Virtualisieren mit der NAS
Betriebssysteme im Netzwerk
A m 14. Januar 2020 hat Microsoft den Windows-7-Support endgültig eingestellt. Dies bedeutet, dass weder Sicherheits- noch Funktions-Updates zur Verfügung gestellt werden, sodass die Nutzung des betagten Betriebssystems ein Risiko darstellt. PC-Anwender, die dennoch nicht auf Windows 7 verzichten wollen, können das Betriebssystem in einer virtuellen Maschine (VM) laufen lassen. Gleiches gilt aber auch für Anwender, die wissen möchten, was das nächste große Windows10-Update bringt oder die einen Blick auf eine neue Linux-Distribution werfen wollen. Dazu benötigen sie lediglich die Gratis-Lösung Virtualbox ( virtualbox.org) und ein Installationsmedium. In der Praxis hat diese Methode jedoch zwei Nachteile: Zum einen minimiert jede laufende VM die zur Verfügung stehenden Ressourcen, zum anderen ist das virtualisierte Betriebssystem nur dann einsatzbereit, wenn der PC läuft. Eine gute Alternative in Sachen Virtualisierung stellen NAS-Systeme dar, da diese
Geräte rund um die Uhr in Betrieb sind. Anstatt also seinen PC einzuschalten, das Hochfahren abzuwarten, die bevorzugte Virtualisierungsumgebung zu starten und dann die VM zu initialisieren, loggen Sie sich mittels Browser, der App Remotedesktopverbindung oder einem VNC-Client (siehe Kasten) an der VM ein. Der zweite Vorteil ist der immense Speicherplatz, den NASSysteme bieten. Sie müssen sich beim Arbeiten mit virtualisierten Betriebssystemen also niemals Sorgen machen, dass der Spei
cherplatz knapp wird, was insbesondere beim Anlegen von Snapshots eine nicht unerhebliche Rolle spielt. Wir erklären, welche Möglichkeiten es im Zusammenhang mit der NAS-Virtualisierung gibt, informieren über die potenziellen Probleme und zeigen, wie es in der Praxis geht.
Sehr hohe Systemanforderungen
Auch wenn moderne NAS-Systeme inzwischen auch im Small-Business-Bereich traditionellen Servern den Rang ablaufen, lässt die Hardwareausstattung – insbesondere im Vergleich zu Desktop-PCs – zu wünschen übrig. Einzelne Modelle anderer Hersteller außen vor gelassen, eignen sich nur ausgewählte NAS-Systeme von Asustor ( asustor. com), Qnap ( qnap.com) und Synology ( synology. com) zur Virtualisierung. Diese Geräte müssen mit einem Intel- oder AMD-Prozessor ausgestattet sein, der die herstellereigenen Virtualisierungstechnologien VT-X respektive AMD-V unterstützt. Qnap listet auf qnap. com/solution/virtualization-station-3/de-de/ alle Modelle auf, welche die Virtualisierung unterstützen. Synology und Asustor stellen unter synology.com/de-de/dsm/packages/Virtuali
zation und asustor.com/app_central Listen aller NAS-Systeme bereit, auf denen sich Virtualisierungs-Apps installieren lassen.
Darüber hinaus sollte das Gerät über mindestens 4 GByte Arbeitsspeicher verfügen. Das Problem hierbei ist, dass ein Großteil aller Consumer-NAS-Systeme mit 2 GByte RAM ausgeliefert wird. Das ist viel zu wenig, um ein Betriebssystem zu virtualisieren, da allein schon das NAS-eigene OS einen Großteil des Arbeitsspeichers in Anspruch nimmt. So stehen etwa auf einer Synology DS218+ mit 2 GByte Arbeitsspeicher lediglich 272 MB RAM für das Gastbetriebssystem zur Verfügung. Damit geben sich höchstens noch Windows XP und die eine oder andere schlanke Linux-Distribution zufrieden.
Es geht nicht ohne RAM-Upgrade
Zwei Wege stehen offen, um an mehr RAM zu gelangen: Sie entscheiden sich von vornherein für ein Modell mit mehr RAM, oder Sie erweitern den Arbeitsspeicher in Eigenregie, was die günstigere Variante ist. Kostet etwa das nach wie vor sehr beliebte Qnap-Modell TS-251+ – ohne HDDs – mit 2
GByte RAM rund 370 Euro, müssen Sie für das gleiche Gerät mit 8 GByte RAM knapp 490 Euro ausgeben. Der passende Arbeitsspeicher, etwa zwei Kingston-KVR16LS11/4Module, schlägt mit rund 40 Euro zu Buche – Sie sparen also 80 Euro. Der Einbau ist nicht kompliziert, wie der Mini-Workshop auf der nächsten Seite zeigt. Allerdings geht dadurch die Herstellergarantie verloren! Ähnlich einfach lassen sich aber auch die NAS-Systeme Synology DS218+/418+ und Asustor AS6302T aufrüsten. Auf YouTube nden sich unzählige Videos, die zeigen, wie Sie beim Austausch des Arbeitsspeichers vorgehen müssen.
Welche NAS-Modelle sich überhaupt aufrüsten lassen, lesen Sie auf den SupportSeiten der Hersteller. Aber auch die herstellerunabhängigen Foren synology-forum. de/forum.html für Synology-Geräte und forum. qnapclub.de für NAS-Systeme des Herstellers Qnap stellen hervorragende Informationsquellen dar. Alternativ nutzen Sie eine Google-Suche. Verwenden Sie hierbei als Suchbegriff die exakte Modellbezeichnung Ihres NAS-Systems und den Zusatz RAM-Aufrüstung beziehungsweise RAM
Upgrade. Weitere gute Anlaufstellen sind die Kundenfragen und -antworten auf den jeweiligen Amazon-Produktdetailseiten.
Asustor: Virtualisierung mit Virtualbox
Wir verwenden das Asustor-Gerät AS6302T mit 2 GByte RAM und dem ADM-Betriebssystem 3.4.6.RCO3, um Linux Mint 19.3 zu virtualisieren. Öffnen Sie das Asustor-App Repository App Central, klicken Sie in der linken Spalte auf Kategorien, wählen Sie Virtualisierung, und spielen Sie VirtualBox und VirtualBox Extension Pack ein. Starten Sie VirtualBox, und loggen Sie sich im daraufhin geöffneten Webinterface mit den Standardzugangsdaten admin/admin ein. Anschließend klicken Sie auf File, wählen Preferences, markieren Language, entscheiden sich für Deutsch und bestätigen mit OK, um die deutschsprachige Bedienober äche zu aktivieren. Klicken Sie anschließend erst auf Datei, dann auf Einstellungen, wählen Sie im Bereich Allgemein bei Voreingestellter Pfad für VMs das gewünschte Verzeichnis aus, und sichern Sie die Änderungen mit OK. Per Klick auf Neu starten Sie den Virtualbox-Assistenten, der Sie beim Einrichten einer VM unterstützt. Mit Erzeugen legen Sie die VM an. Klicken Sie den Eintrag in der linken Spalte mit der rechten Maustaste an, wählen Sie Ändern, und entscheiden Sie sich für An
zeige. Im Register Fernsteuerung geben Sie bei Net Address die lokale IP-Adresse des NAS-Systems ein und bestätigen mit OK. In diesem Dialog können Sie übrigens auch den Port, über den die Remoteverbindung abgewickelt wird, anpassen.
Nach einem Klick auf Starten, werden Sie aufgefordert, das Medium für den Start auszuwählen. Geben Sie den Pfad zur ImageDatei an, und klicken Sie auf Starten. Anschließend fährt die VM hoch. Das kleine Vorschaubild informiert über den aktuellen Status. Öffnen Sie die Windows-10-Anwendung Remotedesktopverbindung, geben Sie die IP-Adresse des NAS-Systems ein, und klicken Sie auf Verbinden. Nun können Sie das virtualisierte OS wie gewohnt installieren. Nach Abschluss der Installation spielen Sie über Ändern und Install Guest Additions die Gasterweiterungen ein.
Qnap: Virtualisierung mit Virtualization Station
Am Beispiel des Qnap-NAS-Systems TS251+ mit dem Betriebssystem QTS 4.4.1.1146 und 8 GByte RAM zeigen wir, wie sich Betriebssysteme mit Virtualization Station virtualisieren lassen. Öffnen Sie das App Center, installieren Sie Virtualization Station, und starten Sie die App. Klicken Sie auf VM erstellen, geben Sie die geforderten Informationen ein, und legen Sie fest, welche Ressourcen Sie der VM zuweisen wollen. Klicken Sie neben CD-Abbild auf Durchsuchen, und wählen Sie die Image-Datei aus, etwa von Windows 7 Ultimate. Den Speicherort der VM legen Sie fest, indem Sie neben Festplattenposition auf Durchsuchen klicken und den Ordner auswählen. Legen Sie bei HDD Speicher die Größe der virtuellen Festplatte fest, und sichern Sie die Änderungen mit OK und Erstellen. Per Klick auf Starten aktivieren Sie die neue VM. Klicken Sie die kleine Vorschaugra k an, um die Virtualization-Station-Konsole in einem neuen Browserfenster zu öffnen, wo Sie das Betriebssystem wie gewohnt installieren können. Sollte die Darstellungsqualität zu
wünschen übrig lassen, klicken Sie links unten auf das Dreistrichmenü, wählen Anzeigequalität und dort Mittel oder Hoch. Ratsam ist es, auch die Gasterweiterungen einzuspielen. Hierzu wechseln Sie zu den Einstellungen einer VM, klicken neben CD/ DVD-ROM auf Guest-Tools-CD einstecken und installieren die Erweiterungen in der virtuellen Maschine.
Direkt aus Virtualization Station heraus lassen sich von Microsoft zur Verfügung gestellte VMs laden. Dazu klicken Sie auf Kostenlose Windows-VM testen, wählen die gewünschte Browser-Betriebssystem-Kombination aus und folgen den Anweisungen. Diese virtuellen Maschinen lassen sich 90 Tage lang nutzen.
Synology: Virtualisierung mit Virtual Machine Manager
Wir nutzen das auf 16 GByte RAM aufgerüstete Synology-Modell DS218+, auf dem das Betriebssystem DSM 6.2.2-24922 Update 4 läuft, um Windows 7 Ultimate zu virtualisieren. Installieren Sie aus dem Paketzentrum Virtual Machine Manager, und starten Sie die App. Im Bereich Virtuelle Maschine klicken Sie auf die Schalt äche Erstellen und folgen den Anweisungen des Assistenten, um CPU-Kerne, RAM und Speicherplatz zu kon gurieren. Im Dialog Andere Einstellungen geben Sie bei ISO-Datei für Systemstart nach einem Klick auf Durchsuchen den Pfad zur Image-Datei an. Mit Erstellen legen Sie die virtuelle Maschine an. Markieren Sie die neue VM, und klicken Sie erst auf Einschalten, dann auf Verbinden. In der daraufhin in einem neuen Browserfenster geöffneten Konsole spielen Sie das Betriebssystem wie gewohnt ein. Per Klick auf das links platzierte Symbol öffnen Sie die Kontrollleiste, um auf weiterführende Funktionen zuzugreifen. Nicht vergessen dürfen Sie, die Gasterweiterungen zu installieren. Diese werden bei der Assistenten-gestützten Einrichtung einer neuen VM automatisch als zusätzliche ISO-Datei eingebunden, sodass sie im virtualisierten Betriebssystem zur Verfügung stehen.
Anwendungsvirtualisierung mit Docker
Ebenfalls von Asustor, Qnap und Synology unterstützt wird die Anwendungsvirtualisierung. Docker, der Quasi-Standard, steht auf ausgewählten NAS-Systemen von Asustor und Synology zur Verfügung. Qnap bietet mit Container Station eine hauseigene Lösung an, die sowohl Docker- als auch LXC-Container unterstützt. Aktuell stehen im Docker-Hub ( hub.docker.com) knapp drei Millionen Container zur Auswahl.
Die grundlegende Vorgehensweise: Nach der Installation von Docker oder Container Station laden Sie direkt aus der App heraus vorgefertigte Container herunter, zum Beispiel Nextcloud, und starten sie. Der Clou: Diese Container umfassen alle Komponenten, die zur Nutzung der Anwendung erforderlich sind. Auf diese Weise lassen sich auch solche Anwendungen auf NASSystemen nutzen, die in den Herstellereigenen App-Stores nicht angeboten werden. Darüber hinaus sind die Container vom NAS-Betriebssystem isoliert, sodass keine Gefahr besteht, dass ein Update des NAS-Betriebssystems negative Auswirkungen auf die Docker-Apps hat. Allerdings kann die Kon guration, etwa die Portzuweisung und die Einbindung von Datenbanken, recht aufwändig sein. Drei interessante Docker-Apps stellen wir im Kasten oben vor.
Fazit
Sofern ein leistungsfähiges NAS-System mit ausreichend Arbeitsspeicher zur Verfügung steht, macht die Virtualisierung auf dem Netzwerkspeicher durchaus Sinn. Die beiden wichtigsten Argumente, die ganz klar für die NAS-Virtualisierung sprechen: uneingeschränkte Verfügbarkeit der VMs und enorm hoher Speicherplatz. In der täglichen Praxis hinterlassen die proprietären Virtualisierungslösungen von Qnap und Synology den besten Eindruck, da sie – trotz der Funktionsvielfalt – einfach zu bedienen sind und stabil laufen. Das von Asustor präferierte Virtualbox wirkt im Vergleich dazu schlichtweg veraltet. Im Gegenzug müssen sich jedoch Anwender, die Virtualbox bereits kennen, nicht in ein neues System einarbeiten. Keine zwei Meinungen gibt es hingegen bei der Anwendungsvirtualisierung: Hier haben NAS-Systeme, nicht zuletzt aufgrund der vollständig integrierten Unterstützung von Docker-Containern, die Nase ganz klar vorne. Zudem spielt hier die Hardwareausstattung nur eine untergeordnete Rolle.