Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Gotteskrieger und Kriegsherren
In einer Woche wird mit dem Sommerspektakel „Judith“die Kulturarena in Jena eröffnet
Im Jahr 1840 bringt der deutsche Dramatiker und Lyriker Friedrich Hebbel (1813-1863) sein erstes Drama auf die Bühne: „Judith“, ein Stück, das von der schönen und gottesfürchtigen jungen Witwe berichtet, die sich unbewaffnet und allein dem gefürchteten Feldherrn Holofernes entgegenstellt, um ihr Volk und die Stadt Bethulien zu retten.
Mit diesem Stück, als Sommertheater auf dem Theatervorplatz angesetzt, eröffnet das Theaterhaus in Jena die diesjährige Kulturarena. Vom 6. bis 9. Juli wird es jeden Abend ab 21.30 Uhr zum emotionalen wie dramatischen Aufeinandertreffen der beiden Kontrahenten Judith (gespielt von Klara Pfeiffer) und Holofernes (Leander Gerdes) kommen. Schon jetzt türmten sich das Holzgerüst der Bühne (Benjamin Schönecker) und Berge von Sand auf dem Theatervorplatz.
Es wird eine imposante Inszenierung werden, sind sich die beiden Hauptdarsteller einig. Und das nicht nur wegen der Statisten, die nun schon im 21. Sommerspektakel-Jahr das Schauspiel-Ensemble in Jena unterstützen. In diesem Jahr stehen erneut 50 Bürger der Stadt mit auf der Bühne. Außerdem begleitet wieder eine Live-Band mit der Sängerin Raphaelle Brochet sowie den Musikern Philippe Aerts, Kay Kalytta und Joachim Schönecker musikalisch das Drama, und erstmals wird ein besonderes Lichtdesign (David Leroy) für Stimmung sorgen.
Die Jenaer Inszenierung (Regie Moritz Schönecker) bleibt in etwas verdichteter Form nah an der Hebbelschen Textvorlage, die wiederum auf die Judith-Geschichte im Alten Testament zurückgeht. Allerdings ist das Stück rein optisch in die heutige Zeit verlegt, ohne genau verortet zu werden. Statt mit Schwertern ausgerüstet, tragen Holofernes und seine Mannen Maschinengewehre. „Grundsätzlich geht es um einen Religionskrieg, um Gotteskrieger und Kriegsherren“, erklärt Leander Gerdes. Einerseits Judiths Volk der Ebräer, alle streng gläubig. „Mit diesem Glauben können sie alles rechtfertigen, er ersetzt auch Gesetze“, erklärt Klara Pfeiffer. Und auf der anderen Seite der ungläubige, offenbar größenwahnsinnige Holofernes, lebend und handelnd ohne jegliches Wertesystem. „Er sagt von sich selbst, das Volk soll aus sich selbst einen Gott gebären, und dieser sei er“, beschreibt Leander Gerdes seine Rolle.
Somit treffen zwei extreme Charaktere in einer extremen Situation aufeinander – während das Volk der Ebräer unter der Belagerung der Truppen des Holofernes zu verdursten und zu verhungern droht. Innerlich zerrissen stellen sich die beiden Hauptfiguren dar, voneinander irgendwie angezogen, doch unter diesen Umständen zu unversöhnlichen Kontrahenten geworden. „Es ist grundsätzlich ein ernsthaftes Thema und als Drama konzipiert. Schließlich geht es um die Existenz und ums Überleben“, so die Schauspielerin.
Doch „Judith“ist ebenso ein Stück, das mit hollywoodreifen Bildern in Jena aufgeführt wird und durch Hebbels stringente Handlung und klare Sprache überzeugen kann.