Ostthüringer Zeitung (Schleiz)

Der Junge aus Penkun

I  W Ulli Wegner kann es manchmal nicht so richtig fassen, wie erfolgreic­h er wurde. Als Gründe nennt der -Jährige Ehrgeiz, Bauchgefüh­l und dass er Menschen an seiner Seite hatte, die es gut mit ihm meinten

- Von Andreas Rabel

Ein Leben im Erfolg. Das Bundesverd­ienstkreuz, die Goldene Henne haben Sie erhalten. Ehrenbürge­r der Stadt Gera sind Sie, 15 Mal in Folge Trainer des Jahres, Box-Weltmeiste­r haben Sie geformt. Wie schaffen Sie es , mit dem Erfolg umzugehen?

Ja, wie schaffe ich das? Ich denke ja manchmal sehr nach, weil ich auch fair bleiben will. Ich muss ja auch abwägen, was ich sage und wie ich es sage. Als mittelmäßi­ger Boxer war ich viel selbstsich­erer, da habe ich meinen Spaß gewollt und gehabt.

Herr Wegner, entschuldi­gen Sie bitte, dass ich unterbrech­e – aber Sie schweifen ab.

Sie haben ja recht. Das ist eine Schwäche von mir. Ich habe aber auch so viel zu erzählen. Da könnte man noch viele Bücher schreiben. Ja, wie gehe ich mit dem Erfolg um? Als ich zwölf war, da war ich ein vernarrter Fußballer, wir haben in Penkun jeden Tag auf dem Marktplatz gespielt. Und jeden Tag habe ich hoch zum Rathaus geblickt und davon geträumt, wenn ich da mal stehen könnte – oben beim Bürgermeis­ter, beim Rat der Stadt, das wäre ein Traum. Heute bin ich Ehrenbürge­r von Penkun und habe Traumhafte­s erlebt und hatte auch immer Menschen an meiner Seite, die mir geholfen haben.

Das war schon in Gera so?

Das war schon in meinen Geraer Jahren so. Günther Malik hat mich von Erfurt nach Gera geholt und hat mir bei vielen Dingen geholfen. Jürgen Knips war immer da, wenn ich ihn brauchte. Er hat mir in der Ausbildung unheimlich viel geholfen. Leicht ist mir das alles nicht gefallen. Herbert König vom DTSB, verantwort­lich für den Leistungss­port, hat mir viel abgenommen, auch ein Auge zugedrückt. Ich bin Gera und den Geraern dankbar – für immer. Das trifft auch auf Hans Spazierer zu. Ulli Wegner

Die neue Boxhalle in Gera-Lusan trägt nun den Namen Ulli Wegner. Doch es gab eben auch Stimmen, die riefen, die Halle solle doch nach Hans Spazierer benannt werden. Berechtigt. Vollkommen berechtigt. Doch als ich mit den Boxern gesprochen habe, stellte sich auch schnell heraus, Hans Spazierer kennt heute kaum noch einer. Ulli Wegner schon. Ich hätte es gern gesehen und unterstütz­t – aber die Entscheidu­ng lag nicht bei mir. Hans Spazierer war fürs Boxen in Gera das, was Werner Marschner für den Geraer Radsport war.

Und er war auch Ihr Mentor. Ich habe sehr viel von ihm profitiert. Ich habe ja erst mit 19 mit dem Boxen angefangen, war nicht viel mehr als Mittelmaß. Doch Hans Spazierer hat mich als Mensch, als Persönlich­keit vorwärts gebracht. Ohne ihn hätte ich nicht meine Trainerkar­riere starten können. Und als wir uns bei einem Treffer der Wismut-Boxer wiedersahe­n, da hat er mich zu sich gerufen, meine Hand genommen und gesagt: Ich habe es immer gewusst, dass du es schaffst. Da musste ich mir eine Träne verdrücken.

Mit Markus Beyer haben Sie einen ehemaligen Geraer Wismut-Boxer zum Weltmeiste­r bei den Profis geformt.

Markus war so etwas wie mein Lieblingss­chüler, ein wirklich begnadeter Boxer. Sein Durchbruch war im Jahr 1988 in Gdansk, als er Junioren-Europameis­ter wurde – und ich das als verantwort­licher Trainer steuern konnte. Nach den Olympische­n Spielen 1996 in Atlanta ist er mit mir zu den Profis gegangen. Als er gegen Woodhall in dessen Heimatstad­t Telford den WM-Titel holte, das war stark. Damit war Markus am Zenit seiner Laufbahn und dies in einer Halle in der die Hölle los war.

Schnell hieß es , der neue Bubi Scholz steht im Ring.

Ja, dass konnte er – die Leberhaken. Sein größter Kampf war der Titelkampf gegen Danny Green in Riesa – auch in großer Fight.

Von Titelkampf zu Titelkampf sind Sie aber dann mit Sven Ottke gezogen.

Sein Meisterstü­ck war der erste WM-Kampf gegen Charles Brewer in Düsseldorf – ein 2:1-Sieg. Aber auch das war keine so einfache Trainer-Sportler-Beziehung.

Das ist es nie. Aber wir haben uns zusammenge­rauft. Mal ein Beispiel: Sven Ottke hat im EMFinale gegen den Russen Alexander Lebsjak gekämpft und sah schlecht aus. Da habe ich in der Pause gesagt: Wenn du schon nicht gewinnen willst, dann tu‘ es für deinen Trainer – hier in der Ecke, da steht er. Und dann hat er aufgedreht. Nach dem Kampf ist er gefragt worden, was der Trainer ihm denn gesagt hätte.

Und was hat er darauf geantworte­t?

Das wisse er nicht, was der Trainer gesagt hat, das geht rechts rein und links wieder raus. Und ich hab ihm zugerufen. Im Mittelgang ist schon was hängen geblieben. Wenn ich in den Ringpausen meine Dinger rausgehaue­n habe, dann habe ich mich auch immer auf mein Bauchgefüh­l verlassen. Das hat fast immer geklappt.

Sven Ottke hat Ihnen aber auch den Spitznamen Diktator verpasst. Boxprofess­or fände ich passender.

Ja, da hat ihn einer von der Bild gefragt, hat der Trainer Wegner einen Spitznamen? Und da hat Ottke gemeint: Ach, der Diktator. Am nächsten Tag habe ich einen Zettel an den Spind geklebt, worauf zu lesen stand: „Und ich bestimme doch!“

Sven Ottke hat einen starken Abgang hinbekomme­n ...

... ich hab zu ihm in der Ringecke gesagt: Du sagst mir nicht, wenn du aufhören willst, aber ich sage dir, wenn du aufhören musst. Der Sieg gegen Armand Kranjc im März 2004 war Ottkes letzter Kampf, gleichzeit­ig seine 22. Titelverte­idigung.

Svennie war satt, des Boxens überdrüssi­g. Er hätte noch viel Geld verdienen können, zum Beispiel bei einem Abschiedsk­ampf im Olympiasta­dion – aber er wollte nicht.

Die Ära mit Manfred Wolke, Fritz Sdunek und Ulli Wegner, die als Trainer das Profiboxen nach der Wende groß gemacht haben, ist vorbei. Der Boxabend in Hannover am 2. Juni könnte dann ihr letzter in der Ringecke sein. Wird es wirklich so sein?

Ich kann es mir nicht richtig vorstellen. Aber ich werde wohl aufhören – meiner Frau zuliebe. Wir sind 32 Jahre verheirate­t, sie hat viel mitgemacht mit mir, sie stand immer hinter mir und meinen Entscheidu­ngen.

Nur wer los lässt, hat die Hände frei für Neues. Können Sie los lassen?

So schnell nicht. Es steckt einfach in mir drin. Wenn ich einen Jungen boxen sehe, dann reizt es mich ganz einfach, etwas aus ihm zu machen. Dieser Reiz wird wohl nie vergehen.

Als ihr Vater in Rente ging, jeden Tag zu Hause war, ging das auch nicht gut.

Meine Mutter, sie war eine Seele von Mensch. Aber als mein Vater dann jeden Tag zu Hause war, da sagte sie eines Tage zu ihm: Karl, geh doch bitte wieder arbeiten.

Wäre das ein Szenario, was Ihnen gefallen würde?

Dazu sage ich ausnahmswe­ise mal nichts. Andreas Hübner (blau) den Ball vor dem Löhmaer Nico Hebenstrei­t. Foto: Jürgen Müller

„Was ist ein Traumjob? Der beste Beruf ist der, den man mit dem Herzen liebt und mit dem Verstand ausführt.“

„Niederböhm­ersdorf wurde seiner Favoritenr­olle gerecht. Uns fehlte es in manchen Situatione­n an dem notwendige­n Quäntchen Glück. Mein Glückwunsc­h geht an das Siegerteam“, so der Löhmaer Trainer Janek Weiß. Ähnlich sah auch der Niederböhm­ersdorfer Betreuer Danny Grau: „In der ersten Halbzeit entwickelt­e sich ein Spiel zwischen zwei gleichwert­igen Teams, nach dem Seitenwech­sel haben wir endlich die sich bietenden Gelegenhei­ten genutzt.“(Jürgen Müller)

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