SSD-Raketen im Vergleich
Die schnellsten PCIe-NVMe-SSDs auf dem Markt
V ergleichen wir die Transferraten einer konventionellen HDD mit einer NVMeSSD in einem PCIe-4.0-System, so könnte man eine Analogie zwischen einer Cessna und einer Rakete auf dem Weg ins All bemühen. Das Mehr an Tempo ist imposant. Immerhin schaffen es PCIe-4.0-SSDs – oder genauer gesagt Solid State Module (SSM) – in einer Sekunde die Datenmenge einer DVD auszulesen, mehr als 4,7 GByte/s. Doch diese Raserei bringt auch Nachteile mit sich und ist nicht jedem zugänglich.
Wer ständig mit Vollgas fährt, benötigt einen kühlen Kopf
Keine Frage: Die hohen Transferraten sind gerade bei Gamern und Kreativen ein sehr willkommenes Feature, denn niemand wartet gerne unnötig lange. Weder beim Rendern von Video lmen noch beim Nachladen von Spieleleveln.
Doch gerade die PCIe-4.0-SSDs wollen gut gekühlt sein, wenn sie stets volle Leistung bringen sollen. Wer die Wahl hat zwischen einer Variante mit Kühlkörper und einer ohne, greift deshalb bei Gleichstand der Entscheidungsmerkmale zur SSM mit Kühlkörper. Alternativ kann man auch selbst einen Kühlkörper anbauen, zum Beispiel einen von ICY Box (vgl. rechts). Achten sollte man bei passiven Kühlern aber unbedingt auch auf gute Belüftung im Gehäuse, sonst ist der Kühleffekt nicht ausreichend. Angst haben muss man um seine neue SSM aber keine. Sie verfügen über einen Selbstschutz: Bei Überhitzung schaltet sich automatisch das sogenannte Thermal Throttling ein und bremst die Transferraten ein. Diesen Effekt haben wir öfters im Sommer erlebt und auch in Benchmarkmessungen festgehalten. Es schränkt den Anwender nur wenig ein; aber der bessere Weg ist, für gute Kühlung zu sorgen. Das gilt übrigens auch für die Chipsätze auf den Mainboards, die PCIe 4.0 unterstützen. Das sind derzeit und immer noch ausschließlich AMD-basierte Systeme. Intel hat hier immer noch nicht nachgezogen – leider.
Wer NVMe-SSDs mit PCIe-4.0-Power will, muss zu AMD greifen
Einge eischte Intel-Gamer hatten bisher noch ein schlagkräftiges Argument vorzubringen gegen einen Systemwechsel zu AMD. Das könnte man so vernommen haben: „Was brauche ich PCIe 4.0? Kann meine Nvidia-RTX-Gra kkarte ohnehin nicht! Und mit einer lahmen Radeon spiele ich bestimmt nicht!“Das Argument zählt jetzt aber nicht mehr. Alle neuen RTX-3000erGra kkarten mit Nvidia-Chip beherrschen jetzt auch PCIe 4.0. Nur Intel hat es nicht – aber das sagten wir ja bereits. Und die neuen AMD-Gra kkarten sollen inzwischen ja auch das Laufen gelernt haben – PCIe 4.0 können die schon längst.
Gerade für die PC-Bastler unter Ihnen erschließt sich derzeit eine schöne, neue und vor allem sehr schnelle Welt der Komponenten, die den Bau eines neuen PCSystems besonders lohnenswert machen
– gerade weil der Leistungssprung groß ist. Oder viel mehr sein könnte, wenn die Komponenten denn verfügbar wären. Doch in diesem Punkt ist die Welt derzeit wie auf den Kopf gestellt. Für Nvidia-Gra kkarten und AMD-CPUs gilt in der Weihnachtszeit: ausschließlich zum oder über dem Listenpreis zu haben, wenn überhaupt. Bis vor kurzem galt das auch für die NVMe-SSDs, doch hier hat sich die Lage etwas entspannt. Bei der Auswahl eines passenden Mainboards mit Prädikat PCIe 4.0 sollten Sie darauf achten, dass ein zweiter m.2Anschluss auch unterseitig am Mainboard angebracht sein kann und dann womöglich kein Platz für einen Kühler vorhanden ist. Außerdem ist die Wahl des Mainboardchipsatzes für weitere AMD-Goodies wie StoreMI und natürlich die Eignung für die neuen Zen-3-CPUs wichtig. Faustregel: Größer als 400 oder X399 sollte der Chipsatzname mindestens sein. Ein A320- oder ein B350Chipsatz geht also nicht! Übrigens: Wenn
Sie lediglich eine NVMe-SSD in Ihr vorhandenes System einbauen wollen, welches mit PCIe 3.0 läuft, können Sie trotzdem PCIe-4.0-Module kaufen und diese so lange verwenden, bis Sie ein neues PC-System zusammenbasteln. Empfehlenswert ist, bei einem Einsatz über viele Jahre auf die TBW zu achten. Das ist eine Herstellerangabe, die eng. Total Bytes Written abkürzt und die Datenmenge angibt, mit der sich die SSD maximal beschreiben lässt, bis die Zellen ihr Ladungspotenzial verlieren. Natürlich sind Herstellerangaben mit Vorsicht zu genießen und unabhängige Testergebnisse immer vorzuziehen. Dennoch ist die TBW eine Angabe, die nicht gänzlich vernachlässigt werden sollte. Die Lebensdauer einer SSD ist nun mal begrenzt; und gerade wer täglich hohe Datenmengen transferiert, sollte hier bei seiner Kaufentscheidung etwas Gewichtung ein ießen lassen. Ausgerechnet in der Disziplin Zu erwartende Lebensdauer ist der Testsieger nämlich nicht Spitze – sonst wäre eine Kaufentscheidung bei diesem preislich eng aneinanderliegenden Testfeld ja einfach. Werfen wir also einen genaueren Blick auf das Testfeld.
ADATA XPG Gammix S50
Die meisten PC-Systeme laufen mit einer SSD, auf der Windows installiert ist und womöglich mit einer zusätzlichen HDD als Massenspeicher für selten genutzte Daten. Oder die HDD ist über AMDs StoreMI an die SSD angebunden – eine clevere Methode, Spiele oder Software zu beschleunigen, die periodisch zum Einsatz kommt.
Damit aber Windows besonders ott läuft, muss die Leistung der SSD bei kleinen Dateien hoch sein. Deshalb gewichten wir diese Disziplin auch hoch. Hier ist die ADATA XPG Gammix S50 sehr gut. Außerden zeigt sie sehr gute Werte, wenn es darum geht, kontinuierlich den gesamten Speicher zu beschreiben; dies messen wir mit HD Tune Pro (vgl. Bild links oben). Der Hersteller gibt die maximale Schreibmenge TBW mit 1,8 PByte an, und die ersten Fehler sollen erst nach durchschnittlich 1,7 Mio. Stunden auftreten. Das gefällt jedem Käufer mit hoher Anwendungsintensität. Für einen Testsieg reicht es aber dennoch nicht, denn die neue WD_Black SN850 von Western Digital hat klar die Nase vorn bei den Transferraten.
Patriot Memory Viper VP4100
Patriot Memory gibt die nominalen maximalen Transferraten für die VP4100 mit 5000 bzw. 4400 MByte/s an. Auf unserer Testplattform erzielen wir sogar 5250 MByte/s beim Lesen und beim Schreiben 4134 MByte/s. Besonders gut gefallen haben uns auch die mittleren Transferraten von 4282 bzw. 3857 MByte/s (Lesen und Schreiben). Das zeigt uns, dass die VP4100 beim täglichen Arbeiten unter hoher Last ein zuverlässiger Partner ist. Der Hersteller gibt die TBW mit 1,8 Petabyte an. Das ist ein sehr guter Wert für eine 1-TByte-SSM und lässt auf eine lange Lebensdauer hoffen.
Auch sehr positiv: Beim Versandpreis von rund 210 Euro ist ein sehr ordentlicher Kühler bereits inbegriffen. Schade ist nur, dass
Patriot Memory leider keine Angaben bei der MTBF macht.
Samsung 980 Pro
Die Zulassungsvoraussetzung für diesen Test war nicht nur PCIe 4.0, sondern auch eine Kapazität von einem Terabyte. Etwas bessere Transferraten erzielt tatsächlich die Samsung 980 Pro mit 500 GByte Speicherkapazität – das ist meistens genau umgekehrt und insofern etwas ungewöhnlich. Aber Samsung geht eigene Wege. Das sieht man schon daran, dass die Koreaner nicht nur ihre eigenen Speicherbausteine mit 136 Schichten bauen, sondern auch seit jeher eigene Speicherkontroller einsetzen. Der Elpis S4LV003 mit acht Kanälen liest Daten mit maximal 6300 MByte/s aus und schreibt sie mit 5050. Auch dieses Ergebnis ist über bzw. nahe an den Herstellerangaben und letztlich schon sehr beeindruckend; wäre da nicht die jüngste Konkurrenz, die das noch einen Tick besser macht.
Seagate FireCuda 520
Seagate kennt man seit vielen Jahrzehnten für ihre hervorragenden Festplatten mit enormen Kapazitäten. Jetzt hat Seagate ein weiteres Standbein aufgestellt und mit der FireCuda 520 NVMe Neuland betreten. Das verdient Anerkennung. Und ganz in der Tradition, qualitativ hochwertige Produkte zu fertigen, fällt uns sofort auf, dass mit der Angabe von 1,8 Petabyte für die TBW und 1,8 Millionen Stunden bis zum ersten Versagen einer Speicherzelle (MTBF) Spitzenwerte angegeben sind. Das Unternehmen hat offenbar große Zuversicht in die Lebensdauer seiner Produkte. Die Transferraten, die die FireCuda 520 erreicht, sind gut, aber insgesamt in diesem hochkarätigen Testfeld nicht gut genug. Lediglich in einer einzigen Teildisziplin, dem durchschnittlichen Lesen, erzielt sie einen Sieg mit 4301 MByte/s. Hinzu kommt, dass kein Kühlkörper verbaut wurde und die Zugriffszeiten marginal schlechter sind als bei den Konkurrenten. Die Seagate FireCuda ist besonders interessant für Käufer, die ihre SSD besonders lange nutzen wollen.
Silicon Power US70
SSDs gibt es von Silicon Power schon, seitdem sie begannen, die Welt der ConsumerPCs zu erobern. Insofern verwunderlich, dass die US70 erst jetzt Präsenz auf dem Markt zeigt. Die Transferraten sind gut und erreichen beim Lesen die Herstellerangabe. Beim Schreiben trennen Angabe und Realität etwa zehn Prozent – das geht in Ordnung! Bei der mittleren Transferrate schwächelt die US70 etwas, und es fällt auf, dass die CPU-Belastung beim Lesen und Schreiben minimal erhöht ist gegenüber den anderen Testkandidaten. Mit einem GigibytePreis von 20 Cent ist die NVMe-SSD von Silicon Power aber ausgesprochen günstig und verdient sich damit die Auszeichnung
Preis-Leistungs-Sieger. Allzu Geldbeutelschonend ist der Versandpreis von 185 Euro jedoch nicht, da man eine Kühlrippe mit in den Warenkorb legen sollte.
Western Digital WD_Black SN850
Die SN850 ist schnell erklärt. Sie liefert insgesamt und zum Teil mit großem Abstand die besten Transferraten aller getesteten NVMe-SSDs. Doch die SN850 scheint nicht über die besten Speicherzellen zu verfügen, denn eine TBW von 600 TByte ist nun mal kein Spitzenplatz.
Fazit
Es ist faszinierend, wie rasend schnell die SSDs geworden sind – mit PCIe 4.0 sogar nochmals schneller. Dieser Test scheint aber auch eine unschöne Tendenz aufzuzeigen: Je schneller die SSDs werden, desto weniger langlebig werden sie wohl auch. Zumindest suggeriert das die angegebene TBW. Gemessen haben wir das nicht.
Warum Intel eine so wichtige Entwicklung technologische wie PCIe 4.0 verschläft ist unbegrei ich.