„Ungefährlich ist das immer noch nicht“
Der BGH hat noch einmal bestätigt, dass ein Betreiber eines offenen WLANs nicht haftet, wenn über seinen Anschluss illegal getauscht wird. Er muss auch keine Abmahnkosten bezahlen, außer es handelt sich wie in dem vorligenden Fall um einen älteren nach alter Rechtslage. Allerdings kann er gezwungen werden, Tauschseiten zu sperren. Wolf Hosbach vom PC Magazin spricht mit Rechtsanwalt Christian Solmecke ( www.wbs-law.de) über die Konsequenzen für private WLAN-Anbieter.
Kann nun jeder – ob gewerblich oder privat – ein offenes WLAN betreiben und muss keine Abmahnungen oder Schadensersatzforderungen mehr fürchten?
Christian Solmecke: Nein, so ungefährlich ist das immer noch nicht. Denn es existiert weiterhin eine tatsächliche Vermutung dahingehend, dass der Anschlussinhaber auch Täter der Rechtsverletzung ist, wenn niemand anders den Anschluss nutzen konnte. Diese tatsächliche Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers kommt auch dann in Betracht, wenn der Internetanschluss - wie bei einem Familienanschluss - regelmäßig von mehreren Personen genutzt wird, so der BGH ausdrücklich in dieser Entscheidung. Diese Vermutung muss der WLAN-Betreiber immer erstmal entkräften, um einer Schadensersatzforderung zu entgehen.
Gibt es doch noch Fallstricke?
Solmecke: Ja, der Anschlussinhaber muss zumindest nachvollziehbar darlegen, dass andere Personen seinen Internetanschluss zur Tatzeit nutzen konnten oder gar die Urheberrechtsverletzung begangen haben. Erst dann kann er seinen Kopf aus der Schlinge ziehen.
Die Mehrheit unserer Leser betreibt nun kein offenes WLAN, sondern ein hoffentlich gut abgesichertes. Gelten hier die gleichen Regelungen?
Solmecke: Auch bei einem gesicherten WLAN besteht die oben erwähnte Vermu- tung. Auch diese WLAN-Betreiber müssen darlegen, dass es andere Nutzer gab. Wenn feststeht, dass ein anderer als der Anschlussinhaber die Rechtsverletzung begangen hat, haftet der Anschlussinhaber aber weder bei offenem noch bei gesichertem WLAN.
Wie sieht es aus, wenn Kinder oder Besucher des WLAN-Betreibers bei einem illegalen Download erwischt wurden?
Solmecke: Zunächst wird immer der Anschlussinhaber abgemahnt, da nur der Internetanschluss technisch über die IP-Adresse ermittelbar ist. Der Anschlussinhaber hat dann den Täter zu benennen, um eigene Haftung zu verhindern, sofern der Täter bekannt ist. Bei Kindern existieren weitergehende Belehrungs- und Überwachungspflichten – je nach Alter und Kenntnisstand des Kindes. Wer diesen nicht nachgekommen ist, kann immer noch haften. Bei Besuchern existieren derartige Verpflichtungen, aufzuklären, grundsätzlich nicht. Wenn nicht vorher konkrete Anhaltspunkte für eine bereits begangene oder bevorstehende Urheberrechtsverletzung vorhanden waren, ist der Inhaber eines Internetanschlusses nicht verpflichtet, volljährige Mitglieder seiner Wohngemeinschaft oder seine volljährigen Besucher und Gäste, denen er das Passwort für seinen Internetanschluss zur Verfügung stellt, über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Tauschbörsen aufzuklären und ihnen die rechtswidrige Nutzung entsprechender Programme zu untersagen.
Welche Nachweise muss der Abgemahnte führen, so dass er nicht als Störer gilt?
Solmecke: Es existiert hier kein Katalog oder Ähnliches. Die Voraussetzungen variieren von Gericht zu Gericht, da jedes Gericht nach freier Überzeugung entscheiden muss. Im Optimalfall hat man einen unterschriebenen und schriftlichen Nachweis, dass jemand anderes die Rechtsverletzung begangen hat (zum Beispiel Schuldanerkenntnis). Aber auch durch Zeugenaussagen oder beispielsweise E-Mails lässt sich die Täterschaft eines Dritten in ausreichendem Umfang nachweisen.
Bei einer Familie reicht dann der Nachweis, dass die Kinder zur Tatzeit Zugang zum WLAN hatten (zum Beispiel nachmittags, nach der Schule) und zuvor irgendwann belehrt wurden?
Solmecke: Hier greift die so genannte sekundäre Darlegungslast. Um dieser zu genügen, reicht es, wahrheitsgemäß zu sagen, dass die Kinder zur Tatzeit Zugang zum Anschluss hatten und zuvor ordnungsgemäß belehrt wurden – also die Nutzung illegaler Tauschbörsen verboten wurde. Diese sekundäre Darlegungslast bedeutet, dass man nicht beweisen muss, dass man es nicht war, sondern dass man dies nur nachvollziehbar schildern muss. Dann muss der Kläger beweisen, dass es der Anschlussinhaber selbst oder keiner der anderen war. Im Rahmen des Prozesses kann es allerdings hilfreich sein, wenn die eigenen Kinder unterschrieben haben, dass sie entsprechend belehrt wurden. Solche Vordrucke findet man im Internet, auch bei uns.
„ Bei Kindern existieren weitergehende Beleh- rungs- Überund wachungspflichten“Rechtsanwalt Christian Solmecke