Bloatware löschen mit der ADB
Lästige Apps ohne Rooten loswerden
W as bringt mir beispielsweise eine Facebook- oder Net ix-App, wenn ich das soziale Netzwerk und die VideostreamingPlattform nie nutze? Nichts. Im Gegenteil: Die nach wie vor gängige „Zwangsbeglückung“der Gerätehersteller mit diversen vorinstallierten Anwendungen beansprucht nicht nur unnötig Speicherplatz. Die Hintergrundaktivitäten solcher, auch als Bloatware bezeichneten, über üssigen Zusatzangebote können durch den ständigen Austausch aktueller Daten mit Webservern auch noch spürbar zu Lasten der Systemressourcen, der Akkulaufzeit und des im Mobilfunk-Tarif gebuchten Datenvolumens gehen. Klar ist aber auch: Was der Einzelne als Bloatware einstuft, hängt in der Regel von den individuellen App-Vorlieben des jeweiligen Nutzers ab.
Wer sich bei der Zusammenstellung seiner Smartphone-Anwendungen auf das Wesentliche konzentrieren und so sein System samt App-Drawer übersichtlich halten möchte, sollte die App-Liste zunächst mit den vom Betriebssystem bereitgestellten Möglichkeiten so gut es geht entrümpeln. Mehr dazu siehe Kasten rechts oben. Da sich jedoch viele Zusatzangebote auf diesem Weg nicht ohne Weiteres entfernen lassen, geht es bei weitreichenderen Entsorgungsaktivitäten ans Eingemachte. Die gute Nachricht: Mithilfe der Android Debug Bridge (ADB) klappt die Deinstallation löschresistenter Bloatware bei Android-Geräten auch ohne uneingeschränkte (Root-) Zugriffsrechte. Wichtig: Generell ist beim vom Hersteller nicht vorgesehenen Entfernen der Software Vorsicht und Sorgfalt geboten. Das Löschen wichtiger (System-) Anwendungen kann die Funktionalität beeinträchtigen oder dafür sorgen, dass das Betriebssystem nicht mehr rund läuft oder schlimmstenfalls gar nicht mehr startet.
Unerwünschte Apps erst einmal genauer unter die Lupe nehmen
Am besten ist es, bereits im Vorfeld zu ermitteln, welche über üssigen Anwendungen gefahrlos entfernt werden können. Tipp: Bevor eine möglicherweise systemrelevante, vom Hersteller ursprünglich nicht zum Löschen vorgesehene, Anwendung in Eigeninitiative deinstalliert wird, emp ehlt es sich, diese in den App-Einstellungen (zum Beispiel über Einstellungen/Apps & Benachrichtigungen) testweise zu deaktivieren und dann auszuprobieren, ob die so
lahmgelegte App zu Fehlern führt. SystemApps oder auch Anwendungen, die von Haus aus nicht einmal deaktivierbar sind, sollte man besser auf dem System belassen. Die Android Debug Bridge (ADB) gehört zu der komplexen Google Android Entwicklungsumgebung (SDK). Die ADB steht als separates, deutlich schlankeres SoftwarePaket kostenlos zum Download bereit. Grundsätzlich stellt die ADB über eine USBVerbindung eine Schnittstelle zur Kommunikation zwischen Computern und Android-Systemen bereit und erlaubt damit die Steuerung des Smartphones über die Kommandozeile im (Windows-)Eingabefenster. Ist man sich der erwähnten Risiken bewusst, kann jeder die App-Deinstallation via ADB mit Bedacht und nach einem umfassenden Smartphone-Backup angehen. 1.
Android Debug Bridge auf dem Windows-Computer installieren
Zunächst laden wir die ADB-Werkzeuge auf einen Windows-Computer. Das benötigte Software-Paket nden Sie im Internet unter https://developer.android.com/studio/ releases/platform-tools.html. Klicken Sie auf der englischsprachigen Webseite auf den Eintrag Download SDK Platform-Tools for Windows. Laden Sie die gezippte Datei Platform-tools-latest-windows.zip herunter, entpacken Sie den Ordner, und verschieben Sie das entpackte Verzeichnis an den Speicherort Ihrer Wahl. Tipp: Wählen Sie als Ziel ein Verzeichnis mit einem kurzen, leicht zu merkenden Dateipfad. Das erspart Ihnen später komplizierte Eingaben in der Kommandozeile. Wir haben die PlatformTools direkt ins Windows-Stammverzeichnis C:\ verschoben. 2.
Android-Entwickleroptionen und USB-Debugging aktivieren
Damit Android die via PC eingegebenen Abfragen und Kommandos später auch erhält, aktivieren Sie als Nächstes im Smartphone das in den Entwickleroptionen versteckte USB-Debugging. Öffnen Sie dazu in den Android-Systemeinstellungen den Eintrag Build-Nummer, der meist unter Punkten wie Über das Telefon oder Telefoninfo und Softwareinformationen zu nden ist.
Tippen Sie mehrmals auf Build-Nummer (meist siebenmal) bis Ihnen gemeldet wird, dass Sie Entwicklerstatus erhalten haben.
Zuvor müssen Sie in der Regel noch Ihre Smartphone-PIN zur Bestätigung eingeben. Die Liste der System-Einstellungen wird dann um den Punkt Entwickleroptionen ergänzt. Aktivieren Sie dort den Schalter neben USB-Debugging. Bestätigen Sie die Bitte um Erlaubnis zum USB-Debugging mit OK. Verbinden Sie Ihr Smartphone und den Computer mit einem USB-Kabel, und lassen Sie in den USB-Einstellungen des AndroidGeräts die Dateiübertragung zu. 3. Android Debug Bridge am Windows-Computer starten
Steht die USB-Verbindung zwischen Smartphone und Windows-Computer bereit, können wir die ADB-Tools starten. Dazu öffnen Sie über die Eingabeaufforderung die Terminalkonsole (Windows-R und cmd).
Wechseln Sie in das Verzeichnis, in dem die Dateien der Platform-Tools enthalten sind. In unserem Fall lautet die vollständige Eingabe cd: c:\platform-tools. Passen Sie gegebenenfalls den Pfad zum Zielverzeichnis an, und bestätigen Sie Ihre Eingabe mit Enter. Über die Befehle adb und anschließend adb devices stellen Sie eine Verbindung zwischen dem Android-Gerät und dem ADB-Server her. Im Erfolgsfall wird Ihre Eingabe mit der einzeiligen Anzeige der Seriennummer Ihres Smartphones, gefolgt von dem Eintrag devices, quittiert. Tipp: Kommt die ADB-Verbindung nicht zustande – erkennbar an dem Eintrag unauthorized neben der Seriennummer – können Sie das USB-Kabel trennen und die Verbindung nochmals neu herstellen. Wählen Sie dabei im Smartphone erneut die USB-Option
Dateien übertragen, lassen Sie bei entsprechenden Meldungen im Smartphone-Display wieder USB-Debugging zu und geben nochmals adb devices ein. Bestehen die Verbindungsprobleme weiterhin, was vor allem bei ältereren Android-Geräten oder früheren Windows-Versionen der Fall sein kann, sollte die Installation eines aktuellen ADB-Treibers weiterhelfen. Unter anderem stellt Google im Internet unter https://developer.an droid.com/studio/run/oem-usb#Drivers für diverse Smartphone-Hersteller entsprechende Downloads bereit.
4. ADB-Shell starten und alle installierten App-Pakete anzeigen
Über das Kommando adb shell gelangen Sie in den ADB-Modus, in dem eingegebene Befehle unmittelbar auf dem Smartphone ausgeführt werden. Welche Anwendungspakete im Detail auf Ihrem Android-Gerät installiert sind, zeigt die Terminalkonsole nach folgender Eingabe an: pm list packages. Wird die Option -3 an den Befehl angehängt, listet die ADB-Shell nur Drittanbieter-Anwendungen.
Wer die unübersichtliche Liste mit den nicht immer klar zuordenbaren Paketbezeichnungen durchgeht, steht vor der Herausforderung, zuverlässig die gewünschten Paketnamen unerwünschter Zusatzanwendungen herauszu nden. Einfacher geht das mit der Smartphone-App Package Name Viewer. Letztere erleichtert die Zuordnung der gängigen App-Bezeichnungen und der Android-Paketnamen.
5. Package Name Viewer auf dem Smartphone installieren
Suchen Sie in Googles Play Store nach dem Package Name Viewer 2.0, installieren und öffnen Sie die App. Unter dem Reiter User Apps erhalten Sie dann eine Liste, in der die installierten Android-Anwendungen in alphabetischer Reihenfolge samt zugehörigem Paketnamen angezeigt werden. Suchen Sie hier die Paketnamen der Apps aus, die Sie endgültig löschen wollen. In unserem Beispiel möchten wir die Net ix-App loswerden. Laut Package Name Viewer lautet deren Bezeichnung auf unserem Smartphone com.net ix.mediaclient.
6. Bloatware über die Terminalkonsole endgültig löschen
Mit der Eingabe pm uninstall -k --user 0 gefolgt vom jeweiligen Paketnamen der Anwendung können Sie also auch unerwünschte, mit Bordmitteln nicht löschbare Anwendungen im ansonsten nicht zugänglichen Android-Speicher – ohne weitere Sicherheitsabfrage! – dennoch deinstallieren. In unserem Net ix-Beispiel würde die vollständige Eingabe also wie folgt lauten: pm uninstall -k --user 0 com.net ix.mediaclient. Erfolgreiche Löschvorgänge quittiert die ADB-Shell mit dem Eintrag Success.
Auf diese Weise lassen sich Schritt für Schritt nicht benötigte Apps komplett lahmlegen. Ist die Bloatware entfernt, können Sie die ADB Shell und den ADB Server mit dem Kommando exit verlassen. Tipp: Aus Sicherheitsgründen sollten Sie nach Abschluss Ihrer Entrümpelungsarbeiten in den Android-Einstellungen unter den Entwickleroptionen USB-Debugging wieder deaktivieren, um so das Smartphone vor unerwünschten externen Zugriffen zu schützen.
Und falls was schiefgeht?
Wird trotz aller Vorsicht versehentlich eine wichtige, systemrelevante Anwendung deinstalliert, sodass das Betriebssystem nicht mehr rund läuft, hilft es meist, das Android-Gerät komplett auf die Werkseinstellungen zurückzusetzen. Notfalls müssen Sie dazu das Gerät, je nach Modell, mit einer speziellen Tastenkombination im Recovery-Modus starten.
Mit Anwendungen wie beispielsweise Root App Deleter oder Titanium Backup können Sie von Haus widerspenstige Bloatware auch ohne PC-Unterstützung deinstallieren. Dazu benötigten solche Apps aber Root-Rechte auf dem Android-Betriebssystem. Einen eleganten Bogen um das Thema Bloatware macht, wer sich gleich ein Smartphone zulegt, auf dem ab Werk ein möglichst pures Android-Betriebssystem (Stock Android) installiert ist. Dazu zählen beispielsweise die Google-Modelle der Nexus- und Pixel-Reihe, aber auch die Android-One-Geräte von Motorola und Nokia. Diese Smartphones verzichten größtenteils auf zusätzliche Apps und versprechen zudem für drei Jahre Software-Updates.