Fehler im Fitness-Band
Wie gut ist die Schlafüberwachung eines Fitnessbands? Wir machten den Härtetest und sind damit ins Schla abor.
Im Schla abor getestet
F itnesstracker und Smartwatches sind ein wachsender Trend, und neben der Kontrolle der körperlichen Leistungsdaten bietet fast jedes Gerät auch die Funktion, den Schlaf zu überwachen. Sie überprüfen Einschlaf- und Aufwachzeiten und werten sogar teilweise die Schlafzyklen aus. Doch wie genau und aussagekräftig sind diese Daten? Der Autor ging ins Schla abor und hat exemplarisch sein Microsoft Band in das Testbett mitgenommen, um die Antwort zu nden. Das Microsoft Band ist ein Fitnessband mit einer Vielzahl von Sensoren, das unter anderem auch den Puls misst. Die Messung der Herzfrequenz soll auch eine Auswertung des Schlafes ermöglichen. Da das Band noch nicht of ziell in Deutschland verfügbar ist, haben wir uns für den Test ein Modell aus den USA besorgt. An einer zweiten Version des Microsoft Bandes wird wohl bereits gearbeitet, welche dann wahrscheinlich auch auf dem deutschen Markt erscheinen wird. Das Microsoft Band ist nicht größer und schwerer als ein Armband und versteckt viele Sensoren in seiner Kunststoffhülle. Es misst unter anderem Bewegung, Herzfrequenz und Puls, normales und UV-Licht, Hauttemperatur sowie die Location (Standort). Der Nutzer steuert das Band über einen Touchscreen. Damit wählt er die Funktionen aus, startet und überwacht verschieden Aktivitäten wie Radfahren, Laufen, Golfen, Fitnesstraining und den Schlaf. Wenn das Band mittels Bluetooth mit einem Smartphone gekoppelt wird, stellt es weitere Funktionen zur Verfügung. So kann man Microsofts virtuelle Assistentin Cortana direkt über das Band ansprechen und Mitteilungen vom Smartphone erhalten. Das Band synchronisiert seine Daten auch mit der Microsoft Health Smartphone App, welche weitere Auswertungen und Funktionen anbietet. Die Health App ist für Windows Phone, Windows Desktop PC, Android, iOS und Web verfügbar.
Fitnesstracker messen während des Schlafs Bewegungsdaten und den Puls
Es gibt eine Reihe von Methoden, um den Schlaf zu messen. Die einfachste Methode ist die Aktigra e. Bei ihr werden nur die Aktivitäts- und Ruhezyklen aufgezeichnet, also wenn eine Person zu Bett geht und aufwacht. Die meisten Fitnesstracker wie das Microsoft Band nutzen diese Methode und kombinieren die Bewegungsdaten der Beschleunigungssensoren – falls vorhanden – mit der Pulsmessung. Die Polysomnogra e ist die umfangreichste Messmethode und der Goldstandard der Schlafmedizin. Sie wird in den meisten Schla aboren angewendet. Bei der Polysomnogra e werden die Patienten mit einer Vielzahl von Sensoren verbunden, die EKG, EEG, Sauerstoffsättigung, Augenbewegungen, Muskelkontraktionen und Weiteres messen. Aus den Messdaten lässt sich eine genaue Diagnose des Schlafes inklusive der Schlafphasen stellen. Die Ergebnisse einer Polysomnogra e haben wir als Referenzwert für die Beurteilung des Microsoft Bandes genommen. Wissenschaftler unterteilen den Schlaf heutzutage in fünf Stadien: die Wachphase (W), die Traumphase Rapid Eye Movement (REM) und drei Nicht-REM-Phasen (N1 bis N3). N1 de niert dabei den Übergang vom Wachzustand in den Schlaf. N2 ist die leichte Schlafphase, wenn die Herzfrequenz anfängt, sich zu verlangsamen. N3 schließlich steht für den erholsamen Tiefschlaf, wenn man völlig entspannt und schwierig aufzuwecken ist.
Ein unruhiger Schlaf führte in der ersten Nacht zu starken Abweichungen
Die erste Nacht in dem Schla abor war für den Autor sehr kurz. Die Unmengen an Kabeln und das Krankenhausbett machten es sehr schwer, einen erholsamen Schlaf zu nden. Dies spiegelt sich auch in den ge-
messenen Daten und den wenigen Minuten Tiefschlaf wider. In Tabelle Schlafband vs. Schla abor rechts unten sind verschiedene Schlüsselparameter und die gemessenen Werte des Microsoft Bandes und des Schlaflabors gegenübergestellt: die Dauer des tatsächlichen Schlafes, die Dauer der leichten Schlafphasen (N1, N2), die Tiefschlafdauer (N3) und die Anzahl der gemessenen Wachphasen. Wie zu erwarten weichen die Messdaten der Microsoft-Band-Aktigra e von der Polysomnogra e des Schla abors ab. Die Messwerte der Schlafphasen weisen einen beachtenswerten Fehler auf. Dies wird noch deutlicher, wenn man die Gra k Schlafphasen: Ergebnisse von Labor und Band übereinander (auf der ersten Seite unten) betrachtet. In dieser Gra k wurde die Schlafphasenauswertung der Microsoft Band Health App mit den ermittelten Stadi- en des Schla abors proportional überlagert. Die Wachphasen stimmen fast komplett überein, nur kurzzeitiges Aufwachen wird von dem Band nicht erfasst. Die REM-Phasen werden von dem Band sinnvollerweise als leichter Schlaf erkannt. Die vom Band ermittelten Tiefschlafphasen überlappen sich großteils mit N3, aber auch N2. Der Grund ist höchstwahrscheinlich die Herzfrequenz, welche vom Microsoft Band genutzt wird, um die Schlafphasen zu ermitteln. Da die Herzfrequenz in N2 sich zu verlangsamen beginnt, wird dies vom Band bereits als Tiefschlaf erfasst. Diese Vermutung wird von der Gra k Labor-Pulsmessung und Band-Schlafphasen (links oben) untermauert, in der die gemessenen Schlafphasen des Bandes mit der gemessenen Herzfrequenz des Schla abor überlagert wurden. Es ist zu erkennen, dass die BandTiefschlafphasen mit längeren niedrigeren Herzfrequenzen korrelieren. Ein weiterer Grund für die Abweichungen ist, dass das Band nicht immer fortlaufend aufzeichnet, sondern nur alle x Minuten Stichproben nimmt, um die Batterielaufzeit zu verlängern. Dies ist in der Gra k Band- und Labor-Pulsmessungen (rechts oben) gut zu erkennen. Aufgrund der zu geringen Stichprobenanzahl erfasst das Band nicht die kurzen, hohen Pulswerte. Diese Spitzen sind aber ein wichtiger Indikator für eine ungenügende Erholsamkeit des Schlafes und ein Zeichen für Schlafapnoe: Der Patient bekommt zu wenig Luft, die Sauerstoffsättigung sinkt und der Körper versucht dies zu kompensieren, indem das Herz schneller schlägt, um wieder mit mehr Sauerstoff zu versorgen.
Die zweite Nacht im Schla abor verlief deutlich besser und erholsamer. Dies ist auch in der Tabelle unter Nacht 2 erkennbar: Man sieht einen doppelt so langen Tiefschlaf im Vergleich zur ersten Nacht. Die Fehlerrate des Bandes ist auch geringer. Die Gra ken (links oben und unten) hingegen unterstreichen die Ergebnisse der Analyse von der ersten Nacht und weisen ähnliche Muster auf.
Fazit
Die Schlafüberwachung des Microsoft Bandes ist ein nettes Gimmick, aber sie hält – nicht wirklich überraschend – nicht gegen bewährte, wissenschaftliche Standards stand. Die Daten über die Gesamtdauer des Schlafes, die tatsächliche Schlafdauer und die Anzahl der Wachphasen sind brauchbar. Die Auswertung der Schlafstadien wie leichter Schlaf und Tiefschlaf sind auch nicht komplett falsch, man sollte diesen Ergebnissen aber nicht zu sehr trauen. Die Bestimmung von Schlafphasen basiert in der Medizin auf Gehirnwellen, welche nicht vom Microsoft Band gemessen werden. Die Erkennung der Schlafphasen basiert rein auf den Bewegungssensoren und der Herzfrequenzmessung. Aufgrund der fehlenden Sensoren und der geringen Stichprobenanzahl eignen sich Fitnesstracker nicht als diagnostisches Mittel. Diese Bänder sind Fitness-Gadgets und keine medizinischen Geräte. Für einfache Aussagen über die Schlafqualität werden sie nicht benötigt. Dennoch, wenn das Fitnessband merkwürdige Schlafdaten anzeigt und Sie sich oft müde und schlapp fühlen, sollten Sie schnellstmöglich einen fachkundigen Mediziner aufsuchen. tr