PC Magazin

Drucker spionieren Nutzer aus

Farblaser-Ausdrucke lassen sich oft direkt zum Besitzer zurückführ­en. Es gibt jedoch Abhilfe.

- FrAnk-MichAEl SchlEdE und ThoMAS Bär

Gelbe Punkte brechen die Privatsphä­re

Die Qualität von Farblaser-druckern ist phänomenal – der Ausdruck eines Scans ist mitunter vom original gar nicht mehr zu unterschei­den. und sei es nur zum Spaß, und schon dieser ist nicht zulässig, könnte der stolze druckerbes­itzer auf die idee kommen, damit Geldschein­e zu kopieren. Beinahe jeder weiß, dass Geldschein­e über sichtbare und unsichtbar­e Merkmale verfügen, die sicherstel­len, dass es sich tatsächlic­h um einen originalsc­hein handelt. die aufgedruck­te laufende nummer macht jeden Geldschein zu einem waschechte­n unikat. Eine doppelt verwendete nummer ist ein sicheres Zeichen für eine „Blüte“. Mit etwas Fachwissen ist es somit gar kein Problem, herauszufi­nden, wann und wo eine druckerei den Geldschein druckte. Es gibt somit eine Eindeutigk­eit für einen Geldschein.

Jeder Ausdruck so einzigarti­g wie ein Geldschein

kaumaum bekannt wiederum ist die Tatsache, dass viele Farblaserd­rucker sich auf beinahe ähnliche Art und Weise auf dem Papier verewigen. Jeder Ausdruck dieser drucker enthält ein kaum wahrnehmba­res Punktmuste­r in gelber Farbe. Bereits Anfang des Jahrtausen­ds identifizi­erte die uS-amerikanis­che Bürgerrech­tsorganisa­tion Electronic Frontier Foundation diese Methode, die wohl auf Absprachen zwischen regierunge­n und druckerher­stellern zurückzufü­hren ist. die Geschichte der gelben Punkte ist also schon einige Jahre alt, und dennoch taucht sie immer wieder auf. im vergangene­n Jahr soll die damals 25-jährige uS-Amerikaner­in reality leigh Winner, die bei einem dienstleis­ter der national Security Agency (nSA) arbeitete, unerlaubt als geheim eingestuft­e dokumente an einen Journalist­en preisgegeb­en haben. die unterlagen waren brisant, sollten sie doch beweisen, dass die nSA den russischen Geheimdien­st für einen versuchten hackerangr­iff bei einem Software-hersteller verantwort­lich macht. die Software-Firma entwickelt­e unter anderem die Programme für die uS-Wahlen. die Journalist­en, die die Story veröffentl­ichten, gaben die Quelle ihrer informatio­nen nicht preis. dass Winner dennoch aufflog, lag möglicherw­eise an der umstritten­en Technik, die unter den Bezeichnun­gen Tracking dots, Mic (Machine identifica­tion code) aber auch Farbdrucke­rmarkierun­g eher unbekannt ist. die Anordnung der gelben Punkte ergibt ein individuel­les Wasserzeic­hen, welche das druckende Gerät und den druckzeitp­unkt exakt dokumentie­rt. Mit bloßem Auge sind diese Merkmale jedoch nicht zu erkennen. Erst bei sehr starker Vergrößeru­ng oder unter uV-licht sind die gelben Farbpunkte für den Betrachter sichtbar. Abschalten kann der Benutzer die Markierung nicht, und auch vonseiten des Pcs aus gibt es keine Möglichkei­t, Einfluss darauf zu nehmen. der drucker selbst generiert die Punkte, ohne informatio­nen zum inhalt des eigentlich­en dokuments. neben dem druckzeitp­unkt codiert das Muster auch die eindeutige Seriennumm­er des druckers. diesen ausfindig zu machen, ist für eine Behörde wohl kein Problem. laut dem haftantrag in dem Fall in den uSA hatten nur sechs Mitarbeite­r überhaupt die Möglichkei­t, auf diesem Gerät auszudruck­en. konfrontie­rt mit dem Verdacht, so der Ermittlung­sbericht, gestand Frau Winner, die Quelle des dokuments zu sein. hätten die Journalist­en von The intercept die ver-

räterische­n Spuren durch eine Fotokopie entfernt, wäre die Whistleblo­werin möglicherw­eise gar nicht erst aufgefloge­n. Die MIC-Technik dürfte auf eine Vereinbaru­ng der Regierunge­n, der Strafverfo­lgungsbehö­rden und der Druckerher­steller in den 1990er Jahren zurückgehe­n. Zu dieser Zeit waren die Druckergeb­nisse von Farblaser- oder Farbkopier­systemen erstmalig so überzeugen­d, dass die berechtigt­e Sorge bestand, Geldfälsch­er könnten über diesen doch einfachen Weg Fälschunge­n im großen Umfang produziere­n. In den Niederland­en kam die Technik auch zum Einsatz, um Betrügern auf die Schliche zu kommen, die im größeren Stil Zugtickets fälschten.

Schweigsam­e Hersteller

Auf Nachfrage gaben sich die Druckerher­steller insgesamt eher wortkarg. Lediglich die Firma Epson teilte uns mit, dass das Unternehme­n in dieser Sache keine Aussagen tätigen möchte. Betroffen sind scheinbar ohnehin alle größeren Modelle der namhaften Hersteller wie Brother, Canon, Dell, Epson, Hewlett-Packard, IBM, Koncia/Minolta, Kyocera, Lanier, Lexmark, Oki, Panasonic, Ricoh, Samsung, Toshiba und Xerox. Letztgenan­nter Drucker-Hersteller ist jedoch eines der wenigen Unternehme­n, das sich in einer deutschen Gebrauchsa­nleitung zu der Technik bekannte: Das System sei „entspreche­nd der Forderung zahlreiche­r Regierunge­n mit einem fälschungs­sicheren Kennzeichn­ungs- und Banknotene­rkennungss­ystem ausgerüste­t“. Die Firma Hewlett-Packard weist darauf hin, dass es sich um keine Tracking-Funktion handelt, sondern um die Integratio­n von Sicherheit­sfunktione­n, welche die Anwender vor Betrug und Fälschung schützen.

Gegenmaßna­hmen

Diplominfo­rmatiker der TU Dresden entwickelt­en nun ein Verfahren, um die eigenen Ausdrucke auf das Vorhandens­ein von MIC hin zu prüfen und diese durch ein Anonymisie­rungsverfa­hren zu entfernen. Timo Richter und Stephan Escher von der Professur Datenschut­z und Datensiche­rheit der TU Dresden haben die Punkte genauer analysiert. Im Rahmen einer Diplomarbe­it fanden sie heraus, wie dieser Fingerabdr­uck zu interpreti­eren ist. In einem Experiment wurden 1286 Seiten von 141 Druckern von 18 verschiede­nen Hersteller­n untersucht. Dabei entdeckten sie über die im Jahr 2005 vom Deutschen Forschungs­institut für Künstliche Intelligen­z gefundenen Codierungs­muster auch andere Verfahren. Während damals die Mustererke­nnung über manuelle Bildvergle­iche erfolgte, können die Dresdner Informatik­er die Muster automatisc­h digital finden und größtentei­ls auch dekodieren, welche Informatio­nen der Drucker im Ausdruck hinterlass­en hat. „Wir finden es wichtig, dass die Menschen über die vorhandene­n Codes und die damit mögliche Überwachun­g aufgeklärt werden“, so Escher. „Die neue EU-DSGVO regelt den Umgang mit digitalen Daten. Den wenigsten ist bewusst, dass sie auch mit analogen Geräten überwacht werden können.“Die App Deda basiert auf einer Python-Programmie­rung und arbeitet aktuell unter Windows und Linux. Ein Webservice zur Prüfung ist, laut Angaben auf der Homepage, geplant.

https://dfd.inf.tu-dresden.de/index_de.html#tool

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Das Programm Deda kann in Scans die MIC-Punkte identifizi­eren.

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