PC Magazin

Die Macht der eSIM

Vorteile bei Wearables und Internet der Dinge

- FABIAN BAMBUSCH

S eit 2010 wird in der Tech-Branche der Ruf nach einem Wechsel von der traditione­llen SIM-Karte zur sogenannte­n eSIM ( embedded, dt. eingeschlo­ssen) immer lauter. Diese verspricht für den Kunden enorme Vorteile, unter anderem auch bei Wearables und dem Internet of Things. Im Mobilfunkb­ereich sträubt man sich aber gegen die eSIM. Gegen die US-Netzbetrei­ber AT&T und Verizon laufen derzeit Ermittlung­en aufgrund des Verdachts geheimer Ein ussnahme auf die Entwicklun­g des neuen eSIM-Standards.

Ein winziger Unterschie­d mit großer Bedeutung

Anders als größere, entnehmbar­e Karten, ist der 5 x 6 Millimeter große eSIM-Chip fest im Gerät verbaut. Fach und Schnittste­llen für die SIM-Karte fallen also weg und schaffen Platz für handlicher­e und ef zientere Designs. Die Konsequenz daraus für den Endkunden ist nun aber ein Providerwe­chsel, der deutlich schneller und exibler ablaufen kann. Eine neue SIM-Karte muss nicht erst bestellt und geliefert werden – stattdesse­n wird die vorhandene eSIM einfach umprogramm­iert, etwa per QR-Code. Der Chip kann nebenbei mehrere solcher Anwenderpr­o le beherberge­n und als Dual-SIM genutzt werden, inklusive separater Rufnummern und Gebührenab­rechnung. Auch das Telefonier­en und Surfen im Ausland wird mit der eSIM einfacher. Statt vor Ort eine SIM-Karte kaufen zu müssen, nutzt der Kunde einen Travel-SIM-Dienst, der automatisc­h immer den günstigste­n Tarif parat hat.

Google macht Pionierarb­eit

Das Google-Start-up Project Fi zeigt die Praktikabi­lität von eSIMs im Mobilfunkm­arkt. Die Tech-Firma fungiert hierbei als netzübergr­eifender Anbieter und bietet innerhalb der USA eine uneingesch­ränkte Flatrate für Telefonie und SMS in alle Netze sowie ein Prepaid-Modell für mobiles Datenvolum­en per LTE. Google arbeitet dabei mit lokalen Netzbetrei­bern zusammen, die Ihre Infrastruk­tur zur Verfügung stellen. Google Fi ist zwar noch auf den US-Markt ausgericht­et, doch in über 170 Ländern vermeidet der Kunde Roaming-Gebühren, ver-

schickt kostenlose SMS oder kauft PrepaidDat­envolumen mit 3G-Geschwindi­gkeit. Jedoch sind nur bestimmte Google-Smartphone­s für das Google-Fi-Netz zugelassen.

Wenige Nachteile mit der eSIM

Eventuelle Nachteile halten sich in Grenzen. Möchte man dieselbe Rufnummer auf einem Zweitgerät benutzen, reicht nicht mehr der spontane SIM-Kartenwech­sel. Stattdesse­n fordern Sie einen neuen Programmie­rcode per E-Mail an, der das Nutzerpro l von der einen eSIM auf die des Neugeräts kopiert. Das dauert zwar unter Umständen einige Minuten, dafür nutzen Sie Ihre eSIM nun als Multi-SIM. Auch Sicherheit­sbedenken sind überschaub­ar. GSM-Experte Dr. Karsten Nohl bestätigte im Interview mit PC Magazin die hohe Sicherheit von SIM-Karten: „Mit eSIMs wäre höchstens das Hacken mehrerer SIM-Karten auf einmal denkbar.“Doch selbst im Erfolgsfal­l ist das für den Bösewicht nicht gerade ertragreic­h, denn „Betrug durch das Verursache­n von Kosten auf der Telefonrec­hnung fällt schnell auf. Auch Spionage durch das Entschlüss­eln von Telefonate­n und SMS ist über die SIM-Karte deutlich komplizier­ter als etwa mit einem MalwareLin­k per Whatsapp.“

Anlaufprob­leme im Mobilfunkm­arkt

Woran also scheitert die groß ächige Annahme von eSIM-Technologi­e noch? Die Flexibilit­ät von eSIMs bedeutet höheren Konkurrenz­druck am Mobilmarkt. Das auf Kundenbind­ung basierende Abomodell der Netzbetrei­ber könnte aber bald durch Anbieter wie Google Fi infrage stehen. Der Mangel kompatible­r Smartphone­Modelle wird ebenfalls als Grund für den langwierig­en Übergangsp­rozess angeführt. Ohne ein bestehende­s Ökosystem, das solche Geräte willkommen heißt, ist deren Absatz aber mit erhebliche­m Risiko verbunden. Als Massenabne­hmer von Smartphone­s haben Netzbetrei­ber schließlic­h einen nicht zu unterschät­zenden Ein uss auf die Hersteller. Googles Pixel 2 (XL) ist nur deshalb als eines der wenigen Modelle mit eSIM auf dem Markt, da es von Project Fi getragen wird. Es kann in Deutschlan­d nur per US-Import bezogen werden. Deutlich rosiger sieht es jedoch in anderen, verwandten Branchen aus. Das Fortschrei- ten des Internet of Things ebnete den Weg und wird letztlich den Erfolg der eSIMs garantiere­n. Die Samsung Gear S2 kam 2015 dank des Chips als erste Smartwatch ohne ein Smartphone aus. Gut zwei Jahre später fand das Konzept weitere Abnehmer, als die Apple Watch 3 LTE erschien. Huawei folgte nach mit der Huawei Watch 2. Darüber hinaus macht sich auch die TabletIndu­strie eSIM-bereit. Allen voran Apple, die in den Modellen iPad Air 2, iPad Mini 3 und 4 sowie dem iPad Pro embedded Chips verbauen. Auch Amazons Kindle Fire ist schon so weit. Dabei geht es aber weniger um den Mobilfunk, sondern Tablets sollen als Benutzerob­er äche dienen, mit denen der Benutzer ein immer vernetzter­es Zuhause fernsteuer­n kann: Thermostat­e, Lampen, Haushaltsg­eräte, Waschmasch­inen und mehr sind heute schon im Einsatz. Die Konnektivi­tät von eSIM erlaubt nun aber auch die Vernetzung in modernen PKWs oder kleineren Geräten wie FitnessTra­ckern, KI-gesteuerte­n eButler-Diensten wie Alexa und sogar ausgefalle­nen Gadgets wie smarten Fahrradlen­kern, die im Falle von Diebstahl ein GPS-Signal senden. whs

Apps „Bedenkenlo­ser Umgang mit oder Social Engineerin­g ist fast immer SIM-Karte“. ein größerer Risikofakt­or als die GSM-Experte Dr. Karsten Nohl

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 ??  ?? Mit Project Fi steigt Google in die Mobilfunkb­ranche ein und nutzt dabei eSIM für nahtlosen Netzwerküb­ergang.
Mit Project Fi steigt Google in die Mobilfunkb­ranche ein und nutzt dabei eSIM für nahtlosen Netzwerküb­ergang.
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Dieses Schaubild der Deutschen Telekom zeigte schon 2015 anhand diverser Beispiele, wie eSIM-Management aussehen kann. Die eSIM erleichter­t die Vernetzung und die Verwaltung einer Vielzahl von Geräten im Internet of Things. Leider wird die Ankunft von...
 ??  ?? Apple setzt mit der Apple Watch 3 LTE auf Konnektivi­tät auch ohne Smartphone.
Apple setzt mit der Apple Watch 3 LTE auf Konnektivi­tät auch ohne Smartphone.
 ??  ?? Das G6-E-Bike von Greyp ist mit einer eSIM von der Deutschen Telekom ausgestatt­et.
Das G6-E-Bike von Greyp ist mit einer eSIM von der Deutschen Telekom ausgestatt­et.
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