Ostthüringer Zeitung (Schleiz)
Das Drehbuch selbst geschrieben
Zum Jahrestag des Putschversuches in der Türkei.
Der türkische Präsident Erdogan feiert den ersten Jahrestag der Niederschlagung eines Militärputsches und damit doch wohl eher sich selbst. Dabei wirft jener ominöse Putschversuch jede Menge Fragen auf, zu denen freilich von ihm selbst keine Antworten zu erwarten sind: Das Militär hat in früheren Jahrzehnten bekanntlich mehr als einmal geputscht, unter anderem, um Bestrebungen zu einer erneuten Islamisierung des Landes einen Riegel vorzuschieben.
Diese Aktionen waren weitgehend erfolgreich und da endete ausgerechnet der Putsch von 2016 in einem Fiasko. Gewiss, dieses Risiko ist immer dabei, doch die sofort eingesetzte Verhaftungsund Entlassungswelle bei Militär, Polizei, Justiz und Medien sowie im Bildungswesen lässt anderes vermuten.
Eine solche in kürzester Zeit durchgeführte Großaktion ist niemals ohne gründliche Vorbereitung möglich. Folglich müssen die Namenslisten längst fertig gewesen sein und es bedurfte dann nur noch des geeigneten Anlasses. So sieht das Ganze eher nach bestellter Inszenierung aus, wofür der Präsident wohl auch höchstselbst das Drehbuch geschrieben hatte. Hans-Joachim Weise, Ilmenau