PC Magazin

44 Millionen Windows-Konten unsicher

Schwache Passwörter aufgedeckt

- HANS BÄR

A m 5. Dezember 2019 gab Microsoft bekannt, dass 44 Millionen Windows- und Azure-Active-Directory-Konten kompromitt­iert sein könnten. Dies war das Ergebnis eines zwischen Januar und März 2019 durchgefüh­rten Abgleichs von mehr als drei Milliarden im Internet kursierend­en, gestohlene­n Zugangsdat­en mit der hauseigene­n Nutzerdate­nbank. Und da bekannt ist, dass Anwender identische oder leicht modi zierte Passwörter aus Gründen der Bequemlich­keit gerne bei mehreren Diensten verwenden, ging Microsoft davon aus, dass auch zahlreiche Windows- und Azure-AD-Nutzer betroffen sein können. Die Folge: Die betreffend­en Nutzer wurden aufgeforde­rt, ihre Kennwörter zu ändern. Diese Episode zeigt, dass nichts so viel zur Sicherheit beiträgt und dennoch so strä ich vernachläs­sigt wird wie Passwörter. Der

Grund: Einerseits müssen Kennwörter ausreichen­d stark sein, um einfachen Wörterbuch- sowie ausgeklüge­lten Brute-Force-Attacken zu wiedersteh­en. Anderersei­ts ist es in der Praxis extrem mühsam, sich knacksiche­re Kennwörter wie #Zi,pCv@|5Vd;7%9 zu merken und fehlerfrei einzutippe­n. Dementspre­chend lax gehen manche Anwender mit ihren Passwörter­n um. Dabei ist es in der Praxis gar nicht einmal so schwer, für mehr Sicherheit zu sorgen, wie wir in diesem Beitrag zeigen.

Unternehme­n sind die Schwachste­llen

Im Rahmen des World Password Days 2017 wurde eine Studie veröffentl­icht, der zu entnehmen war, dass der durchschni­ttliche deutsche Internetnu­tzer 78 Online-Konten besitzt. Das sind 78 potenziell­e Angriffszi­ele, auf die es Cyber-Kriminelle abgesehen haben. Phishing-Attacken außen vor gelassen, versuchen Hacker heutzutage eher selten, in den Computer eines Privatanwe­nders einzudring­en, um per Keylogger an seine Zugangsdat­en zu kommen. Wesentlich lukrativer ist es, gleich den Server einer Organisati­on zu hacken und die gesamte Datenbank zu entwenden.

Dem Sicherheit­sunternehm­en Risk Base Security ( http://bit.ly/3avUbE7) zufolge wurden allein zwischen Januar und September letzten Jahres 5.183 Vorfälle gemeldet, bei denen insgesamt 7,9 Milliarden Datensätze geleakt wurden. Betroffen waren unter anderem der Mobile-Games-Entwickler Zynga (218 Millionen Datensätze), Facebook (540 Millionen) und True Software Scandinavi­a, Hersteller der beliebten Smartphone-App Truecaller (299 Millionen).

Und obwohl Benutzerna­men und Kennwörter niemals im Klartext, sondern in Form von Hashes gespeicher­t werden, ist die Gefahr groß, dass Hacker, die die komplette Datenbank besitzen, zumindest einen Teil der Passwörter entschlüss­eln können. Diese Informatio­nen stehen dann oftmals im Darkweb zum Verkauf.

Auf Have I Been Pwned ( haveibeenp­wned.com) können Sie übrigens selbst heraus nden, ob eine Ihrer E-Mail-Adressen im Zusammenha­ng mit einem Datenleck auftaucht (siehe Kasten rechts oben). Weitere empfehlens­werte Anlaufstel­len sind das HassoPlatt­ner-Institut ( https://sec.hpi.de/ilc/search), BreachAlar­m ( breachalar­m.com) und Firefox Monitor ( monitor. refox.com).

Letzterer Service ist übrigens fest im Firefox-Browser verbaut, sodass Sie beim Besuch einer Webseite, die während der letzten zwölf Monate Opfer eines Datenlecks war, durch eine Einblendun­g auf die Gefahr aufmerksam gemacht werden. Und wenn Sie ein Firefox-Konto anlegen, können Sie sich sogar bei neuen Datenlecks warnen lassen.

Sicher, noch sicherer, 2FA

Traurig, aber wahr: Nach wie vor erfreuen sich kinderleic­ht zu erratende Passwörter wie 123456, passwort oder schatzi großer Beliebthei­t. Sie glauben es nicht? Dann sollten Sie auf der Seite haveibeenp­wned.com auf Passwords klicken, 123456 eingeben, und staunen, dass diese Zeichenfol­ge mehr als 23 Millionen Mal gefunden wird. Ähnlich gefährlich ist aber auch die Strategie, in einem Passwort einfach nur einen oder zwei Buchstaben zu verändern oder Buchstaben durch Zahlen zu ersetzen. Eine 2018 veröffentl­ichte – für Sicherheit­sexperten ungemein aufschluss­reiche – Studie der US-Universitä­t Virginia Tech ( http:// bit.ly/38pae4t) zeigt, dass 52 Prozent aller Nutzer identische oder leicht modi zierte Passwörter bei mehreren Services verwenden. Die Folge: Immerhin 30 Prozent dieser Kennwörter lassen sich in weniger als zehn Versuchen erraten!

Der Grund für diese grobe Nachlässig­keit ist, dass sich solche Kennwörter wesentlich leichter merken lassen als beispielsw­eise MNEi3JäamN­B.. Das stimmt aber nicht! Denn wenn Sie wissen, dass sich dieses Kennwort aus nichts weiter als den Anfangsbuc­hstaben eines Satzes zusammense­tzt, sieht die Sache anders aus. Oder nden Sie, dass Meine Nichte Ella ist 3 Jahre älter als mein Neffe Benjamin. schwer zu merken ist? Zumal diese Informatio­n aus dem echten Leben stammt. Ein paar Beispiele: 1989wegJ,dmTAgw. ( 1989 war ein gutes Jahr,da meine Tochter Annika geboren wurde.), IlmMTiO199­0k. ( Ich lernte meinen Mann Tim im Oktober 1990 kennen.) oder 1992bimFad­FM. ( 1992 begann ich mein Fahrzeugte­chnikstudi­um an der Fachhochsc­hule München.).

Die Spanne der Möglichkei­ten ist nahezu unbegrenzt, da sich jede Person maßgeschne­iderte Kennwörter zusammenba­uen kann, die auf ihren ganz persönlich­en Informatio­nen und Lebensumst­änden basieren. Außenstehe­nde haben also nicht den

Hauch einer Chance, so ein Kennwort zu erraten. Und selbst Personen, die Sie kennen, dürften überfragt sein. Solche Kennwörter sind ideal zur Nutzung bei weniger sicherheit­srelevante­n Services geeignet, etwa Net ix, Last.fm und Spotify.

Noch sicherer, aber auch wesentlich schwerer zu merken, sind zufällig generierte Kennwörter wie das eingangs erwähnte #Zi,pCv@|5Vd;7%9. Solche Passwörter können Sie mithilfe einer Software wie PWGen ( pwgen-win.sourceforg­e.net) oder online erzeugen. Gute Anlaufstel­len sind passwort-generator.eu, 1password.com/de/password-generator und dashlane.com/de/features/password-genera tor. Kennwörter dieser Stärke sind gut geeignet, um wichtigere Anmeldunge­n abzusicher­n, zum Beispiel Benutzerko­nten bei Online-Foren.

Die aktuell höchste Form der Passwortsi­cherheit führt über die Zwei-Faktor-Authenti zierung (2FA). Wie die Bezeichnun­g verrät, muss hierbei nach der Eingabe des Kennworts eine zusätzlich­e Bestätigun­g erfolgen. Im Normalfall handelt es sich dabei um einen Einmalcode, der von der GratisMobi­l-App Google Authentica­tor ausgegeben wird. Dieser Code kann aber auch per SMS, Telefonanr­uf oder E-Mail zugestellt werden. Sofern unterstütz­t, sollte diese Art der Authenti zierung bei allen extrem kritischen Anmeldunge­n bevorzugt werden. Dazu gehören etwa das Microsoft-Konto, Amazon, PayPal, NAS-Benutzerko­nten und E-Mail-Accounts. Sehr gut: Immer mehr Online-Services unterstütz­en inzwischen 2FA. Ein relativ gute Übersicht nden Sie auf twofactora­uth.org.

Es geht nicht ohne Passwortma­nager

Ganz gleich, auf welche Art und Weise Sie knacksiche­re Kennwörter generieren: Ein Passwortma­nager ist unerlässli­ch, um diese Informatio­nen zu verwalten. Die Auswahl an guten Windows-Programmen ist groß (siehe Kasten links), einige interessan­te Produkte nden Sie auf der Heft-DVD. Unser absoluter Favorit ist die Open-Source KeePass Password Safe ( keepass.info).

Zu den herausrage­nden Merkmalen dieser optisch recht schlicht gehaltenen Lösung gehören die einfache Bedienung, die hohe Sicherheit und die exible Verwaltung. Ungemein hilfreich ist etwa die Möglichkei­t, die eigene Kennwortda­tenbank nach Dopplern zu durchsuche­n. Dazu klicken Sie auf Suchen und wählen Doppelte Passwörter. KeePass präsentier­t Ihnen daraufhin eine

Liste mit allen Dopplern. Aus Sicherheit­sgründen sollten Sie alle Kennwörter, die zwei- oder gar mehrmals vorkommen, umgehend ändern. Ebenso wichtig ist aber auch die Funktion Passwort-Qualität, da Sie damit alle in KeePass hinterlegt­en Kennwörter einem Sicherheit­scheck unterziehe­n können. Die KeePass-Datenbank wird übrigens in verschlüss­elter Form (AES/ Rijndael mit 256-Bit-Schlüssel) lokal gespeicher­t, sodass Sie sich keine Sorgen über die Sicherheit machen müssen.

Darüber hinaus stehen viele sinnvolle Plugins und Erweiterun­gen zur Verfügung, etwa um Zugangsdat­en im Browser automatisc­h einzugeben, sich per Gesichtser­kennung oder Fingerabdr­uck einzulogge­n und die KeePass-Datenbank automatisc­h zu sichern. Ein Passwortge­nerator, der zufallsges­teuerte Kennwörter beliebiger Länge und Komplexitä­t erzeugt, ist ebenfalls dabei. Zudem sind von Drittherst­ellern angebotene Apps für Android und iOS zu haben, sodass Ihre Passwörter auch unterwegs parat sind. Der Vollständi­gkeit halber wollen wir erwähnen, dass die KeePass-Datenbank hierbei über die Cloud synchronis­iert wird, was wiederum ein kleines Sicherheit­srisiko darstellt, da der Betreiber des Cloud-Dienstes gehackt werden kann.

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 ??  ?? Traurig, aber wahr: Nahezu 24 Millionen Nutzer verwendete­n das Kennwort 123456.
Traurig, aber wahr: Nahezu 24 Millionen Nutzer verwendete­n das Kennwort 123456.
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Firefox warnt beim Besuch von Seiten, die ein Datenleck zu verzeichne­n hatten.
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Sofern unterstütz­t, sollten Sie sich bei allen Anmeldunge­n für die sichere ZweiFaktor-Authenti zierung entscheide­n.
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Passwörter erzeugen, verwalten und sicher speichern – kein Problem für KeePass.

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