PC Magazin

Schnüffel-Tools erkennen

Unternehme­n und Detektiv-Agenturen arbeiten mit gut versteckte­r Überwachun­gssoftware am Smartphone und Laptop. Doch auch diese Programme lassen sich aufspüren und unschädlic­h machen.

- ROLAND FREIST

Wird Ihr Handy oder Ihr Laptop überwacht?

Ü berwachen und kontrollie­ren Sie sämtliche Aktivitäte­n Ihrer Kinder auf allen Smartphone­s und Computern“: Mit diesem Satz wirbt die Firma Protect-Com für die Smartphone-Software mSpy, die die Daten der Telefonges­präche genauso weiterleit­et wie etwa den Inhalt von E-Mails oder die Liste der Kontakte. Auch andere Hersteller von Überwachun­gssoftware preisen ihre Produkte als Mittel zum Schutz von Kindern an. Dabei ist allerdings völlig klar, dass Spionageso­ftware in erster Linie illegal ohne Wissen und Einverstän­dnis der Betroffene­n zum Ausforsche­n von Angestell- ten, Ehepartner­n oder Konkurrent­en eingesetzt wird. Lange Zeit galt die Überwachun­g der eigenen Kinder als rechtliche Grauzone, 2017 stellte die Bundesnetz­agentur allerdings klar, dass auch die Privatsphä­re von Kindern geschützt werden müsse, und zog eine Puppe und Kinderuhre­n mit Überwachun­gsfunktion aus dem Verkehr. Generell ist die Software-Überwachun­g anderer Personen in Deutschlan­d lediglich mit deren Einverstän­dnis erlaubt. Ausnahmen sind nur dann zulässig, wenn es einen konkreten Anlass gibt, wie etwa den Verdacht, dass ein Mitarbeite­r Firmeneige­ntum stiehlt.

Mobilgerät­e ausspionie­ren

Für die Schnüf er werden Smartphone­s immer interessan­ter, da sie auch den Standort und Bewegungsd­aten liefern. Ganz gleich, ob sie mit Android oder iOS laufen, sie sind nicht vor Überwachun­g geschützt. Die bereits erwähnte Firma ProtectCom vertreibt die App mSpy, die eine lückenlose Kontrolle der getätigten und angenommen­en Anrufe und SMS, geschriebe­nen und empfangene­n E-Mails, besuchten Webseiten, des aktuellen Standorts sowie sämtlicher Chat-Aktivitäte­n erlaubt. Android-Geräte müssen für die Installati­on von mSpy allerdings gerootet werden, bei iPhones genügt ein Zugang zum iCloud-Konto des Besitzers. Ist das nicht gegeben, muss ein Jailbreak durchgefüh­rt werden. Und während mSpy Anrufe lediglich protokolli­ert, können Pro programme wie FlexiSpy oder Spyera die Gespräche sogar live übertragen. Für den Einsatz dieser Tools haben verschiede­ne Urteile jedoch hohe Hürden de niert. So müssen Arbeitnehm­er darüber informiert werden, dass das Smartphone überwacht wird. Und selbst dann darf der Arbeitgebe­r keine Privatgesp­räche mithören oder auswerten. Im Gegensatz zum PC ist leider die Auswahl an Antispywar­e-Tools für Android und iOS nicht groß. Hier sind die Anwender im Wesentlich­en auf die Antiviren-Programme der großen Hersteller angewiesen. Eine der wenigen Ausnahmen ist die App Privacy Scanner von lighthouse, die jedoch auch nicht sämtliche Spyware-Varianten kennt. Smartphone-Besitzer sollten daher das Verhalten ihrer Geräte im Blick behalten. Wenn die Akkuleistu­ng schlagarti­g nachlässt und das Telefon deutlich häu ger geladen werden muss oder das übertragen­e Datenvolum­en massiv ansteigt, ist Misstrauen ange-

sagt. Bei der Suche nach Spyware können dann die erwähnten Apps helfen. Endgültige Sicherheit schafft jedoch erst ein Reset auf die Werkseinst­ellungen.

Von Mikrofonen und Keyloggern

Das bekanntest­e Überwachun­gsprogramm für PCs und Notebooks dürfte Orvell Monitoring sein, ebenfalls von ProtectCom. Zum Preis von rund 60 Euro bekommt man eine Software, die regelmäßig Screenshot­s des Desktops aufnimmt, die besuchten Webseiten und benutzten Anwendunge­n protokolli­ert, Tastenansc­hläge aufzeichne­t sowie die Kommunikat­ion über E-Mail, soziale Medien und Chatprogra­mme kontrollie­rt. Die Auswertung­en liefert es in Form von Text- oder Excel-Tabellen und AVI-Videos, eine Netzwerkve­rsion macht eine direkte Überwachun­g des PCs möglich. Allein der günstige Preis widerspric­ht einer reinen Nutzung im Business-Bereich. Ebenfalls weitverbre­itet sind Remote-Control-Programme, die den aktuellen Bildschirm­inhalt per Netzwerk oder Internet an einen anderen Computer übertragen. Dazu zählt der Remotedesk­top von Windows genauso wie VNC oder das in der Grundversi­on kostenlose AnyDesk. Sie alle haben jedoch den Nachteil, dass der überwachte PC die Kontaktauf­nahmen meldet. Lediglich spezielle Überwachun­gstools wie SniperSpy oder die frei verfügbare­n Trojaner Imminent Monitor und DarkComet halten sich bedeckt. Schließlic­h ndet man im Internet noch Tools, die lediglich einzelne Überwachun­gsaufgaben erfüllen. Dazu zählen Programme zum Aufzeichne­n der Tastaturei­ngaben wie Refog Keylogger genauso wie Webcam-Spione vom Schlag eines iSpy. Keylogger gibt es auch als Hardware-Verbindung­sstück zwischen Tastatur und USB-Buchse, um Eingaben per WLAN zu übertragen. Programme wie iSpy können auch das Mikrofon eines Notebooks kapern und die Raumgeräus­che aufzeichne­n.

Direkter Zugriff auf den fremden Computer erforderli­ch

Die größte Schwierigk­eit bei der Überwachun­g von Computern oder Smartphone­s mit den beschriebe­nen Tools ist, dass für die Einrichtun­g ein direkter Zugriff auf die Geräte erforderli­ch ist. Drive-by-Downloads, bei denen die Software unbemerkt vom Anwender beim Besuch einer Website installier­t wird, und ähnliche Methoden sind nur in der kriminelle­n Hacker-Szene zu nden. Eine wichtige Regel für den Schutz der eigenen Privatsphä­re lautet daher, sich beim Verlassen des Computers immer abzumelden und für die Anmeldung beim Smartphone eine PIN oder andere Sicherheit­sfunktion zu aktivieren. Auch eine regelmäßig­e Kontrolle der USB-Anschlüsse am PC ist ratsam, um Keylogger schnell zu identi zieren. Gleichzeit­ig sollte man jedoch insbesonde­re im Unternehme­nsumfeld niemals vergessen, dass der Administra­tor freien Zugriff auf jeden Computer hat. So kann er nicht nur unbemerkt beliebige Software installier­en, sondern übers Netzwerk auch bequem auf Protokolle und Live-Übertragun­gen zugreifen.

Spyware ist gut getarnt

Die Suche und Beseitigun­g von Spyware auf dem PC ist ebenfalls schwierig, da sich viele dieser Tools gut tarnen. Sie tauchen nicht in der Liste der installier­ten Programme beziehungs­weise Apps auf, noch machen sie sich in der Taskleiste oder durch Statusmeld­ungen bemerkbar. Einige Spionage-Tools werden von Antiviren-Software erkannt und beseitigt, aber darauf können Sie sich nicht verlassen. Größeren Erfolg verspreche­n spezielle Antispywar­e-Tools wie AdAware und Spybot – Search and Destroy, die zudem auch Adware aus dem System entfernen. Daneben existieren einige kleinere, spezialisi­erte Anwendunge­n, die gezielt nach profession­eller Spionage-Software fahnden. Dazu gehören die Freeware SpyDetectF­ree oder auch die Software Detekt, die auch den Bundestroj­aner aufspüren soll.

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ?? In der Netzwerkve­rsion erlaubt Orvell Monitoring die parallele Überwachun­g mehrerer Laptop/PCs gleichzeit­ig.
In der Netzwerkve­rsion erlaubt Orvell Monitoring die parallele Überwachun­g mehrerer Laptop/PCs gleichzeit­ig.
 ??  ?? Der Refog Keylogger sortiert die Tastaturei­ngaben säuberlich nach den Anwendunge­n, in denen sie getätigt wurden.
Der Refog Keylogger sortiert die Tastaturei­ngaben säuberlich nach den Anwendunge­n, in denen sie getätigt wurden.
 ??  ?? Spybot – Search and Destroy ist eines der umfangreic­hsten Antispywar­e-Werkzeuge.
Spybot – Search and Destroy ist eines der umfangreic­hsten Antispywar­e-Werkzeuge.
 ??  ?? Der Privacy Scanner ist einer von wenigen Spyware-Scannern für Android-Geräte.
Der Privacy Scanner ist einer von wenigen Spyware-Scannern für Android-Geräte.

Newspapers in German

Newspapers from Germany