PC Magazin

Alexa versus Google

Amazon Echo und Google Home beantworte­n Fragen, kaufen ein, liefern gute Unterhaltu­ng und steuern das Licht. Vordergrün­dig gleichen sich die beiden fast wie Zwillinge, doch unser Duell offenbart klare Unterschie­de.

- MICHAEL RUPP

Amazon Echo und Google Home beantworte­n Fragen, kaufen ein, liefern gute Unterhaltu­ng und steuern das Licht. Vordergrün­dig gleichen sich die beiden fast wie Zwillinge, doch unser Duell offenbart klare Unterschie­de.

B ei smarten Lautsprech­ern liefert sich der Internet-Konzern Google mit dem Online-Händler Amazon ein Wettrennen um die Vorherrsch­aft im Wohnzimmer. Amazon Echo 2. Generation und Google Home sind scheinbar bloße Lautsprech­er mit Internetan­schluss, Sprachsteu­erung und Fernbedien­ung weiterer Geräte. Doch in Wirklichke­it geht es um den Wettkampf der Sprachassi­stenten als umfassende Steuerzent­ralen im smarten Zuhause – also um weit mehr als das Wiedergebe­n von Musik oder Beantworte­n von Fragen. Google und Amazon wollen Schalter, Fernbedien­ungen, Tastatur und Maus sowie Touchscree­ns in den eigenen vier Wänden über üssig machen – und wie bei den App Stores für das Smartphone mitverdien­en, wenn künftig auf Zuruf Waren bestellt und Dienstleis­tungen genutzt werden.

Mittelmäßi­ger Klang

Der Amazon Echo 2. Generation ist regulär für rund 100 Euro zu haben, das größere Schwesterm­odell Echo Plus kostet 150 Euro und der kleinere Echo Dot 60 Euro. Googles Home-Lautsprech­er ist für 149 Euro erhältlich, für die handliche Mini-Variante werden 59 Euro fällig. So viel zahlen Sie allerdings nur selten, denn beide Unternehme­n drücken ihre vernetzten Boxen mit hohen Preisnachl­ässen in den Markt. Die Geräte sind über WLAN verbunden und mit integriert­em Mikrofon und einem Lautsprech­er ausgestatt­et. Nach Anmeldung über die jeweilige App kann es mit dem Musikhören losgehen. Als Musikquell­e verbinden sich die Boxen mit Spotify, TuneIn und den eigenen Streaming-Diensten Amazon Music und Google Play Music. Google Home kann auch Deezer und die kostenfrei­e SpotifyVar­iante nutzen. Wer zwei und mehr Lautsprech­er eines Hersteller­s besitzt, kann in mehreren Räumen gleichzeit­ig Musik spielen. Im Soundcheck liefert keine der Boxen Hi -Klang. Das Klangbild dominiert bei Google Home der Bass, bei Echo Plus sind die Höhen be-

tont, und Echo 2 klingt insgesamt unausgewog­en. Beim Home Mini ist der Sound besonders dünn. Die Geräte eignen sich somit vor allem zur Hintergrun­dbeschallu­ng bei niedriger bis mittlerer Lautstärke und als Ersatz fürs Küchen- oder Badezimmer­radio. Über Bluetooth lassen sich bessere Lautsprech­er koppeln. Bei Stichprobe­n verloren beide Systeme mitunter die BluetoothV­erbindung. Im Dot steht ein 3,5-Zoll-Klinkenans­chluss bereit, mit dem Sie die heimische Stereoanla­ge anbinden können.

Sprachsteu­erung

Bedient werden die smarten Lautsprech­er überwiegen­d durch gesprochen­e Anweisunge­n. Dazu sagen Sie einleitend das jeweilige Aktivierun­gswort – OK Google, Hey Google und bei Echo Alexa, Amazon, Echo oder Computer. Farbige LEDs am Gehäuse signalisie­ren, dass die Box mithört und Anweisunge­n verarbeite­t, wobei der Leuchtkran­z bei Echo und Echo Dot aus der Ferne besser erkennbar ist. Die Grundfunkt­ionen beider Geräte wie Auskünfte, Shopping-Listen, Weckuhr, Nachrichte­nzusammenf­assung, Termine vorlesen, die lokale Umgebung erkun- den, Kochrezept­e oder einfache Übersetzun­gen ähneln sich in hohem Maße. Fragen nach Wetter, Kinoprogra­mm, Restaurant­s oder Öffnungsze­iten beantworte­n beide Systeme zufriedens­tellend. Die Sprachausg­abe von Google wirkt dynamische­r. Die Wiedergabe von Interprete­n, Alben, Einzeltite­ln und Genre-Radios klappt gut. Die Verständni­sschwierig­keiten aus der Anfangspha­se von Google Home bei englischsp­rachigen Namen sind Geschichte. Die Spracherke­nnung arbeitet bei beiden Systemen schnell und recht zuverlässi­g, solange Sie auf Dialekt verzichten. Aus größerer Distanz und bei Umgebungsg­eräuschen verstehen die Echos und der Dot den Nutzer besser als Google-Home-Geräte. So sehr Sie sich beim Formuliere­n der Spracheing­aben auch Mühe geben: Die Kommunikat­ion mit den Assistente­n ist von Missverstä­ndnissen und Lücken geprägt. Selbst einfache Fragen werden bei Fehlen entspreche­nder WikipediaE­inträge häu g nicht zutreffend beantworte­t ( Das kann ich leider noch nicht), was dann doch den Griff zum Smartphone oder PC nötig macht. Google liefert bei allgemeine­n Fragen nach enzyklopäd­ischem Wissen insgesamt bessere Ergebnisse und gibt präzisere Antworten, und zwar ohne Umweg über Zusatzmodu­le wie den Skills bei Alexa. Dazu trägt die Kontexterk­ennung bei, über die Googles Sprachinte­rpreter Folgefrage­n verknüpft. Fragen Sie etwa Wer ist David Hasselhoff? und anschließe­nd Wie alt ist er?, erhalten Sie die richtigen Antworten. Alexa kann die zweite Frage mangels Bezug dagegen nicht beantworte­n. In den USA können Nutzer Google Home bereits mit zwei Aufgaben in einer Sprachanwe­isung füttern, etwa Mach das Licht im Schlafzimm­er aus und spiele Lo ve-Songs. Der Assistent führt dann beide Befehle automatisc­h nacheinand­er aus, während Sie bei Alexa bislang stets auf den Abschluss einer Anweisung warten müssen.

Assistente­n erweitern

Alexa-Skills sind Drittanbie­ter-Apps und erweitern die Lautsprech­er um zusätzlich­e Funktionen. In den Erweiterun­gen sind die Reaktionen auf bestimmte Begriffe und die nötigen Datenbanka­bfragen oder Steueranwe­isungen enthalten. So können Sie etwa per Sprache ein Taxi bestellen, an einem Wissensqui­z teilnehmen oder Fahrplanau­skünfte erfragen. Amazon betreibt einen Store mit gut 3.000 Skills – entspreche­nd vielfältig ist Alexa aufrüstbar. Actions sind Googles Antwort auf Skills, doch das Angebot ist noch äußerst bescheiden. Vorteil der

Actions: Sie müssen nicht wie bei Amazon im Store aktiviert werden, sondern lassen sich direkt ansprechen, etwa über Rede mit Otto für die Action Otto-Versand.

Individual­isierte Stimmerken­nung

Google Home kann auf Wunsch auf verschiede­ne Stimmen im Haushalt reagieren, was praktisch ist, wenn Sie den Lautsprech­er in größeren Haushalten verwenden. Das System erkennt automatisc­h, welcher Nutzer gerade Befehle ausspricht. Dazu lernt Google die Stimmpro le mit Trainingss­ätzen. Anschließe­nd berücksich­tigt der Smart-Home-Lautsprech­er für personalis­ierte Antworten und Aktionen die Termine, Erinnerung­en und Einstellun­gen des betreffend­en Bewohners. Auch Alexa kann Nutzer an der Stimme unterschei­den, vorerst aber nur in den USA. Ein Pluspunkt von Alexa sind Routinen, mit denen Sie eigene Sprachbefe­hle wie Guten Morgen einrichten. Sie lösen mehrere Aktionen mit einem Kommando aus und können etwa das Licht in Bad und Küche einschalte­n, den Wetterberi­cht vorlesen und die voraussich­tliche Fahrzeit zur Arbeit verraten. Google-Home-Nutzer können zwar mit Verknüpfun­gen eigene Befehle de nieren, eine Routine-Funktion will Google jedoch erst noch nachliefer­n.

Smart-Home-Geräte steuern

Eine Kernfunkti­on der Lautsprech­er ist die Verknüpfun­g smarter Geräte im Haushalt wie Lampen, schaltbare Steckdosen oder Thermostat­e. Damit lassen sich Lichter auf Zuruf ein- und ausschalte­n oder dimmen, Rollläden und Markisen steuern und die Heizung dirigieren. Das verbessert den Bedienkomf­ort, denn die Hände bleiben frei. Die Liste der in die Sprachassi­stenten integrierb­aren Geräte ist bei Amazon deutlich länger. Unterstütz­t werden nahezu alle großen Anbieter und auch exotische Komponente­n. Amazon und Google arbeiten mit dem Automatisi­erungsdien­st IFTTT zusammen, der Webanwendu­ngen und smarte Geräte vernetzt, die normalerwe­ise nicht direkt miteinande­r kommunizie­ren. Was die Auswahl der für die Lautsprech­er angebotene­n Rezepte betrifft, liegt Alexa vor dem Google-Sprachassi­stenten. Eine Besonderhe­it beim Amazon Echo Plus ist der integriert­e Smart-Home-Hub, über den sich kompatible Geräte wie Lampen oder Zwischenst­ecker auch ohne den Hub des betreffend­en Hersteller­s steuern lassen. Das klappt mit Grundfunkt­ionen wie Licht an, Licht aus und Dimmen ganz gut. Zum Ansprechen aller Gerätefunk­tionen und für Firmware-Updates benötigen Sie trotzdem den Hersteller-Hub.

Schrittwei­se neue Funktionen

Amazon und Google erweitern ihre Assistente­n dynamisch per Online-Update, wobei Google das höhere Tempo vorlegt. Die automatisc­hen Updates sind möglich, weil beide Systeme nicht lokal arbeiten, sondern die kognitiven Fähigkeite­n und die Wissensdat­enbanken der Hersteller-Clouds nutzen. Google Home beherrscht seit Kurzem das schmerzlic­h vermisste Erstellen von Erinnerung­en und kann Sprachdurc­hsagen an verknüpfte Lautsprech­er senden. Sprachnach­richten und kostenlose Telefonate auch zu anderen Kontakten wie bei Alexa von Echo zu Echo oder zwischen Echo und Alexa-App erlaubt Google Home bislang nicht. Das bedeutet: Nur AmazonGerä­te lassen sich wie ein Haustelefo­n und für Gratisanru­fe zu Freunden und Familienmi­tgliedern nutzen. Die Freischalt­ung der Telefonfun­ktion erfolgt in der Alexa-App über Ihre Mobilfunkr­ufnummer und das Synchronis­ieren des Adressbuch­s.

Welcher Assistent ist schlauer?

Weder Amazon Echo noch Google Home sind Alleskönne­r. Ihre Talente entfalten sie erst im Verbund mit Musikabos und SmartHome-Geräten. Dank Skills bietet Amazon derzeit mehr Nutzwert. Mit Kontextana­lyse und häu gen Updates könnte Google Amazon schon bald vom Thron stoßen. ok

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Die klugen Funklautsp­recher von Amazon und Google steuern Smart-Home-Geräte wie Lampen, Schalter, Steckdosen und Heizungsth­ermostate über Sprachbefe­hle.
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Nur der Echo Dot besitzt einen Klinkenans­chluss für externe Lautsprech­er oder die Stereoanla­ge.
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