Mobil arbeiten
A uf den ersten Blick ist der Vergleich unfair, weil das iPad mit 370 Euro viel günstiger ist als das Tab S7 LTE (779 Euro). Aber es kommt darauf an, welche Modellvariante man sich ansieht. Im Gegensatz zu Samsung kann man bei Apple die technische Ausstattung modi zieren, und bei einem mit dem Tab S7 vergleichbaren Niveau (LTE, 128 GB) landet man bei 600 Euro. Noch näher an das Tab S7 heran rückt das iPad, wenn man den Stylus mit dazu rechnet (97 Euro), der bei Samsung zum Lieferumfang gehört. Die Tastatur kostet bei beiden extra, und zwar viel Geld: Bei Samsung werden 195 Euro fällig, bei Apple 174 Euro. In der Summe landet man also bei 974 Euro (Samsung) beziehungsweise 874 Euro (Apple). Dafür bekommt man ein gutes Notebook, das, wenn man sich in der Fliegengewichtsklasse umsieht, mindestens genauso kompakt ist und kaum schwerer. Denn mit angedockter Tastatur und Stylus bringen es das Tab S7 und das iPad 2020 auf 894 beziehungsweise 764 Gramm. Das Tab S7 ist dann zugeklappt 15 Millimeter dick! Da stellt sich die Frage, wo überhaupt noch die Vorteile eines Tablets liegen. Selbst die Akkulaufzeit ist nur noch ein schwaches Argument. Im Test schafft das iPad 2020 eine Laufzeit von 13:06 Stunden, beim Tab S7 ist sogar erst nach 15:11 Stunden Schluss. Das sind beeindruckende Zahlen. In den letzten Jahren sind x86-Chips spürbar energieef zienter geworden und konnten den Vorsprung der ARM-Architektur verkürzen.
Technisch klar die Nase vorn
Die längere Laufzeit des Samsung-Tablets deutet die Kräfteverhältnisse bereits an: Das Tab S7 ist aus der technischen Perspektive das bessere Produkt. Dass es sich um das aktuelle Spitzenmodell von Samsung
Zoom-Meeting, PowerPoint, E-Mails – für die meisten Anwendungen im Büroalltag reicht ein Tablet aus.
Ist die Anschaffung als Arbeitsgerät sinnvoll? Wenn ja, welches Modell? Zwei Vertreter und Systeme im Vergleich. ANDREAS SEEGER
handelt, sieht man dem Gerät sofort an. Das moderne Design mit den schmalen Displayrändern und dem mit sechs Millimetern ultra achen Aluminium-Unibody gefällt auf Anhieb. Dass der Stylus magnetisch auf der Rückseite andockt, halten wir für zu sperrig. Aber man ist ja nicht gezwungen, den Stylus dort zu verankern. Das iPad kann optisch nicht mithalten: Das altbackene Design mit dem breiten Displayrand wirkt wie aus der Zeit gefallen. Haptik und Verarbeitung bewegen sich Apple-typisch auf einem hohen Niveau; aber vor allem die Haptik reicht im direkten Vergleich nicht ganz an Samsung heran.
Samsung hat auch beim Display die Nase vorn: Die Darstellung ist etwas größer, dabei kontrastreicher und blickwinkelstabiler. Unter dem Display setzt sich der Vorsprung fort, denn mit Qualcomms Snapdragon 865+ ist einer der derzeit stärksten mobilen Prozessoren im Einsatz. Apple baut dagegen mit dem A12 ein betagteres SoC ein, das im September 2018 vorgestellt wurde. In einschlägigen Benchmarks zieht das iPad klar den Kürzeren; aber zur Wahrheit gehört auch, dass man davon im Alltag nichts merkt. Apple-typisch reagiert die iOS-Ober äche geschmeidig und ruckelfrei auf Eingaben, Apps starten genauso schnell wie auf dem Tab S7. Nur bei rechenintensiven Anwendungen wie der Bild- und Filmbearbeitung oder bei 3D-Games spürt man einen Geschwindigkeitsvorteil des Tab S7. Einen handfesten Unterschied macht der stärkere Prozessor bei Videoaufnahmen: Das Tab S7 schafft hochau ösendes 4K, mit dem iPad ist bei Full-HD Schluss. Überhaupt die Kamera: Während man bei Samsung mit einer dualen Optik (Ultraweitwinkel und Weitwinkel) und einer hochau ösenden Frontkamera für alle Gegebenheiten gerüstet ist, erfüllt beim Apple die 1,2-MegapixelLinse nur die allerniedrigsten Ansprüche an Videochats. Die rückseitige 8-MegapixelKamera ist dagegen okay. Das Bild setzt sich fort bei der Connectivity (das Tab S7 kann Wi-Fi 6) und beim Sound (das Tab S7 hat vier in vier Richtungen abstrahlende Speaker). Kurz und gut: Samsung bietet die mit Abstand bessere technische Ausstattung, was sich im Testergebnis widerspiegelt.
Spielen wir ein typisches Tablet-Szenario durch: Vierstündige Fahrt im ICE von X nach Y, der Empfang ist (entgegen der Realität) sehr gut. Ein paar E-Mails müssen beantwortet werden, eine Präsentation wartet auf Freigabe, und wenn dann noch Zeit ist, soll auch die Unterhaltung in Form eines Films (oder Spiels) nicht zu kurz kommen.
Die Tablets im Alltag
Aufgeklappt mit den angedockten Tastaturcovern gibt sich das Tab S7 alltagstauglicher, weil es das bessere Keyboard hat: Es gibt ein Touchpad und einen langen Tastenhub, der einer Desktop-Tastatur in kaum etwas nachsteht. Das Display lässt sich stufenlos anwinkeln. In Kombination mit Samsungs DeX-Modus hat man das Gefühl, an einem „richtigen“Computer zu sitzen. Nur die Haptik ist eine Enttäuschung: Die leicht vernarbte Kunststoffober äche des
Covers fühlt sich nicht hochwertig an, das Tastaturscharnier ist labberig, die mehrteilige Konstruktion des Covers mit der Displaystütze wirkt kompliziert und weniger durchdacht als beim iPad.
Auch der Apple-Stift hat gegenüber dem Samsung-Pendant mit aufgesetzter Kunststoffspitze die Nase vorn. Die Arbeit mit den Of ce-Apps gelingt auf beiden Tablets sehr gut. Bei der Benutzerober äche und den Softwarefunktionen gibt es keine gravierenden Unterschiede. Das zeigt, dass das Android-System hier in den letzten Jahren ordentlich aufgeholt hat. Das gilt auch für Videostreaming-Apps und Spiele.
Apple hat beim App-Angebot trotzdem noch mehr zu bieten, weil das iPad seit Jahren ein beliebtes Werkzeug in der Kreativszene und zudem im Business-Bereich etabliert ist. Photoshop gibt es nur für das iPad, nicht für Android. Wer weniger kreativ unterwegs ist und es mit Android probieren möchte, sollte das mit dem Tab S7 tun. Es ist eines der besten Tablets der letzen Jahre.
Fazit
Das Tab S7 ist gegenüber dem iPad 2020 im Vorteil. Aber: Mit Tastatur ist es genauso dick, schwer und teuer wie ein modernes Notebook, das einem AndroidTablet die Programmvielfalt der x86/Windows-Architekur voraus hat. Für Tablets gibt es zwei Szenarien: als günstiges Abspielgerät für Apps und Filme oder als Business-Werkzeug, vor allem in der Kreativszene. Für Ersteres ist das Tab S7 zu teuer, für Letzteres fehlen (noch) die Apps. Apples Stärke ist der Zuschnitt auf eine Zielgruppe: Für Einsteiger gibt es das iPad 2020 in der Einstiegsvariante, für Pro s die Pro-Serie. Hier gibt es auch vernünftige Tastaturen für Business-Anwendungen.