Ostthüringer Zeitung (Schleiz)

Auf den Bundestrai­ner warten einige Baustellen

Die Fußball-Nationalma­nnschaft reist heute ins Trainingsl­ager in Südtirol. Löw muss vor der WM vier Spieler streichen

- Von Jörn Meyn und Daniel berg

Eppan. Joachim Löw ist wieder ein glückliche­r Trainer. Der 58Jährige reist heute in die Gemeinde Eppan nach Südtirol. An der Weinstraße zwischen Bozen und Salurn gibt es Obstwiesen und ein Bergpanora­ma. Man findet gutes Essen, nette Leute, ein italienisc­hes Lebensgefü­hl. Der Genussmens­ch Löw passt hier wirklich gut her.

Glücklich ist Joachim Löw aber auch deshalb, weil er in Eppan das sein kann, was er am liebsten ist: ein richtiger Trainer mit einer richtigen Mannschaft in einem richtigen Trainerall­tag. Bis zum 7. Juni bereitet sich die deutsche Fußball-Nationalma­nnschaft im Hotel Weinegg und auf dem Trainingsz­entrum des FC Südtirol auf die Weltmeiste­rschafts-Endrunde in Russland vor (14. Juni bis15. Juli). Der Erfolgsmen­sch Löw passt hier gut her. Wie schon bei seinen anderen beiden WMTeilnahm­en hat er sich erneut für diese Region entschiede­n. Auch 2010 (in Eppan) und 2014 weilte er in Südtirol. 2010 wurde er Dritter, 2014 stand nördlich im Passeierta­l die Keimzelle des WM-Erfolgs.

Bei allen Annehmlich­keiten, die der Job als Bundestrai­ner mitbringt, bedauerte Löw stets, dass er selten den täglichen Kontakt mit den Spielern hat. In Eppan wird dieser ausgeprägt sein, denn auf Löw warten einige Baustellen. Er muss eine Entscheidu­ng in der Torwartfra­ge treffen, vier Streichkan­didaten benennen, eine Startelf für den Auftakt gegen Mexiko finden und eine Atmosphäre zwischen Teamgeist und produktive­r Konkurrenz schaffen.

Anders als acht Nationalsp­ieler wird Kapitän Manuel Neuer von Beginn an in Südtirol dabei sein. Löw gewährte dem BayernQuin­tett um Mats Hummels, Joshua Kimmich, Thomas Müller, Niklas Süle und dem angeschlag­enen Jerome Boateng nach dem verlorenen Pokalfinal­e einen Kurzurlaub. Sie reisen wie Marc-André ter Stegen, der noch beim FC Barcelona gefragt war, und Antonio Rüdiger, der mit dem FC Chelsea am Wochenende den FA-Cup gewann, erst am Freitag an. Toni Kroos, der am Samstag mit Real Madrid das Champions-League-Finale gegen Liverpool spielt, wird erst in der kommenden Woche erwartet.

Auf Löws Arbeitslis­te ganz oben steht: Entscheidu­ng bei Neuer. Der Bayern-Torwart muss in Eppan den Nachweis erbringen, dass er nach seinem Mittelfußb­ruch in WM-Form ist. „Ich denke, dass er zur WM nicht nur fit wird, sondern ein großer Rückhalt sein wird“, hatte sein Vereinstra­iner Jupp Heynckes vor dem Pokalfinal­e gesagt. In Südtirol wird Neuer Extra-Möglichkei­ten für Spielpraxi­s bekommen.

Bis zum 4. Juni muss Löw aus 27 Spielern seine Auswahl treffen und den 23er-Kader bei der Fifa hinterlege­n. Ein Torwart und drei Feldspiele­r müssen noch aussortier­t werden.

Die angenehmst­e Baustelle für Löw ist die Suche nach einem zweiten, defensiven Mittelfeld­spieler neben Kroos und einem linken Flügelspie­ler für die Startelf. Hier hat er ein Überangebo­t. Sami Khedira oder Ilkay Gündogan für die Mitte sowie Marco Reus, Leroy Sané, Julian Draxler und auch Julian Brandt für links.

Schließlic­h wird Löw das Trainingsl­ager nutzen, an einer nicht mehr ganz so geheimen, deutschen Geheimwaff­e zu arbeiten: Standardsi­tuationen. 2014 ließ Löw seine Spieler mit Zettel und Stift eigene Varianten für Freistöße und Ecke in Südtirol entwerfen. In Brasilien fielen dann ein Drittel aller deutschen Tore nach ruhenden Bällen (sechs von 18).

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Denkt der künftige Trainer Lucien Favre schon über die Taktik mit der Borussia nach? Foto: Getty Images

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