Kämpfen Sie um Ihre Daten
George Orwells Vision vom Großen Bruder wird heute weit übertroffen. Unternehmen wie Google, Facebook oder die Schufa speichern private Daten und verdienen damit Milliarden. So wehren Sie sich.
Ihre Rechte gegenüber Datensammlern
D ass man aufgrund falscher Daten benachteiligt wird, kann in verschiedenen Situationen passieren, etwa bei der Wohnungs- oder Stellensuche oder bei geschäftlichen Kreditverhandlungen. Der folgende Fall wurde vom Bundesgerichtshof (BGH) beurteilt. Eine Frau wollte ein Auto kaufen und bekam keinen Kredit aufgrund einer unrichtigen negativen Auskunft der Schufa. Sie bekam auf Nachfrage von der Schufa Informationen, war aber der Meinung, diese seien nicht ausführlich genug. Der Bundesgerichtshof urteilte, dass die Schufa zwar einer Person nach Bundesdatenschutzgesetz (§ 34 BDSG) auf Wunsch Auskunft darüber zu erteilen hat, welche personenbezogenen, insbesondere kreditrelevanten Daten gespeichert und in die Berechnung der Wahrscheinlichkeitswerte einge ossen sind. Hingegen musste die Schufa laut BGH die sogenannte „Scoreformel“, also ihre abstrakte Methode der Bonitätsbewertung des Verbrauchers, nicht offenlegen, weil diese als Geschäftsgeheimnis geschützt sei. Von der Schufa werden viele Personen erfasst, ohne dass sie es wissen. „Je mehr Daten zur Verfügung stehen, desto sicherer sind die Vorhersagen“, heißt es auf der Schufa-Webseite. Bei 90 Prozent aller von der Schufa registrierten Personen würden nur positive Informationen vorliegen. Einmal im Jahr kann man eine kostenlose Datenübersicht als stichtagsbezogene Kontrollinformation anfordern. Gegen eine Gebühr kann man auch jederzeit einen In- ternetzugriff auf die Schufa-Informationen erhalten. Über die Schufa gibt es ein weiteres BGH-Urteil vom 19. März 2015 (I ZR 157/13). Wenn ein Kunde eine Forderung bestreitet, zum Beispiel wegen mangelhafter Vertragserfüllung, darf das Unternehmen nicht mit einem negativen Schufa-Eintrag drohen. Zu den Voraussetzungen der Übermittlung personenbezogener Daten an die Schufa und ähnliche Organisationen gehört, dass der Betroffene die Forderung nicht bestritten hat.
Google speichert Inhalte
Betreiber von kostenfreien sozialen Netzwerken und sonstige Unternehmen lassen sich oft Nutzungsrechte zur Vermarktung und Weitergabe der eingestellten und veröffentlichten Inhalte einräumen und verwenden diese für Werbezwecke. In der Praxis verlieren die Nutzer die Kontrolle und Übersicht darüber, was mit ihren Daten geschieht. Dagegen nützen die besten Datenschutzregelungen nicht viel. Nehmen wir als Beispiel die neue Datenschutzerklärung von Google vom 30. Juni 2015. Wer Google nutzen will, ist gezwungen, dieser zuzustimmen. Google erfasst unter anderem sogar gerätespezi sche Informationen und nimmt Standortbestimmungen vor. Besonders problematisch ist folgender Satz: „Unsere automa-
tisierten Systeme analysieren Ihre Inhalte (einschließlich E-Mails), um Ihnen für Sie relevante Produktfunktionen wie personalisierte Suchergebnisse, personalisierte Werbung sowie Spam und Malwareerkennung bereitzustellen.“Die Kontrolle von Google übertrifft also die geplante Vorratsdatenspeicherung, die die Speicherung von Inhalten ausdrücklich untersagt. Mit dem Google-Konto kann man Daten bis zu einem gewissen Grade verwalten, aber das ist auch nicht unbedingt zu empfehlen. Eine Verknüpfung der von Google erfassten Daten mit dem Konto ist möglich.
Überwachung mit Smart-Geräten
Smarte Geräte wie Fernseher sind heute mit Videokamera und Mikrofon ausgerüstet, und man kann damit im Internet kommunizieren. Leider funktioniert das auch umgekehrt, vom Web aus kann man auf einen Fernseher zugreifen, ohne dass die Nutzer es bemerken. Wie beim Smartphone ist die Überwachung der Zuschauer, sogar Gesichtserkennung möglich, sobald der Fernseher online ist. Die Verbindung zu den Internetdiensten ermöglicht eine Aufzeichnung und Auswertung des individuellen Nutzungsverhaltens durch die Server der Hersteller. Dass SmartphoneApps vor allem den Sinn haben, die Nutzer auszuspionieren, ist schon länger be- kannt. Besonders problematisch wird das in Bezug auf Gesundheitsdaten. Das Beratungsunternehmen ePrivacy hat rund 730 Apps getestet. Das Resultat: 78 Prozent der Apps konnten Drittpersonen nicht daran hindern, die Daten abzufangen. Bei 45 Prozent der Apps waren selbst hochsensible Daten nicht einmal verschlüsselt. Unser Rat: Benutzen Sie für die Fitnesskontrolle am besten nur Geräte, die nicht mit dem Internet verbunden sind. Mit einer Computerschnittstelle (USB / WiFi / WLAN) kann man die Daten selber verarbeiten und bestimmen, wer sie sieht. Fazit: Alte und neue Datensammlungen weiten sich offensichtlich in dem Maß aus, wie die Rechen- und Datenspeicherleistung der Computer zunimmt. Doch Bürger sind nicht rechtlos: Überprüfen Sie die Datenbestände, die über Sie existieren (siehe Kasten gegenüber), und widersprechen Sie gegebenenfalls.