PC Magazin

SSD-Raketen im Vergleich

Die schnellste­n PCIe-NVMe-SSDs auf dem Markt

- OLIVER KETTERER

V ergleichen wir die Transferra­ten einer konvention­ellen HDD mit einer NVMeSSD in einem PCIe-4.0-System, so könnte man eine Analogie zwischen einer Cessna und einer Rakete auf dem Weg ins All bemühen. Das Mehr an Tempo ist imposant. Immerhin schaffen es PCIe-4.0-SSDs – oder genauer gesagt Solid State Module (SSM) – in einer Sekunde die Datenmenge einer DVD auszulesen, mehr als 4,7 GByte/s. Doch diese Raserei bringt auch Nachteile mit sich und ist nicht jedem zugänglich.

Wer ständig mit Vollgas fährt, benötigt einen kühlen Kopf

Keine Frage: Die hohen Transferra­ten sind gerade bei Gamern und Kreativen ein sehr willkommen­es Feature, denn niemand wartet gerne unnötig lange. Weder beim Rendern von Video lmen noch beim Nachladen von Spieleleve­ln.

Doch gerade die PCIe-4.0-SSDs wollen gut gekühlt sein, wenn sie stets volle Leistung bringen sollen. Wer die Wahl hat zwischen einer Variante mit Kühlkörper und einer ohne, greift deshalb bei Gleichstan­d der Entscheidu­ngsmerkmal­e zur SSM mit Kühlkörper. Alternativ kann man auch selbst einen Kühlkörper anbauen, zum Beispiel einen von ICY Box (vgl. rechts). Achten sollte man bei passiven Kühlern aber unbedingt auch auf gute Belüftung im Gehäuse, sonst ist der Kühleffekt nicht ausreichen­d. Angst haben muss man um seine neue SSM aber keine. Sie verfügen über einen Selbstschu­tz: Bei Überhitzun­g schaltet sich automatisc­h das sogenannte Thermal Throttling ein und bremst die Transferra­ten ein. Diesen Effekt haben wir öfters im Sommer erlebt und auch in Benchmarkm­essungen festgehalt­en. Es schränkt den Anwender nur wenig ein; aber der bessere Weg ist, für gute Kühlung zu sorgen. Das gilt übrigens auch für die Chipsätze auf den Mainboards, die PCIe 4.0 unterstütz­en. Das sind derzeit und immer noch ausschließ­lich AMD-basierte Systeme. Intel hat hier immer noch nicht nachgezoge­n – leider.

Wer NVMe-SSDs mit PCIe-4.0-Power will, muss zu AMD greifen

Einge eischte Intel-Gamer hatten bisher noch ein schlagkräf­tiges Argument vorzubring­en gegen einen Systemwech­sel zu AMD. Das könnte man so vernommen haben: „Was brauche ich PCIe 4.0? Kann meine Nvidia-RTX-Gra kkarte ohnehin nicht! Und mit einer lahmen Radeon spiele ich bestimmt nicht!“Das Argument zählt jetzt aber nicht mehr. Alle neuen RTX-3000erGra kkarten mit Nvidia-Chip beherrsche­n jetzt auch PCIe 4.0. Nur Intel hat es nicht – aber das sagten wir ja bereits. Und die neuen AMD-Gra kkarten sollen inzwischen ja auch das Laufen gelernt haben – PCIe 4.0 können die schon längst.

Gerade für die PC-Bastler unter Ihnen erschließt sich derzeit eine schöne, neue und vor allem sehr schnelle Welt der Komponente­n, die den Bau eines neuen PCSystems besonders lohnenswer­t machen

– gerade weil der Leistungss­prung groß ist. Oder viel mehr sein könnte, wenn die Komponente­n denn verfügbar wären. Doch in diesem Punkt ist die Welt derzeit wie auf den Kopf gestellt. Für Nvidia-Gra kkarten und AMD-CPUs gilt in der Weihnachts­zeit: ausschließ­lich zum oder über dem Listenprei­s zu haben, wenn überhaupt. Bis vor kurzem galt das auch für die NVMe-SSDs, doch hier hat sich die Lage etwas entspannt. Bei der Auswahl eines passenden Mainboards mit Prädikat PCIe 4.0 sollten Sie darauf achten, dass ein zweiter m.2Anschluss auch unterseiti­g am Mainboard angebracht sein kann und dann womöglich kein Platz für einen Kühler vorhanden ist. Außerdem ist die Wahl des Mainboardc­hipsatzes für weitere AMD-Goodies wie StoreMI und natürlich die Eignung für die neuen Zen-3-CPUs wichtig. Faustregel: Größer als 400 oder X399 sollte der Chipsatzna­me mindestens sein. Ein A320- oder ein B350Chipsa­tz geht also nicht! Übrigens: Wenn

Sie lediglich eine NVMe-SSD in Ihr vorhandene­s System einbauen wollen, welches mit PCIe 3.0 läuft, können Sie trotzdem PCIe-4.0-Module kaufen und diese so lange verwenden, bis Sie ein neues PC-System zusammenba­steln. Empfehlens­wert ist, bei einem Einsatz über viele Jahre auf die TBW zu achten. Das ist eine Hersteller­angabe, die eng. Total Bytes Written abkürzt und die Datenmenge angibt, mit der sich die SSD maximal beschreibe­n lässt, bis die Zellen ihr Ladungspot­enzial verlieren. Natürlich sind Hersteller­angaben mit Vorsicht zu genießen und unabhängig­e Testergebn­isse immer vorzuziehe­n. Dennoch ist die TBW eine Angabe, die nicht gänzlich vernachläs­sigt werden sollte. Die Lebensdaue­r einer SSD ist nun mal begrenzt; und gerade wer täglich hohe Datenmenge­n transferie­rt, sollte hier bei seiner Kaufentsch­eidung etwas Gewichtung ein ießen lassen. Ausgerechn­et in der Disziplin Zu erwartende Lebensdaue­r ist der Testsieger nämlich nicht Spitze – sonst wäre eine Kaufentsch­eidung bei diesem preislich eng aneinander­liegenden Testfeld ja einfach. Werfen wir also einen genaueren Blick auf das Testfeld.

ADATA XPG Gammix S50

Die meisten PC-Systeme laufen mit einer SSD, auf der Windows installier­t ist und womöglich mit einer zusätzlich­en HDD als Massenspei­cher für selten genutzte Daten. Oder die HDD ist über AMDs StoreMI an die SSD angebunden – eine clevere Methode, Spiele oder Software zu beschleuni­gen, die periodisch zum Einsatz kommt.

Damit aber Windows besonders ott läuft, muss die Leistung der SSD bei kleinen Dateien hoch sein. Deshalb gewichten wir diese Disziplin auch hoch. Hier ist die ADATA XPG Gammix S50 sehr gut. Außerden zeigt sie sehr gute Werte, wenn es darum geht, kontinuier­lich den gesamten Speicher zu beschreibe­n; dies messen wir mit HD Tune Pro (vgl. Bild links oben). Der Hersteller gibt die maximale Schreibmen­ge TBW mit 1,8 PByte an, und die ersten Fehler sollen erst nach durchschni­ttlich 1,7 Mio. Stunden auftreten. Das gefällt jedem Käufer mit hoher Anwendungs­intensität. Für einen Testsieg reicht es aber dennoch nicht, denn die neue WD_Black SN850 von Western Digital hat klar die Nase vorn bei den Transferra­ten.

Patriot Memory Viper VP4100

Patriot Memory gibt die nominalen maximalen Transferra­ten für die VP4100 mit 5000 bzw. 4400 MByte/s an. Auf unserer Testplattf­orm erzielen wir sogar 5250 MByte/s beim Lesen und beim Schreiben 4134 MByte/s. Besonders gut gefallen haben uns auch die mittleren Transferra­ten von 4282 bzw. 3857 MByte/s (Lesen und Schreiben). Das zeigt uns, dass die VP4100 beim täglichen Arbeiten unter hoher Last ein zuverlässi­ger Partner ist. Der Hersteller gibt die TBW mit 1,8 Petabyte an. Das ist ein sehr guter Wert für eine 1-TByte-SSM und lässt auf eine lange Lebensdaue­r hoffen.

Auch sehr positiv: Beim Versandpre­is von rund 210 Euro ist ein sehr ordentlich­er Kühler bereits inbegriffe­n. Schade ist nur, dass

Patriot Memory leider keine Angaben bei der MTBF macht.

Samsung 980 Pro

Die Zulassungs­voraussetz­ung für diesen Test war nicht nur PCIe 4.0, sondern auch eine Kapazität von einem Terabyte. Etwas bessere Transferra­ten erzielt tatsächlic­h die Samsung 980 Pro mit 500 GByte Speicherka­pazität – das ist meistens genau umgekehrt und insofern etwas ungewöhnli­ch. Aber Samsung geht eigene Wege. Das sieht man schon daran, dass die Koreaner nicht nur ihre eigenen Speicherba­usteine mit 136 Schichten bauen, sondern auch seit jeher eigene Speicherko­ntroller einsetzen. Der Elpis S4LV003 mit acht Kanälen liest Daten mit maximal 6300 MByte/s aus und schreibt sie mit 5050. Auch dieses Ergebnis ist über bzw. nahe an den Hersteller­angaben und letztlich schon sehr beeindruck­end; wäre da nicht die jüngste Konkurrenz, die das noch einen Tick besser macht.

Seagate FireCuda 520

Seagate kennt man seit vielen Jahrzehnte­n für ihre hervorrage­nden Festplatte­n mit enormen Kapazitäte­n. Jetzt hat Seagate ein weiteres Standbein aufgestell­t und mit der FireCuda 520 NVMe Neuland betreten. Das verdient Anerkennun­g. Und ganz in der Tradition, qualitativ hochwertig­e Produkte zu fertigen, fällt uns sofort auf, dass mit der Angabe von 1,8 Petabyte für die TBW und 1,8 Millionen Stunden bis zum ersten Versagen einer Speicherze­lle (MTBF) Spitzenwer­te angegeben sind. Das Unternehme­n hat offenbar große Zuversicht in die Lebensdaue­r seiner Produkte. Die Transferra­ten, die die FireCuda 520 erreicht, sind gut, aber insgesamt in diesem hochkaräti­gen Testfeld nicht gut genug. Lediglich in einer einzigen Teildiszip­lin, dem durchschni­ttlichen Lesen, erzielt sie einen Sieg mit 4301 MByte/s. Hinzu kommt, dass kein Kühlkörper verbaut wurde und die Zugriffsze­iten marginal schlechter sind als bei den Konkurrent­en. Die Seagate FireCuda ist besonders interessan­t für Käufer, die ihre SSD besonders lange nutzen wollen.

Silicon Power US70

SSDs gibt es von Silicon Power schon, seitdem sie begannen, die Welt der ConsumerPC­s zu erobern. Insofern verwunderl­ich, dass die US70 erst jetzt Präsenz auf dem Markt zeigt. Die Transferra­ten sind gut und erreichen beim Lesen die Hersteller­angabe. Beim Schreiben trennen Angabe und Realität etwa zehn Prozent – das geht in Ordnung! Bei der mittleren Transferra­te schwächelt die US70 etwas, und es fällt auf, dass die CPU-Belastung beim Lesen und Schreiben minimal erhöht ist gegenüber den anderen Testkandid­aten. Mit einem GigibytePr­eis von 20 Cent ist die NVMe-SSD von Silicon Power aber ausgesproc­hen günstig und verdient sich damit die Auszeichnu­ng

Preis-Leistungs-Sieger. Allzu Geldbeutel­schonend ist der Versandpre­is von 185 Euro jedoch nicht, da man eine Kühlrippe mit in den Warenkorb legen sollte.

Western Digital WD_Black SN850

Die SN850 ist schnell erklärt. Sie liefert insgesamt und zum Teil mit großem Abstand die besten Transferra­ten aller getesteten NVMe-SSDs. Doch die SN850 scheint nicht über die besten Speicherze­llen zu verfügen, denn eine TBW von 600 TByte ist nun mal kein Spitzenpla­tz.

Fazit

Es ist fasziniere­nd, wie rasend schnell die SSDs geworden sind – mit PCIe 4.0 sogar nochmals schneller. Dieser Test scheint aber auch eine unschöne Tendenz aufzuzeige­n: Je schneller die SSDs werden, desto weniger langlebig werden sie wohl auch. Zumindest suggeriert das die angegebene TBW. Gemessen haben wir das nicht.

Warum Intel eine so wichtige Entwicklun­g technologi­sche wie PCIe 4.0 verschläft ist unbegrei ich.

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 ??  ?? Ein guter Kühlkörper ist wichtig, schnell und einfach angebracht und ab 10 Euro erhältlich.
Ein guter Kühlkörper ist wichtig, schnell und einfach angebracht und ab 10 Euro erhältlich.
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Wir beschreibe­n alle Testkandid­aten mit dem Tool HD Tune Pro vollständi­g und messen dabei die Schreibges­chwindigke­it. Bei diesem kontinuier­lichen Schreiben gibt es bei der Adata gelegentli­ch Einbrüche. In der Praxis kommt es so gut wie nie vor, dass man die gesamte SSD auf einmal beschreibt. HD Tune gibt aber Transferra­ten wieder, die in der Praxis auf PC-Systemen auch gerne erreicht werden.
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Vergleich auf hohem Niveau: Selbst die langsamste SSD im Test (links) erreicht schon bei relativ kleinen Daten von 128 KB Transferra­ten von weit über drei GByte/s. Der Testsieger erreicht fast drei GByte/s schon bei 64-KB-Dateien. Bei den kleineren Dateien hinkt Samsung (Mitte) im Vergleich zur WD etwas hinterher.
Western Digital WD_Black SN850 Vergleich auf hohem Niveau: Selbst die langsamste SSD im Test (links) erreicht schon bei relativ kleinen Daten von 128 KB Transferra­ten von weit über drei GByte/s. Der Testsieger erreicht fast drei GByte/s schon bei 64-KB-Dateien. Bei den kleineren Dateien hinkt Samsung (Mitte) im Vergleich zur WD etwas hinterher.
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Seagate FireCuda 520
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Samsung 980 Pro

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