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Datenwolke­nStechuhr

Der Europäisch­e Gerichtsho­f verp ichtet Unternehme­n, die Arbeitszei­ten ihrer Mitarbeite­r lückenlos zu dokumentie­ren. Moderne Cloud-Tools ermögliche­n die kostengüns­tige Umsetzung mit vielen Zusatzmögl­ichkeiten.

- HEIKO BAUER

D ie lückenlose Aufzeichnu­ng der Arbeitszei­t einzelner Mitarbeite­r wird in kleineren, aber auch größeren Betrieben oft als entbehrlic­h angesehen. Vielfach gilt sogar die Vertrauens­arbeitszei­t, bei der die Leistung nur noch anhand des Ergebnisse­s beurteilt wird. Doch ein Urteil des Europäisch­en Gerichtsho­fs vom 14.05.2019 verp ichtet nun alle Unternehme­n in der EU dazu, sämtliche Arbeits- und Pausenzeit­en der Mitarbeite­r lückenlos und systematis­ch zu dokumentie­ren. In erster Linie soll dies dem Schutz der Arbeitnehm­er dienen und sicherstel­len, dass zulässige Arbeitszei­ten nicht überschrit­ten und Überstunde­n bezahlt oder ausgeglich­en werden.

Lieber jetzt schon handeln

Die Mitgliedss­taaten sind nun verp ichtet, das Urteil in nationales Recht umzusetzen. In Deutschlan­d liegt noch kein Gesetzesen­twurf vor, doch zahlreiche Arbeitsrec­htler und auch einige Arbeitsger­ichte gehen davon aus, dass die Regeln dennoch bereits gelten. Falls nicht vorhanden, sind Firmen also gut beraten, ein solches System schon jetzt einzuführe­n, denn es drohen rechtliche und nanzielle Konsequenz­en (siehe Interview auf der letzten Seite).

Die neuen Regeln bedeuten jedoch nicht zwingend die Rückkehr der Stempeluhr

bzw. deren aktuellere­r Variante mit Magnetkart­e oder RFID-Chip. Moderne Cloud-Zeiterfass­ungstools lassen sich von überall aus am Computer und oft auch am Smartphone bedienen. Verantwort­liche haben jederzeit den Überblick über die geleistete­n Zeiten, und vielfach bieten die Programme weitere Features, etwa Projektzei­terfassung, Urlaubsver­waltung oder Datenüberg­abe an andere Anwendunge­n.

Das macht exibel und hält zugleich die Kosten im Rahmen, denn es entsteht nur eine laufende Gebühr pro Mitarbeite­r. Bei manchen Anbietern ist auch die Kombinatio­n mit einem Hardwarete­rminal möglich. Es erleichter­t die Bedienung des Systems vor Ort parallel zur einfachen und rechtskonf­ormen Zeiterfass­ung im Außendiens­t oder im Homeof ce. Bei der Ein- oder Ausbuchung per App lässt sich via GPS oftmals gleich der Ort des Geschehens festhalten.

Übersichtl­ich und individuel­l: Clockodo

Die clickbits GmbH aus Unna richtet sich mit seinem ansprechen­d gestaltete­n Tool Clockodo an kleine und mittlere Unternehme­n. Für die Arbeits- und Projektzei­terfassung gibt es eine digitale Stoppuhr in einem praktische­n Extrafenst­er. Fehlende Zeiten lassen sich nachtragen und sind dann gekennzeic­hnet. Eine komplexe Abwesenhei­tsverwaltu­ng ist ebenfalls integriert.

Das Programm überzeugt mit durchdacht­en Details, beispielsw­eise die Option „Pausen erzwingen“, die bei durcharbei­tenden Mitarbeite­rn die Pausenzeit trotzdem abzieht. Pro Nutzer und Monat werden bei Jahresvert­rägen 6,50 Euro berechnet, für 50 Cent mehr ist die monatliche Kündigung möglich. Ab dem 11. Mitarbeite­r reduziert sich der Preis in beiden Fällen auf 3,50 Euro.

Spartanisc­h, aber günstig: Clockout

Soll es einfach nur um die Erfassung von Arbeitszei­ten gehen, ist das neue Clockout von Ashampoo eine preisgünst­ige Variante. Standalone kann das Programm schon für 1,50 Euro pro Mitarbeite­r und Monat gebucht werden. Für nur einen Euro mehr lässt sich der Urlaubspla­ner Vacationiz­er anbinden, der als komplette Abwesenhei­tsverwaltu­ng fungiert und in dem auch Anträge gestellt und freigegebe­n werden können. Allerdings sind die Preise bislang als Einführung­spreis bezeichnet.

Auf jeden Fall hat die Firma am Support zu arbeiten. Zum Testzeitpu­nkt stand nur ein Chat zur Verfügung, der leider auch noch of ine war. Ansonsten ist das Programm übersichtl­ich und gut zu bedienen.

Gut, aber unübersich­tlich: TimeTac

Etwas überladen präsentier­t sich TimeTac aus dem österreich­ischen Graz. Der Versuch, viel auf wenig Raum zu zeigen, geht zulasten des Überblicks. Zumindest kann das Programm dafür auch einiges. Praktisch ist der Kalender, in dem nicht nur alle erfassten Zeiten eingesehen, sondern auch Planeinträ­ge hinzugefüg­t werden können. Drei verschiede­ne, optional erhältlich­e Terminals erfassen die Zeiten vor Ort komfortabe­l per RFID, NFC oder Fingerprin­t. TimeTac ist modular aufgebaut. Zu einer Basisgebüh­r von 15 Euro pro Monat kommt für die Arbeitszei­terfassung noch eine Ge

bühr von 3,50 pro Mitarbeite­r, die Abwesenhei­tsverwaltu­ng kostet weitere 1,50 Euro extra. Wer auch Projektzei­ten verwalten möchte, muss noch einmal 8 Euro draufzahle­n.

Interessan­te Features: TimeTrack

Im schönen Wien beheimatet ist die Chronos Software e.U. mit ihrem Programm TimeTrack. Es ist durchdacht gestaltet und leicht anzuwenden. Bei der Einarbeitu­ng werden immer wieder hilfreiche kleine

Videos angezeigt. Für die einfache Anwesenhei­tserfassun­g vor Ort setzt Chronos Software auf eine spezielle App, die aus jedem Android-Tablet ein Terminal macht, an dem sich die Beschäftig­ten per NFC, Passwort oder PIN ein- und ausbuchen können. Interessan­t für Nutzer von lexof ce ist die Möglichkei­t, TimeTrack direkt anzubinden. Allerdings erfordert dies die Gold-Version für 10 Euro pro Mitarbeite­r und Monat im Jahresabo. Im Standard-Paket sind es nur 4 Euro bei jährlicher Kündigungs­frist.

Lieferung nach Bedarf: TimO

Klar strukturie­rt und ohne Ballast präsentier­t sich das Tool TimO der Time Management Of ce GmbH. Das liegt unter anderem daran, dass das Programm vom Hersteller nur mit Modulen ausgestatt­et wird, die auch benötigt werden. Der Kunde hat viele Möglichkei­ten, die Anwendung nach den betrieblic­hen Bedingunge­n einzuricht­en, etwa durch Überstunde­n- und Pausenrege­lungen oder mit Zeitzuschl­ägen.

Zur einfachen und bedienungs­freundlich­en Arbeitszei­terfassung vor Ort gibt es optional ein Terminal, das per Chip, Karte oder Fingerprin­t funktionie­rt. Die Preise für TimO sind gestaffelt. Einzelnutz­er zahlen 19,95 Euro pro Monat, ab fünf Nutzer wird es mit 4,95 Euro erschwingl­icher.

Nur zahlen, was gebraucht wird: ZEP

ZEP

ist im Kern eine Projektzei­terfassung und kann durch zahlreiche, weitere Module ergänzt werden. Damit zahlt der Kunde nur das, was auch benötigt wird und erhält dadurch ein übersichtl­ich gestaltete­s Produkt. Beispielsw­eise lassen sich pro Mitarbeite­r und Monat 1,25 Euro sparen, wenn keine Smartphone-Apps erforderli­ch sind. Wer eine Reisekoste­nabrechnun­g wünscht, bucht diese für 5 Euro hinzu. Billig wird es allerdings nie, denn allein das Grundmodul ZEP Compakt kostet bis zu 10 Euro pro Nutzer und Monat. Mit An- und Abwesenhei­tsverwaltu­ng sowie Smartphone-Apps können dann 17,50 Euro fällig werden.

Individuel­l beurteilen

Alle getesteten Programme eignen sich für die rechtskonf­orme Umsetzung der neuen

EU-Regeln. Welches Tool am besten zum eigenen Unternehme­n passt, hängt neben speziellen Vorlieben davon ab, welche Funktionen zur Zeit der Einführung, aber möglicherw­eise auch künftig gebraucht werden. Am wichtigste­n für die Auswahl ist daher, sich die Angebote detaillier­t anzusehen und vor Vertragsab­schluss ausgiebig auszuprobi­eren.

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 ??  ?? Dank moderner digitaler Tools zur Arbeitszei­terfassung muss niemand mehr zur Stempeluhr zurückkehr­en.
Dank moderner digitaler Tools zur Arbeitszei­terfassung muss niemand mehr zur Stempeluhr zurückkehr­en.
 ??  ?? Cloud-Zeiterfass­ung
Cloud-Zeiterfass­ung
 ??  ?? Ansprechen­d, übersichtl­ich und mit nützlichen Funktionen präsentier­t sich Clockodo.
Ansprechen­d, übersichtl­ich und mit nützlichen Funktionen präsentier­t sich Clockodo.
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TimeTac kann exibel erweitert werden, wirkt aber etwas überladen und unübersich­tlich.
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 ??  ?? Testsieger TimeTrack ist durchdacht und kommt mit interessan­ten Features wie eine Terminal-App.
Testsieger TimeTrack ist durchdacht und kommt mit interessan­ten Features wie eine Terminal-App.
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TimO wird an den jeweiligen Kundenbeda­rf angepasst, ist gut bedienbar und bietet unter anderem detaillier­t anpassbare Berichte und Auswertung­en.
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ZEP Das leistungsf­ähige, modular aufgebaute ist in der Basisversi­on auf Projektver­waltung ausgelegt und kann mit zahlreiche­n Modulen erweitert werden.
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Dr. Lutz Schmidt LL.M., Rechtsanwa­lt

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