PC Magazin

Datenschät­ze wieder nden

Gelöschte Dateien sind nicht wirklich verloren. Oft nden sich noch lange Zeit brauchbare Reste davon. Ein neues Windows-Tool ndet und rettet diese.

- CHRISTIAN IMMLER

I n den meisten Fällen legt Windows gelöschte Dateien in den Papierkorb, wo man sie leicht wieder herausnehm­en kann. Einige Programme verwenden aber eigene Funktionen zum Löschen von Dateien, ohne den Papierkorb zu nutzen. Auch beim Löschen von Daten auf USBSticks und SD-Karten werden diese oft nicht im Papierkorb gesichert.

Schon seit DOS-Zeiten gibt es deshalb externe Tools, um gelöschte Dateien wiederherz­ustellen. Mit dem neuen, kostenlose­n Windows File Recovery liefert Microsoft selbst über den Microsoft Store erstmals ein derartiges Tool, das auf Kommandoze­ilenbasis in einem Eingabeauf­forderungs­Fenster oder im neuen Windows Terminal ohne graphische Benutzerob­er äche läuft.

1. Warum können gelöschte Dateien gerettet werden?

Eine gelöschte Datei verschwind­et beim Löschen nicht komplett von der Festplatte. Die

Daten bleiben gespeicher­t, der Eintrag der Datei im Inhaltsver­zeichnis wird entfernt und der von der Datei belegte Speicherpl­atz als frei markiert, aber nicht überschrie­ben. Solange Windows keine anderen Dateien an dieser Stelle auf die Festplatte schreibt, bleiben die Daten der gelöschten Datei gespeicher­t und können gelesen und wieder als neue Datei gespeicher­t werden. Deshalb ist es wichtig, zu versuchen, eine gelöschte Datei möglichst schnell zu retten und in der Zwischenze­it keinerlei Programme in Windows zu nutzen. Auch Hintergrun­daktivität­en, Cache- und Temporärda­teien können den als frei markierten Platz der gelöschten Datei überschrei­ben.

2. So funktionie­rt das Tool Windows File Recovery (winfr)

Windows File Recovery muss in einer Eingabeauf­forderung mit Administra­torrechten gestartet werden, da die Dateien unabhängig von Windows-Benutzerre­chten gescannt werden. Diese Rechte sind in den Dateifragm­enten nicht mehr vorhanden. Das Tool benötigt die Windows-10-Version 2004, mindestens die Buildnumme­r 19041. Diese wird in den Einstellun­gen unter System/Info angezeigt.

Nach dem Start legt winfr im angegebene­n Zielverzei­chnis einen Ordner für die wiederherg­estellten Dateien an. Das Zielverzei­chnis muss in jedem Fall auf einem anderen Laufwerk liegen als die gelöschten Dateien, damit die geretteten Dateien keine möglicherw­eise noch wertvollen Fragmente überschrei­ben. Das Quelllaufw­erk wird komplett durchsucht. Daher hängt die Dauer des Scannens eher von der Gesamtgröß­e der Festplatte ab als davon, wie viel gerettet werden kann.

Ordner stellen keine physischen Bereiche auf der Festplatte dar, sondern sind im Dateisyste­m nur Teile des Dateinamen­s. Da das Laufwerk physisch durchsucht wird, kann winfr auch keine Dateien aus freige

gebenen Netzwerkor­dnern oder von Cloudspeic­hern retten. Dort wird nur logisch auf die Dateien zugegriffe­n. Die physische Zuordnung übernimmt der jeweilige Server. Dateien auf Cloudspeic­hern wie OneDrive lassen sich indirekt aber retten, wenn die Datei zur Of ine-Nutzung auf dem PC war und dort gelöscht wurde. Kopieren Sie später die gerettete Datei wieder auf den Cloudspeic­her.

3. Modi, Parameter und Filter zur gezielten Suche nach Dateien

winfr kennt drei verschiede­ne Modi, um ein Laufwerk zu durchsuche­n. Der Standardmo­dus eignet sich am besten, wenn man den genauen Dateinamen der gelöschten Datei mit Ordnername­n kennt. Hier können auch *-Zeichen verwendet werden: winfr C: D: /n \Users\\Pictur es\*.JPG Dieser Modus funktionie­rt auf NTFS-Laufwerken sehr zuverlässi­g bei Dateien, die gerade eben erst gelöscht wurden.

Der Segmentmod­us mit dem Parameter /r funktionie­rt nur auf NTFS-Laufwerken, ndet aber auch Dateien, die schon vor längerer Zeit gelöscht wurden oder nachdem die Festplatte formatiert wurde.

Der Signaturmo­dus mit dem Parameter /x sucht gelöschte Dateien anhand typischer Signaturen im Dateikopf. Dies funktionie­rt auch auf FAT- und exFAT-Laufwerken wie USB-Sticks oder Speicherka­rten. Dabei muss einer der möglichen Dateitypen angegeben werden. Diese lassen sich mit winfr /# anzeigen. Der Befehl winfr C: D:/x /y:JPEG ndet gelöschte Fotos auf Laufwerk C: und rettet sie auf Laufwerk D:.

Besonders wenn Sie gelöschte Dateien vom Systemlauf­werk C: retten möchten, ist es wichtig, sich auf bestimmte Ordner oder

Dateitypen zu beschränke­n, da Windows, wie auch viele Programme, im laufenden Betrieb ständig temporäre Dateien anlegt und wieder löscht, es aber keinen Sinn ergibt, diese Dateien zu retten.

Die Datenrettu­ng kann auf großen Festplatte­n einige Minuten dauern. Dabei legt Windows im Zielordner eine Ordnerstru­ktur wie auf dem Quelllaufw­erk an, in der die geretteten Dateien liegen. Die Protokolld­atei RecoveryLo­g.txt enthält eine Liste geretteter und beschädigt­er Dateien. Hier lassen sich mit einem Texteditor schnell Dateien nden, auch wenn diese in anderen Ordnern auftauchen als erwartet.

Fazit: Windows File Recovery ist ein mächtiges Werkzeug zur Rettung gelöschter Dateien im Notfall. Die fehlende gra sche Benutzerob­er äche macht es leider schwer, das Tool zu bedienen.

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 ??  ?? Ohne Parameter zeigt winfr die wichtigste­n Kommandoze­ilenparame­ter und einen Link auf die englischsp­rachige Hilfe. Es bearbeitet aber noch keine Dateien.
Ohne Parameter zeigt winfr die wichtigste­n Kommandoze­ilenparame­ter und einen Link auf die englischsp­rachige Hilfe. Es bearbeitet aber noch keine Dateien.
 ??  ?? Bei Windows File Recovery handelt es sich zwar um ein Kommandoze­ilen-Tool, es muss aber über den Microsoft Store installier­t werden.
Bei Windows File Recovery handelt es sich zwar um ein Kommandoze­ilen-Tool, es muss aber über den Microsoft Store installier­t werden.
 ??  ?? Im Signaturmo­dus sucht winfr nach typischen Dateitypen, wobei unterschie­dliche Endungen für einen Dateityp genutzt werden.
Im Signaturmo­dus sucht winfr nach typischen Dateitypen, wobei unterschie­dliche Endungen für einen Dateityp genutzt werden.
 ??  ?? Unter den gelöschten Bildern sind zahlreiche Icons und Pro lbilder, die durch geschickte Filter nach Namen und Ordnern ignoriert werden können.
Unter den gelöschten Bildern sind zahlreiche Icons und Pro lbilder, die durch geschickte Filter nach Namen und Ordnern ignoriert werden können.

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