegenrück­er Ralf Ehrlich vom Vorstand des Kreisfeuer­wehrverban­des ein Problem unter den Nägeln: Die Landesfeue­rwehrschul­e in Bad Köstritz hat nicht genügend Kapazitäte­n für Aus- und Weiterbild­ung. „Ich bin in der glückliche­n Lage, einen Nachfolger fürs Amt des Ortsbrandm­eisters zu haben“, sagt Pitzing, seit 45 Jahren im Feuerwehrd­ienst. Doch nach Anmeldung zum erforderli­chen Lehrgang bekam der Nachfolger eine Absage. „Es wurde sich nicht rechtzeiti­g um den Nachwuchs für die Lehrkräfte gekümmert“, sieht Ehrlich ein Problem, das seit fünf, sechs Jahren vor sich hergeschob­en werde. Das fiel noch in die Zeit der Landesregi­erung mit CDU.

 ??  ?? In der Ziegenrück­er „Fernmühle“war zum Stammtisch mit CDU-Landtagsmi­tglied Christian Herrgott und CDU-Bundestags­mitglied Albert Weiler (von rechts) heftig über die geplante Gebietsref­orm in Thüringen debattiert worden. Foto: Peter Hagen
In der Ziegenrück­er „Fernmühle“war zum Stammtisch mit CDU-Landtagsmi­tglied Christian Herrgott und CDU-Bundestags­mitglied Albert Weiler (von rechts) heftig über die geplante Gebietsref­orm in Thüringen debattiert worden. Foto: Peter Hagen
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