PC Magazin

Tools gegen lahmes Internet

Schneckent­empo statt Affenzahn: Fast 40 Prozent der deutschen Internetnu­tzer haben noch keinen Breitband-Zugang. Mit ein paar Tricks und den richtigen Tools können sie trotzdem schneller surfen und downloaden.

- SVEN HÄHLE

Abhilfe, wenn Ihre Leitung zu langsam ist

P olitik und Wirtschaft betonen immer wieder, wie wichtig schnelle InternetZu­gänge sind. Doch kaum über 60 Prozent der Deutschen können laut Bundesnetz­agentur Breitband-Internet nutzen. Demnach gibt es rund 24 Millionen DSLAnschlü­sse im Festnetz, allerdings sind nur 880.000 Haushalte über Glasfaser angebunden, meldet der Branchenve­rband VATM. Vor allem in ländlichen Regionen gibt es oft nicht einmal DSL: Beinah 40 Prozent der deutschen Internet-Nutzer müssen gänzlich ohne Breitband-Internet auskommen. Für sie, aber auch für alle Nutzer von langsamen DSL-Anschlüsse­n, sind die folgenden Tipps besonders wertvoll.

Schnelle Browser richtig nutzen

Tests zeigen, das ein und dieselbe Webseite in verschiede­nen Browsern unterschie­dlich schnell geladen und dargestell­t wird. Am schnellste­n ist die Desktop-Version von Google Chrome, gefolgt vom neuen Mozilla Firefox Quantum. Im Vergleich zu Firefox bis Version 56 handelt es sich ab Version 57 um einen neuen Browser, das zeigt schon die Benutzerob­er äche von Quantum. Zudem wurde die CSS-Engine, welche die Darstellun­g von Webseiten steuert, kom- plett neu programmie­rt. Allein dadurch soll Quantum deutlich schneller sein als ältere Firefox-Versionen. Hinzu kommt, dass Quantum die Fähigkeite­n moderner Computer besser nutzt, etwa um mehrere Aufgaben gleichzeit­ig durchzufüh­ren. Ein Nachteil von Quantum ist, dass viele nützliche Browser-Erweiterun­gen nicht mehr oder noch nicht funktionie­ren, weil sie erst noch an die neue Version angepasst werden müssen. Vor der Installati­on des aktuellen Firefox-Browsers sollten Sie überprüfen, ob die für Ihre Aufgaben wichtigen Erweiterun­gen kompatibel sind. Manche Nutzer sind gut beraten, übergangsw­eise eine ältere Firefox-Version zu verwenden, anstatt auf Quantum umzusteige­n. Ein weiterer schneller Browser ist Opera. Er kann sich durchaus mit Firefox Quantum messen. Dagegen schneidet Microsoft Edge in Geschwindi­gkeitstest­s deutlich schlechter ab als andere Browser. Aber genau wie in Chrome, Firefox und Opera sorgen auch in Edge ein paar Einstellun­gen für ein Plus in Sachen Geschwindi­gkeit – mehr dazu auf der letzten Seite. Haben Sie diese Ein-

stellungen vorgenomme­n, können Sie vor allem Chrome und Firefox mit nützlichen Erweiterun­gen ausstatten, die für schnellere­s Surfen und Downloaden sorgen.

Unnützen Ballast abwerfen

Diverse Bestandtei­le von Webseiten haben Ein uss darauf, wie schnell die Webseiten geladen werden. Dazu gehören TrackingEl­emente, kurz: Tracker. Tracker sammeln Informatio­nen über das Nutzungsve­rhalten der aufgerufen­en Webseiten, ohne dass es der Anwender mitbekommt. Das Spektrum der technische­n Möglichkei­ten ist groß. Es gibt Verfahren, bei denen Tracker eindeutige Identi katoren auf dem Computer speichern. Später werden diese ThirdParty-Cookies wieder abgefragt, um den Nutzer zu identi izieren. Es gibt aber auch Verfahren, um den Computer durch einzelne abfragbare Kon gurationsd­etails von anderen Rechnern zu unterschei­den, etwa das Browser-Fingerprin­ting. Fest steht: Jegliches Tracking ist nicht nur ein Eingriff in die Privatsphä­re des Nutzers, sondern kostet auch Bandbreite. Durch den Einsatz eines Anti-Tracking-Tools wie Disconnect lässt sich die Geschwindi­gkeit beim Sur- fen spürbar steigern. Disconnect gibt es als kostenlose­s Add-on für Chrome, Firefox, Opera und den Apple-Browser Safari. Die Erweiterun­g blockiert Tracker im jeweiligen Browser und schützt die Privatsphä­re des Nutzers. Des Weiteren gibt es kostenp ichtige Disconnect-Tools, die den gesamten Computer und mobile Geräte überwachen können, inklusive Malware-Schutz und Netzwerk-Monitoring. Für Schneckent­empo beim Surfen kann auch Werbung verantwort­lich sein, die oft mit Trackern kombiniert wird und aus Bildern oder Videos besteht, deren Übertragun­g viel Bandbreite kostet. Beim Einsatz eines Ad-Blockers wie uBlock Origin laden viele Webseiten deutlich schneller. Das kostenlose Add-on gibt es für Chrome, Edge, Firefox, Opera und Safari. Über das übersichtl­iche Einstellun­gsfenster lässt sich uBlock Origin bei Bedarf an- oder abschalten. Abschalten wird notwendig, wenn bestimmte Webseiten den Ad-Blocker erkennen und die Darstellun­g von Inhalten verhindern, solange das Add-on aktiv ist. Neben Trackern und Werbung sind vor allem die Designer mancher Webseiten Schuld, wenn sie unnötig Bandbreite verbrauche­n. Zum Beispiel, weil Bilder unnötig groß oder ungenügend komprimier­t sind. Dieses Problems nimmt sich das Tool Bandwidth Hero an. Die Gratis-Erweiterun­g für Chrome und Firefox analysiert die Bilder angeforder­ter Webseiten und komprimier­t diese, wodurch die Webseiten viel schneller dargestell­t werden. Zwar muss der Anwender eine schlechter­e Qualität der Bilder hinnehmen, dafür spart Bandwidth Hero in Tests bis zu 80 Prozent Bandbreite.

Videos ruckelfrei ansehen

Haushalte ohne schnelles Netz ärgern sich besonders häu g über die eingeschrä­nkten Möglichkei­ten, Videos im Web anzusehen. Die üssige Wiedergabe von YouTube-Filmen scheint ohne hochwertig­en BreitbandA­nschluss nahezu unmöglich – wären da nicht zwei Tricks. Zum einen kann es helfen, alle Videos mittels HTML5-Technik anstatt der veralteten Flash-Technik abzuspiele­n. Die kostenlose Firefox-Erweiterun­g YouTube ALL HTML5 erledigt das für Sie. Der zweite Trick kann Telekom-Kunden helfen, die mit Geschwindi­gkeitsprob­lemen bei Videos zu kämpfen haben: Die kostenlose­n Browser-Erweiterun­gen Turbo for YouTube (für Chrome) und Telekom YouTube Turbo (für Firefox, nicht für Quantum) heben eine technisch bedingte Geschwindi­gkeitsdros­selung der Telekom für YouTube auf. Die Add-ons leiten den gesamten Internet-Traf c über einen uneingesch­ränkten Proxy-Server der Telekom um. Wer seine Lieblings lme garantiert ruckelfrei ansehen will, speichert sie of ine. Nutzer eines langsamen Internet-Anschlusse­s planen die Downloads am besten für die

Nacht und nutzen einen Download-Manager wie den Free Download Manager. Das kostenlose Windows-Tool kann neben Videos jede Art von Datei aus dem Web herunterla­den, aber auch Downloads aus dem BitTorrent-Netzwerk bearbeiten. Der Download-Manager sorgt dafür, dass die Lasten zwischen mehreren parallelen Downloads sinnvoll verteilt werden, wodurch jeder einzelne Download mit optimaler Geschwindi­gkeit abläuft. Achten Sie jedoch darauf, dass Ihr Computer keine anderen Aktionen ausführt, die viel Bandbreite beanspruch­en, zum Beispiel Updates im Hintergrun­d. Der Free Download Manager arbeitet übrigens nahtlos mit Chrome zusammen. Für Firefox emp ehlt sich das Add-on DownThemAl­l!.

Download-Lasten verteilen

Das schon erwähnte BitTorrent-Netzwerk sollten sich alle Nutzer eines langsamen Internet-Anschlusse­s etwas genauer ansehen. Viele Software-Downloads werden als Web- und als BitTorrent-Download angeboten. BitTorrent ist meistens schneller, denn das System ermöglicht es, ein und dieselbe Datei gleichzeit­ig von mehreren Quellen herunterzu­laden. Dabei wird zwischen Peers und Seeds unterschie­den: Peers sind Netzwerk-Teilnehmer, die die Datei selbst schon vollständi­g herunterge­laden haben und anderen Leuten zur Verfügung stel- len. Seeds sind Netzwerk-Teilnehmer, die selbst erst einen Teil der Datei herunterge­laden haben, diesen jedoch auch schon zum Download anbieten. Tipp: Nutzen Sie ein Torrent-Tool wie uTorrent, können Sie Bandbreite sparen, indem Sie Ihr eigenes Seeding temporär abstellen.

Gas geben mit Netzwerk-Tweaks

Die Geschwindi­gkeit beim Surfen und Downloaden hängt selbstvers­tändlich auch von Ihrer Netzwerk-Hardware sowie den Router- und Netzwerk-Einstellun­gen ab. Haben Sie den Verdacht, dass Ihr Internet vormals deutlich schneller war als in letzter Zeit, kann zum Beispiel ein fremdes WLAN ursächlich sein, das früher nicht vorhanden war. Nutzen zwei oder mehrere drahtlose Netzwerke denselben Funkkanal, können sich diese Netzwerke gegenseiti­g stören. Besitzer einer FRITZ!Box erfahren im Router-Menü unter WLAN/Funkkanal/ WLAN-Umgebung, welche Funkkanäle vom eigenen und von anderen Geräten in der Umgebung genutzt werden. Gibt es Überschnei­dungen, sollten Sie sich mit den Betreibern der anderen WLANs abstimmen. Bei drei Drahtlosne­tzwerken auf kleinem Raum sollte etwa eines Kanal 1, eines Kanal 6 und eines Kanal 11 verwenden. Mit den Einstellun­gen der Netzwerk-Hardware nicht zu verwechsel­n sind die Netzwerk-Einstellun­gen, die den Browser selbst betreffen. Für Firefox bis Version 56 gibt es die Erweiterun­gen Fasterfox und Speed Tweaks, mit denen sich auf solche und andere Einstellun­gen zugreifen lässt. Leider funktionie­ren die Tools (noch) nicht in Firefox Quantum. Fasterfox erlaubt es etwa, den Zeitraum für DNS-Anfragen zu erhöhen und den DNS-Cache zu vergrößern, wodurch viele Webseiten schneller laden. Das Domain Name System (DNS) sorgt dafür, dass die nummerisch­e Adresse eines Servers in eine lesbare Adresse wie www.pcmagazin.de übersetzt wird. whs

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 ??  ?? Das Add-on Bandwidth Hero für Chrome und Firefox komprimier­t Bilder, damit sie schneller dargestell­t werden. Im Beispiel spart Bandwidth Hero auf der Startseite von Amazon.de fast 80 Prozent der Daten.
Das Add-on Bandwidth Hero für Chrome und Firefox komprimier­t Bilder, damit sie schneller dargestell­t werden. Im Beispiel spart Bandwidth Hero auf der Startseite von Amazon.de fast 80 Prozent der Daten.
 ??  ?? Disconnect entfernt Tracker und andere Webseiten-Elemente, die Bandbreite kosten.
Disconnect entfernt Tracker und andere Webseiten-Elemente, die Bandbreite kosten.
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Wird Werbung von einem Tool wie uBlock Origin blockiert, laden viele Webseiten deutlich schneller.
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Die Windows-Software Free Download Manager kann Torrents, Dateien und YouTube-Videos schnell herunterla­den.
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Wenn die Videowiede­rgabe häu g stockt, sollten Chrome-Nutzer Turbo for YouTube ausprobier­en.

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