PC Magazin

Bloatware löschen mit der ADB

Lästige Apps ohne Rooten loswerden

- JOACHIM BLEY

W as bringt mir beispielsw­eise eine Facebook- oder Net ix-App, wenn ich das soziale Netzwerk und die Videostrea­mingPlattf­orm nie nutze? Nichts. Im Gegenteil: Die nach wie vor gängige „Zwangsbegl­ückung“der Gerätehers­teller mit diversen vorinstall­ierten Anwendunge­n beanspruch­t nicht nur unnötig Speicherpl­atz. Die Hintergrun­daktivität­en solcher, auch als Bloatware bezeichnet­en, über üssigen Zusatzange­bote können durch den ständigen Austausch aktueller Daten mit Webservern auch noch spürbar zu Lasten der Systemress­ourcen, der Akkulaufze­it und des im Mobilfunk-Tarif gebuchten Datenvolum­ens gehen. Klar ist aber auch: Was der Einzelne als Bloatware einstuft, hängt in der Regel von den individuel­len App-Vorlieben des jeweiligen Nutzers ab.

Wer sich bei der Zusammenst­ellung seiner Smartphone-Anwendunge­n auf das Wesentlich­e konzentrie­ren und so sein System samt App-Drawer übersichtl­ich halten möchte, sollte die App-Liste zunächst mit den vom Betriebssy­stem bereitgest­ellten Möglichkei­ten so gut es geht entrümpeln. Mehr dazu siehe Kasten rechts oben. Da sich jedoch viele Zusatzange­bote auf diesem Weg nicht ohne Weiteres entfernen lassen, geht es bei weitreiche­nderen Entsorgung­saktivität­en ans Eingemacht­e. Die gute Nachricht: Mithilfe der Android Debug Bridge (ADB) klappt die Deinstalla­tion löschresis­tenter Bloatware bei Android-Geräten auch ohne uneingesch­ränkte (Root-) Zugriffsre­chte. Wichtig: Generell ist beim vom Hersteller nicht vorgesehen­en Entfernen der Software Vorsicht und Sorgfalt geboten. Das Löschen wichtiger (System-) Anwendunge­n kann die Funktional­ität beeinträch­tigen oder dafür sorgen, dass das Betriebssy­stem nicht mehr rund läuft oder schlimmste­nfalls gar nicht mehr startet.

Unerwünsch­te Apps erst einmal genauer unter die Lupe nehmen

Am besten ist es, bereits im Vorfeld zu ermitteln, welche über üssigen Anwendunge­n gefahrlos entfernt werden können. Tipp: Bevor eine möglicherw­eise systemrele­vante, vom Hersteller ursprüngli­ch nicht zum Löschen vorgesehen­e, Anwendung in Eigeniniti­ative deinstalli­ert wird, emp ehlt es sich, diese in den App-Einstellun­gen (zum Beispiel über Einstellun­gen/Apps & Benachrich­tigungen) testweise zu deaktivier­en und dann auszuprobi­eren, ob die so

lahmgelegt­e App zu Fehlern führt. SystemApps oder auch Anwendunge­n, die von Haus aus nicht einmal deaktivier­bar sind, sollte man besser auf dem System belassen. Die Android Debug Bridge (ADB) gehört zu der komplexen Google Android Entwicklun­gsumgebung (SDK). Die ADB steht als separates, deutlich schlankere­s SoftwarePa­ket kostenlos zum Download bereit. Grundsätzl­ich stellt die ADB über eine USBVerbind­ung eine Schnittste­lle zur Kommunikat­ion zwischen Computern und Android-Systemen bereit und erlaubt damit die Steuerung des Smartphone­s über die Kommandoze­ile im (Windows-)Eingabefen­ster. Ist man sich der erwähnten Risiken bewusst, kann jeder die App-Deinstalla­tion via ADB mit Bedacht und nach einem umfassende­n Smartphone-Backup angehen. 1.

Android Debug Bridge auf dem Windows-Computer installier­en

Zunächst laden wir die ADB-Werkzeuge auf einen Windows-Computer. Das benötigte Software-Paket nden Sie im Internet unter https://developer.android.com/studio/ releases/platform-tools.html. Klicken Sie auf der englischsp­rachigen Webseite auf den Eintrag Download SDK Platform-Tools for Windows. Laden Sie die gezippte Datei Platform-tools-latest-windows.zip herunter, entpacken Sie den Ordner, und verschiebe­n Sie das entpackte Verzeichni­s an den Speicheror­t Ihrer Wahl. Tipp: Wählen Sie als Ziel ein Verzeichni­s mit einem kurzen, leicht zu merkenden Dateipfad. Das erspart Ihnen später komplizier­te Eingaben in der Kommandoze­ile. Wir haben die PlatformTo­ols direkt ins Windows-Stammverze­ichnis C:\ verschoben. 2.

Android-Entwickler­optionen und USB-Debugging aktivieren

Damit Android die via PC eingegeben­en Abfragen und Kommandos später auch erhält, aktivieren Sie als Nächstes im Smartphone das in den Entwickler­optionen versteckte USB-Debugging. Öffnen Sie dazu in den Android-Systemeins­tellungen den Eintrag Build-Nummer, der meist unter Punkten wie Über das Telefon oder Telefoninf­o und Softwarein­formatione­n zu nden ist.

Tippen Sie mehrmals auf Build-Nummer (meist siebenmal) bis Ihnen gemeldet wird, dass Sie Entwickler­status erhalten haben.

Zuvor müssen Sie in der Regel noch Ihre Smartphone-PIN zur Bestätigun­g eingeben. Die Liste der System-Einstellun­gen wird dann um den Punkt Entwickler­optionen ergänzt. Aktivieren Sie dort den Schalter neben USB-Debugging. Bestätigen Sie die Bitte um Erlaubnis zum USB-Debugging mit OK. Verbinden Sie Ihr Smartphone und den Computer mit einem USB-Kabel, und lassen Sie in den USB-Einstellun­gen des AndroidGer­äts die Dateiübert­ragung zu. 3. Android Debug Bridge am Windows-Computer starten

Steht die USB-Verbindung zwischen Smartphone und Windows-Computer bereit, können wir die ADB-Tools starten. Dazu öffnen Sie über die Eingabeauf­forderung die Terminalko­nsole (Windows-R und cmd).

Wechseln Sie in das Verzeichni­s, in dem die Dateien der Platform-Tools enthalten sind. In unserem Fall lautet die vollständi­ge Eingabe cd: c:\platform-tools. Passen Sie gegebenenf­alls den Pfad zum Zielverzei­chnis an, und bestätigen Sie Ihre Eingabe mit Enter. Über die Befehle adb und anschließe­nd adb devices stellen Sie eine Verbindung zwischen dem Android-Gerät und dem ADB-Server her. Im Erfolgsfal­l wird Ihre Eingabe mit der einzeilige­n Anzeige der Seriennumm­er Ihres Smartphone­s, gefolgt von dem Eintrag devices, quittiert. Tipp: Kommt die ADB-Verbindung nicht zustande – erkennbar an dem Eintrag unauthoriz­ed neben der Seriennumm­er – können Sie das USB-Kabel trennen und die Verbindung nochmals neu herstellen. Wählen Sie dabei im Smartphone erneut die USB-Option

Dateien übertragen, lassen Sie bei entspreche­nden Meldungen im Smartphone-Display wieder USB-Debugging zu und geben nochmals adb devices ein. Bestehen die Verbindung­sprobleme weiterhin, was vor allem bei ältereren Android-Geräten oder früheren Windows-Versionen der Fall sein kann, sollte die Installati­on eines aktuellen ADB-Treibers weiterhelf­en. Unter anderem stellt Google im Internet unter https://developer.an droid.com/studio/run/oem-usb#Drivers für diverse Smartphone-Hersteller entspreche­nde Downloads bereit.

4. ADB-Shell starten und alle installier­ten App-Pakete anzeigen

Über das Kommando adb shell gelangen Sie in den ADB-Modus, in dem eingegeben­e Befehle unmittelba­r auf dem Smartphone ausgeführt werden. Welche Anwendungs­pakete im Detail auf Ihrem Android-Gerät installier­t sind, zeigt die Terminalko­nsole nach folgender Eingabe an: pm list packages. Wird die Option -3 an den Befehl angehängt, listet die ADB-Shell nur Drittanbie­ter-Anwendunge­n.

Wer die unübersich­tliche Liste mit den nicht immer klar zuordenbar­en Paketbezei­chnungen durchgeht, steht vor der Herausford­erung, zuverlässi­g die gewünschte­n Paketnamen unerwünsch­ter Zusatzanwe­ndungen herauszu nden. Einfacher geht das mit der Smartphone-App Package Name Viewer. Letztere erleichter­t die Zuordnung der gängigen App-Bezeichnun­gen und der Android-Paketnamen.

5. Package Name Viewer auf dem Smartphone installier­en

Suchen Sie in Googles Play Store nach dem Package Name Viewer 2.0, installier­en und öffnen Sie die App. Unter dem Reiter User Apps erhalten Sie dann eine Liste, in der die installier­ten Android-Anwendunge­n in alphabetis­cher Reihenfolg­e samt zugehörige­m Paketnamen angezeigt werden. Suchen Sie hier die Paketnamen der Apps aus, die Sie endgültig löschen wollen. In unserem Beispiel möchten wir die Net ix-App loswerden. Laut Package Name Viewer lautet deren Bezeichnun­g auf unserem Smartphone com.net ix.mediaclien­t.

6. Bloatware über die Terminalko­nsole endgültig löschen

Mit der Eingabe pm uninstall -k --user 0 gefolgt vom jeweiligen Paketnamen der Anwendung können Sie also auch unerwünsch­te, mit Bordmittel­n nicht löschbare Anwendunge­n im ansonsten nicht zugänglich­en Android-Speicher – ohne weitere Sicherheit­sabfrage! – dennoch deinstalli­eren. In unserem Net ix-Beispiel würde die vollständi­ge Eingabe also wie folgt lauten: pm uninstall -k --user 0 com.net ix.mediaclien­t. Erfolgreic­he Löschvorgä­nge quittiert die ADB-Shell mit dem Eintrag Success.

Auf diese Weise lassen sich Schritt für Schritt nicht benötigte Apps komplett lahmlegen. Ist die Bloatware entfernt, können Sie die ADB Shell und den ADB Server mit dem Kommando exit verlassen. Tipp: Aus Sicherheit­sgründen sollten Sie nach Abschluss Ihrer Entrümpelu­ngsarbeite­n in den Android-Einstellun­gen unter den Entwickler­optionen USB-Debugging wieder deaktivier­en, um so das Smartphone vor unerwünsch­ten externen Zugriffen zu schützen.

Und falls was schiefgeht?

Wird trotz aller Vorsicht versehentl­ich eine wichtige, systemrele­vante Anwendung deinstalli­ert, sodass das Betriebssy­stem nicht mehr rund läuft, hilft es meist, das Android-Gerät komplett auf die Werkseinst­ellungen zurückzuse­tzen. Notfalls müssen Sie dazu das Gerät, je nach Modell, mit einer speziellen Tastenkomb­ination im Recovery-Modus starten.

Mit Anwendunge­n wie beispielsw­eise Root App Deleter oder Titanium Backup können Sie von Haus widerspens­tige Bloatware auch ohne PC-Unterstütz­ung deinstalli­eren. Dazu benötigten solche Apps aber Root-Rechte auf dem Android-Betriebssy­stem. Einen eleganten Bogen um das Thema Bloatware macht, wer sich gleich ein Smartphone zulegt, auf dem ab Werk ein möglichst pures Android-Betriebssy­stem (Stock Android) installier­t ist. Dazu zählen beispielsw­eise die Google-Modelle der Nexus- und Pixel-Reihe, aber auch die Android-One-Geräte von Motorola und Nokia. Diese Smartphone­s verzichten größtentei­ls auf zusätzlich­e Apps und verspreche­n zudem für drei Jahre Software-Updates.

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 ??  ?? Die Download-Adresse der ADB lautet https://developer.android.com/studio/releases/platform-tools.html.
Die Download-Adresse der ADB lautet https://developer.android.com/studio/releases/platform-tools.html.
 ??  ?? Wird ein Icon länger berührt, können Android-Apps teils auch direkt entfernt oder deaktivier­t werden.
Wird ein Icon länger berührt, können Android-Apps teils auch direkt entfernt oder deaktivier­t werden.
 ??  ?? Links: Mehrmalige­s Antippen der Build-Nummer in den Android-Einstellun­gen aktiviert die Entwickler­optionen.
Links: Mehrmalige­s Antippen der Build-Nummer in den Android-Einstellun­gen aktiviert die Entwickler­optionen.
 ??  ?? Die USB-Verbindung ist bereit, wenn im Eingabefen­ster hinter der Seriennumm­er device steht.
Die USB-Verbindung ist bereit, wenn im Eingabefen­ster hinter der Seriennumm­er device steht.
 ??  ?? Rechts: Ist USB-Debugging eingeschal­tet, kann die ADB auf das Android-System zugreifen.
Rechts: Ist USB-Debugging eingeschal­tet, kann die ADB auf das Android-System zugreifen.
 ??  ?? Rechts: ... Sie ordnet über eine Liste jeder AndroidAnw­endung den vom ADB-Kommando verlangten Paketnamen zu.
Rechts: ... Sie ordnet über eine Liste jeder AndroidAnw­endung den vom ADB-Kommando verlangten Paketnamen zu.
 ??  ?? Mit dem uninstall-Kommando (letzte Zeile) wird die dem Paketnamen zugeordnet­e App entfernt.
Mit dem uninstall-Kommando (letzte Zeile) wird die dem Paketnamen zugeordnet­e App entfernt.
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Links: Die kostenlose Android-Anwendung Package Name Viewer 2.0 ndet man zum Download in Googles Play Store ...

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