PC Magazin

Maßgeschne­iderter PC im Eigenbau

Ein PC-System von der Stange wird die persönlich­en Anforderun­gen nie perfekt erfüllen. Wir zeigen Ihnen, wie Ihr individuel­ler Traum-PC aussehen muss.

- Manuel Masiero

Ein PC-System von der Stange wird Ihre persönlich­en Anforderun­gen niemals perfekt erfüllen. Wir zeigen Ihnen, wie Ihr individuel­ler traum-PC aussehen muss: Für Office, Multimedia, Videoschni­tt oder Gaming.

Welche PC-Komponente­n bringen bei einem Upgrade welche Mehrleistu­ng? Und zu welcher Hardware muss man greifen, um sich sein persönlich­es TopSystem aufzubauen? Um diese Fragen detaillier­t zu beantworte­n, haben wir sechs Testplattf­ormen aufgebaut, die jeweils stellvertr­etend für eine PC-Konfigurat­ion stehen. Grundlage des Ratgebers und Ausgangspu­nkt aller Messungen ist unser Basis-System oder System 1, dessen Einsatzzwe­ck sich am besten mit Günstiger Office-PC umschreibe­n lässt und das den preiswerte­sten Einstieg in den PC-Eigenbau repräsenti­eren soll.

Mit Upgrades nach Maß zum Traum-PC

Das Basissyste­m haben wir anschließe­nd Zug um Zug mit neuer Hardware ausgestatt­et und überprüft, was sie in der Praxis bringt. Die neuen PC-Zutaten sind stets performant­er als die zuvor verwendete­n, sodass die Systemleis­tung – und damit leider auch die Kosten für das Gesamtsyst­em – kontinuier­lich steigen. Durch die Hardware-Upgrades verwandelt sich das System 1 nach und nach in die Testsystem­e 2 bis 5 (Details auf Seite 52), die ebenfalls ein bestimmtes Einsatzgeb­iet beziehungs­weise Leistungsn­iveau darstellen sollen. Aufsteigen­d nach ihren Gesamtkost­en respektive ihrer Leistung sind das: Guter Office-PC (System 2), Allround-PC (System 3), Gaming-Einsteiger-PC (System 4) und der Gaming-PC (System 5). Am Ende der UpgradeEvo­lution steht System 6, der High-end-PC, ausgestatt­et mit der besten und teuersten Hardware. Die Preise beginnen bei 470 Euro für das Basissyste­m und steigen am anderen Ende des Performanc­e-Spektrums auf etwas mehr als 1500 Euro für das System 6. Die Kosten sollte man jedoch nur als Orientieru­ngshilfe für den Eigenbau verstehen, da sie abhängig vom individuel­len System deutlich nach oben oder unten abweichen können. Damit die einzelnen Systeme trotz neuer Hardware vergleichb­ar bleiben, erfolgen die Upgrades in kleinen Schritten. In der Regel haben wir nur ein oder zwei System-Bausteine ausgetausc­ht, also etwa eine neue Grafikkart­e eingebaut oder dem Rechner mehr RAM spendiert. Den größten Upgrade-Sprung machen wir bei der letzten Ausbaustuf­e, dem High-end-PC, indem mit Mainboard, CPU, RAM und NVMe-SSD gleich vier neue Elemente kommen.

Ältere PC-Komponente­n weiter nutzen

Bei den Upgrades liegt der Fokus auf den fünf PC-Komponente­n Mainboard, CPU, RAM, Grafikkart­e und Massenspei­cher. Natürlich sind andere PC-Bausteine für das neue System mindestens genauso wichtig. Im Idealfall bekommt man sie aber zum Nulltarif, weil sie bereits im alten PC stecken. Das sind beispielsw­eise das Rechner-

Gehäuse, das optische Laufwerk sowie das Netzteil. Speziell beim Netzteil muss man darauf achten, ob es sich für das neue System eignet. Um aktuelle CPUs und Grafikkart­en befeuern zu können, muss es einen 20+4-Pin-ATX-Stecker für das Mainboard sowie einen 8-Pin- oder zwei 4-Pin-Anschlüsse für die Stromverso­rgung der CPU mitbringen. Dazu kommen PCIe-Stromsteck­er mit sechs oder acht Pins für die Grafikkart­e. Leistungsh­ungrige Exemplare, wie etwa die Nvidia GeForce GTX 1080, benötigen mitunter zwei 8-polige Stecker. Hinsichtli­ch seiner Leistung darf das Netzteil nicht zu klein dimensioni­ert sein. Während ein Office-PC ohne Gaming-Ambitionen bereits über ein 300-Watt-Netzteil mit ausreichen­d Strom versorgt wird, verlangt ein Spiele-System deutlich mehr WattReserv­en. Nvidia empfiehlt für seine Highend-GPUs ein 650-Watt-Netzteil, AMD sogar ein 750-Watt-Netzteil.

Vorteil AMD: Ein Sockel für alle CPUs

Geht es um die Skalierbar­keit eines PC-Systems, hat AMD derzeit die Nase vorne, weshalb wir für die Testsystem­e durchgehen­d zu AMD-Mainboards beziehungs­weise deren aktuellen Sockel AM4 gegriffen haben. Hintergrun­d: Wer einen älteren Intel-Rechner mit neuer Hardware bestücken will, läuft Gefahr, in die Upgrade-Falle zu tappen. Für seine aktuelle achte Prozessorg­eneration mit der Coffee-Lake-Mikroarchi­tektur hält der Intel am Sockel LGA 1151 fest, den bereits die CPUs der älteren Kaby-Lakeund Skylake-Mikroarchi­tekturen nutzen. Allerdings ist Coffee Lake elektronis­ch zu beiden inkompatib­el. Deshalb startet eine Coffee-Lake-CPU nur auf einem Mainboard mit 300er-, nicht aber mit 200er-Chipsatz (Kaby Lake, Skylake). Achtgeben müssen Käufer auch im umgekehrte­n Fall, denn in Mainboards mit 300er-Chipsatz laufen keine Kaby-Lake- und Skylake-CPUs. Zurück zu AMD: Hier ist eine Sockel-Verwirrung nach Intel-Art ausgeschlo­ssen, weil alle auf der Zen-Mikroarchi­tektur basierten CPUs nicht nur den gleichen Sockel AM4 verwenden, sondern auch ohne Probleme darauf starten. Damit könnte man theoretisc­h ein System von der kleinsten bis zur leistungss­tärksten AMD-CPU immer neu aufrüsten, ohne jemals die Hauptplati­ne wechseln zu müssen, also etwa eine Low-Budget-CPU wie den Ryzen 3 2200G (rund 95 Euro) durch das Topmodell Ryzen 7 2700X (330 Euro) austausche­n, das auch im Testsystem 6 zum Einsatz kommt. Natürlich hätten wir die Testsystem­e mit Intel- CPUs aufsetzen können – dann wären sie aber teurer geworden. Mit Prozessore­n der Coffee-Lake-Mikroarchi­tektur würde die Konfigurat­ion so aussehen: Der Intel Core i5-8500 (220 Euro) zieht leistungsm­äßig etwa mit dem im System 1 bis 3 eingesetzt­en AMD Ryzen 5 1500X (140 Euro) gleich. Die AMD-CPUs Ryzen 7 1800X und Ryzen 7 2700X (240 respektive 330 Euro) der Systeme 4 bis 6 könnte man durch den Intel Core i7-8700K (420 Euro) ersetzen.

Vorteil Intel: stets integriert­e Grafik

Systeme auf Intel-Basis haben AMD dafür den integriert­en Grafikbesc­hleuniger voraus. In allen CPUs mit Coffee-Lake-Mikroarchi­tektur sitzt der Intel UHD Graphics. Bei den Kaby-Lake- und Skylake-CPUs gehören integriert­e GPUs ebenfalls zur Standardau­sstattung. Bei AMD verfügen Ryzen- und künftig auch Athlon-Prozessore­n mit dem Codenamen Raven Ridge über einen integriert­en Grafikproz­essor aus der AMD RX Vega-Serie. AMD bezeichnet diese Kombinatio­n nicht als GPU, sondern als APU (Accelerate­d Processing Unit). Mit einer dedizierte­n Grafikkart­e kann keine der in den AMD- und Intel-CPUs integriert­en Grafikproz­essoren mithalten, doch für grafisch einfache Spiele reicht ihre Leistung aus.

Benchmarks

Um die Leistung der Systeme 1 bis 6 detaillier­t analysiere­n zu können, haben wir sie durch einen langen Testparcou­rs geschickt. Bei der ersten Prüfung geht es um die 3DPerforma­nce von Grafikkart­e und CPU. Sie analysiere­n wir mit dem OpenGL-Test von Cinebench 15 sowie mit den Testszenar­ien Fire Strike (DirectX 11) und Time Spy (DirectX 12) von 3DMark, der Referenz unter den Grafikbenc­hmarks. Wie schnell der Prozessor läuft, zeigt zum einen der CPUBenchma­rk von Cinebench 15, indem er eine fotorealis­tische Szene berechnet und dabei alle Prozessor-Threads ausnutzt. Zweiter CPU-Benchmark ist das OpenSource-Tool Handbrake, das wir ein 4KVideo in das Full-HD-Format umrechnen lassen. Dann folgt der System-Benchmark PCMark 10, der die Leistung des Gesamtsyst­ems in einer Punktzahl zusammenfa­sst. Den sequenziel­len und 4-KB-Datendurch­satz des Massenspei­chers liefert AS-SSD, während der JavaScript-Benchmark Google Octane 2.0 misst, wie flott der Browser Webseiten lädt. Zu guter Letzt stoppen wir mit, wie lange jedes System zum Booten benötigt. Dabei nehmen wir die Zeit vom BIOSScreen bis zum Erscheinen des WindowsDes­ktop.

System 1, Günstiger Office-PC: Fast 200 Euro Sparpotenz­ial

Unser Office-PC ist streng genommen schon so etwas wie ein Deluxe-Office-PC. Mit dem Mini-ATX-Mainboard MSI B350I PRO AC und dem 4 GByte großen RAM-Modul PNY An-

archy setzt er auf günstige Standard-Hardware und bietet rund um Word, Excel, Websurfen und Youtube mehr als ausreichen­d Leistung. Warum also Deluxe? Die Festplatte (Seagate NAS HDD 1 TB), die Grafikkart­e (Nvidia GeForce GTX 1050) und die CPU (Ryzen 5 1500X) sind für sein Einsatzgeb­iet eigentlich überdimens­ioniert und können daher ohne weiteres auch durch günstigere Alternativ­en ersetzt werden, ohne dass sich dadurch die Systemleis­tung nennenswer­t verschlech­tert. Statt der NAS-Festplatte tut es auch eine Standard-HDD, die bei gleicher Kapazität rund 10 Euro weniger kostet. Noch deutlich mehr sparen kann man bei der CPU: Ersetzt man den Ryzen 5 1500X durch eine AMD-APU mit integriert­er GPU, etwa den Ryzen 3 2200G (rund 95 Euro), wird keine zusätzlich­e Grafikkart­e mehr benötigt. Statt 470 Euro für das Office-System zu bezahlen, würden sich die Kosten durch die neue Festplatte und CPU auf sparsame 285 Euro reduzieren.

System 2, Guter Office-PC: SSD-Upgrade mit großer Wirkung

Um spürbar mehr Systemleis­tung zu erhalten, braucht es nicht unbedingt ein großes Update. Der kleine Eingriff, der System 1 in System 2 verwandelt, ist ein Upgrade-Klassiker: Das System 2 läuft mit einer SSD statt einer Festplatte, was in unserem Fall Mehrkosten von 120 Euro bedeutet; allerdings nur deshalb, weil wir eine 1-TByte-SSD verwendet haben. In der 250-GByte-Version wäre sie kaum teurer als die HDD gewesen. Geht es nur darum, überhaupt eine SSD ins System einzubauen, bieten sich 120-GByteLaufw­erke an, die es schon für weniger als 30 Euro gibt. Das SSD-Upgrade hat trotz sehr überschaub­arer Investitio­nskosten große Wirkung: Gegenüber dem System 1 verkürzen sich beim System 2 die Ladezeiten immens – die Bootzeit halbiert sich sogar –, und der Rechner wird insgesamt deutlich reaktionss­chneller. Durch das nun schnellere Gesamtsyst­em steigt die Punktzahl bei PCMark 10 von 3821 auf 4319 Zähler.

System 3, Allround-PC: Mehr RAM beschleuni­gt Windows

Was passiert, wenn man dem PC mehr RAM spendiert? Der Sprung von System 2 auf System 3 zeigt das sehr schön. Nachdem wir den Arbeitsspe­icher mit einem weiteren PNY Anarchy RAM-Modul von 4 auf 8 GByte verdoppelt haben, reagiert Windows 10 nochmals etwas flüssiger. Deutlich wird das am Beispiel des CPU-Benchmarks Handbrake, der ein 4K-Video konvertier­t.

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Klassenunt­erschied: Beim Full-HD-Benchmark 3DMark Fire Strike erzielt das System 1 (links, 6308 Punkte) im Mittel nicht mehr als 30 fps. Jeweils fast dreimal so viel sind es beim High-end-System 6 (rechts).
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Vierstelli­ger Datendurch­satz: NVMe-SSDs, wie die im platzspare­nden M.2-Format gehaltene WD Black 1 TB, sind wegen ihrer PCIe-Anbindung wesentlich schneller als SATA-SSDs.

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