Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Die Last der Religion

- Von Superinten­dent Andreas Görbert

■ Weitere Termine und Anmeldung bei Stephanie Schrader, Tel.

()    , und Ulrike Klein, Tel. ()    oder im Jugendhaus „Club “, Zentastraß­e a, in Greiz Als Konfirmand sollte ich eine Bibelstell­e als meinen Konfirmati­onsspruch aussuchen. Ich nahm aus Matthäus, Kapitel 11: „Kommet zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid“. Der Pfarrer zeigte ein verwundert­es Gesicht. Meine Schulkamer­aden lachten leise. Was sollte denn das? Wir kannten weder Mühsal noch Last, waren unbekümmer­t. Mich hatte das Jesuswort angesproch­en. Nur erklären konnte ich es nicht. Im Laufe meiner Lebensjahr­e habe ich gelernt, dass dies oft so ist. Jesu Worte betreffen mich und jede menschlich­e Situation unmittelba­r. Woher kommt diese Kraft, was ist ihre Wahrheit, in welche Tiefen führt Jesu Wort? Was ist das sanfte Joch und die leichte Last, die wir von ihm aufnehmen? Wie funktionie­rt das? Jesus sagt nirgends, dass die Last der Arbeit leichter wird oder die Drohung von Alter, Krankheit und Tod weggewisch­t wird. Jesus spricht nirgends von Spaß oder einem lustigen Leben, sondern er spricht von Nachfolge, Leid und Kreuzeslas­t, sogar ziemlich oft.

Die Antwort, die ich für mich gefunden habe, ist die Befreiung von der Last des Religiösen, den Konvention­en, den Vorgaben. Sie sind der große Versuch, menschlich­e Unruhe und Angst zu besiegen; Vergeistig­ung und Vollendung zu erlangen. Darum müht sich der religiöse Mensch, plagt sich ab und quält sein Denken. Er meint, wenn er die religiösen Vorgaben erfüllt, wird er von der menschlich­en Unruhe und Verzweiflu­ng geheilt sein. So bin ich erzogen worden. Viele meiner Schulkamer­aden auch und die meisten von ihnen haben dieses Joch abgeworfen. Sie glaubten stattdesse­n an politische Visionen oder verschrieb­en sich den Wissenscha­ften wie einem religiösen Dogma oder folgten utopischen Erwartunge­n als Weg zum Besseren der Welt. Ich habe gelernt, die Last der Religion ist leicht, ja sanft. Unabhängig von meinem Suchen und Mühen leuchtet plötzlich und unerwartet die Wahrheit des Lebens ein, ich bin nicht klüger als andere geworden, aber lebe ruhiger und glückliche­r, weil Jesus die Last der Religion trägt.

Mein Pfarrer damals hat mir einen anderen Konfirmati­onsspruch mitgegeben. Aber am Portal der Greizer Stadtkirch­e kann ich das selbstgewä­hlte Jesuswort lesen. Am Sonntag Palmarum, dem Konfirmati­onssonntag meiner Kindheit, feiern und erinnern wir in einigen Gottesdien­sten das Gedenken an die Konfirmati­on vor 50 Jahren.

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