Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Faule Informationen stets hinterfragen
Persönlichkeitstrainer Rainer Biesinger hat sich selbst aus einem Teufelskreis befreit. In Greiz stellt er sein Buch vor.
Greiz. Er hat sich vom selbstzerstörerischen, drogen- und alkoholabhängigen und sozial benachteiligten Menschen zu einem der gefragtesten Persönlichkeitstrainer in Deutschland entwickelt. Rainer Biesinger ist am Mittwoch, 3. Mai, ab 19 Uhr zu Gast im Greizer Kino UT 99. Dort stellt er sein aktuelles Buch „Brain Tattoos“vor.
Die Lesung findet im Rahmen der Krimi-Literatur-Tage Vogtland und mit Unterstützung der Greizer Stadt- und Kreisbibliothek statt.
Vorab verrät der 51-Jährige im Interview mit der Lokalredaktion Greiz und Zeulenroda-Triebes der OTZ, was es eigentlich mit Brain Tattoos auf sich hat und wie er zum Persönlichkeitscoach wurde. Wie entstand der Begriff Brain Tattoos? Ich habe seit meinem 13. Lebensjahr eine Affinität zu Tattoos und trage dementsprechend viele. Wie die Haut wird auch unser Gehirn tätowiert mit Information und vermeintlichen Wahrheiten. Leider werden diese Brain Tattoos nur selten von den Menschen hinterfragt. Was ist Ihr markantestes Brain Tattoo? Ich war hochgradig abhängig von verschiedenen Substanzen. Dennoch besaß ich schon immer einen großen Freiheitstrieb. Es kam dann der Punkt, an dem ich mein Leben wieder selbst bestimmen wollte. Da hat sich mein Leben geändert. Welches Ereignis war das und wie lang ist dies her? Das war im Alter von 30 Jahren. Meine Sucht hatte mich komplett ins Abseits gestellt. Ich war drauf und dran, mein Leben zu beenden – zum Glück war ich zu feige dazu. Ich stand vor der Entscheidung, mich entweder umzubringen oder Verantwortung für mein Leben zu übernehmen. Aber ich war zu dieser Zeit auch noch alleinerziehender Vater und wollte nicht als Verlierer aus dem Leben scheiden. Wie kam es dazu, dass Sie nun als Persönlichkeitstrainer arbeiten? Nachdem ich meine Suchtkarriere beendet hatte, wurde ich von einem Therapeuten als nicht therapierbar abgestempelt. Aus Trotz sagte ich mir dann, dass ich es dem zeigen will. Ich wollte ein anerkanntes Mitglied der Gesellschaft werden. Ich war auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und verfiel leider auch für drei Jahre in Depressionen. Jedoch begann ich mich danach für Psychologie zu interessieren und absolvierte eine Ausbildung zum Personal Coach. Das Ganze hat sich dann schrittweise entwickelt, bis ich mich 2005 als Persönlichkeitstrainer selbstständig gemacht habe. Seither habe ich mit vielen Menschen gearbeitet und mehrere Bücher geschrieben. Wo und mit wem arbeiten Sie jetzt? Ich bin im gesamten deutschsprachigen Raum unterwegs. Ich arbeite mit Firmenchefs, mit Prominenten und ganz normalen Leuten. Ich will den Menschen dabei helfen, Verantwortung für ihr eigenes Leben zu übernehmen. Was erwartet die Besucher in Greiz bei Ihrer Veranstaltung? Es wird eine Mischung aus Vortrag und Lesung aus meinem aktuellen Buch sein. Dabei spielen natürlich meine autobiografischen Erfahrungen eine zentrale Rolle. Haben Sie schon einmal in Thüringen gearbeitet oder hier einen Auftritt gehabt? Gleich nach dem Mauerfall war ich für drei Jahre als Soldat in Erfurt stationiert. Gearbeitet habe ich bereits im Kyffhäuserkreis, in Nordhausen, Apolda und auch in Gera. Ich bin gespannt auf die Menschen in Greiz, bin aber zuversichtlich, dass es ganz offene Menschen sind. Zum Abschluss: Was muss man tun, um sich seine eigenen Brain Tattoos bewusst machen zu können?
Ich benutze hier gern das Beispiel eines faulen Apfels. Eine verdorbene Frucht zu essen, würde uns krank machen. Wie aber ist es um unsere geistige Nahrung in Form von faulen Informationen und hässlichen Brain-Tattoos bestimmt? Schlucken wir diese Infos und Wahrheiten etwa auch ungefragt, ohne sie vorher auf Substanz geprüft und den Gehalt hinterfragt zu haben? Hierbei hilft im ersten Schritt einfach mal die ehrliche Selbstbetrachtung und die Auseinandersetzung mit der eigenen Persönlichkeit. Und auch, sich selbst zu fragen, auf welchen Informationen die eigene, subjektive Wahrheit eigentlich beruht, beziehungsweise welche guten Informationen ich aktiv in mein Hirn hineinlasse.