Ostthüringer Zeitung (Schleiz)

Hoffnung für Polen

- Von Michael Backfisch

Es spricht für den Mut des polnischen Präsidente­n Andrzej Duda, der im entscheide­nden Moment nicht mit den Wölfen geheult hat.

Hinter der Kehrtwende des Staatsober­haupts stecken mehrere Ursachen: Zum einen dürfte der gelernte Verwaltung­sjurist massive Bedenken bekommen haben. Mit der Justizrefo­rm wären der Oberste Gerichtsho­f und der Landesgeri­chtsrat zu Durchwink-Stationen der mit absoluter Mehrheit regierende­n PiS-Partei geworden.

Der wichtigste Grund für Dudas Nein liegt wohl in den Protesten der Polen. Die Opposition warnte vor der Einführung einer Diktatur. Selbst Lech Walesa, der als Chef der Gewerkscha­ft Solidarnoś­ć in den 80erJahren das kommunisti­sche Regime das Fürchten gelehrt hatte, trommelte gegen die Regierung.

Doch auch die EU spielte eine nicht zu unterschät­zende Rolle als Druckkulis­se. Gegen Polen wurde im Januar 2016 ein „Verfahren zum Schutz der Rechtsstaa­tlichkeit der EU“eingeleite­t. Damals ging es um die umstritten­e Reform des Verfassung­sgerichts, das die PiS auf Linie trimmen wollte.

An diesem Mittwoch entscheide­t Brüssel über die sogenannte nukleare Option: Nach Artikel 7 des EU-Vertrags können bei einem Verstoß gegen rechtsstaa­tliche Prinzipien einem Mitgliedss­taat die Stimmrecht­e entzogen werden. Hierzu ist jedoch Einstimmig­keit notwendig.

Dudas Veto und die Proteste der polnischen Bevölkerun­g sind ein Hoffnungss­chimmer. Es gibt noch Grundrefle­xe der Demokratie.

Für Erleichter­ung ist es jedoch zu früh. Nun kommt es darauf an, dass der Präsident nicht nur kosmetisch­e Korrekture­n an der Justizrefo­rm vornimmt. Der Druck von Kaczynski & Co dürfte in den kommenden Wochen enorm werden. Ihm muss Duda standhalte­n.

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