Alles in 3D
Der Artikel zeigt Lösungen für den 3D-Druck und erklärt die Vorteile und Grenzen von Schmelzschichtung, Lichtschnitt & Co.
VOR EIN PAAR JAHREN waren 3D-Druck und 3D-Scan noch etwas für Nerds oder – als absolutes Gegenteil davon – für die Fertigung professioneller Prototypen. Inzwischen entdecken immer mehr ambitionierte Hobbyisten und Selbstständige die Vorteile der Desktop-3D-Drucker und -Scanner. Deshalb gibt es immer mehr Geräte. Das vergrößert die Auswahl, macht es Ihnen aber schwerer, das passende Produkt zu finden. Wir stellen hier geeignete Lösungen vor, um Gegenstände auszudrucken beziehungsweise zunächst einzuscannen. Dabei gehen wir auf die gängigen Verfahren ein und erklären, wo die Vorteile und Grenzen von Schmelzschichtung, Lichtschnitt und Co. liegen.
3D-Drucker: So entstehen dreidimensionale Objekte
Die 3D-Drucker arbeiten mit unterschiedlichen additiven Drucktechniken. Am weitesten verbreitet sind Drucker mit Schmelzschichtverfahren – Fused Deposition Modeling oder Fused Filament Fabrication. Hier schmilzt der 3DDrucker Kunststoff (Filament), um ihn Schicht um Schicht aufeinanderzusetzen. Dabei tritt das erhitzte Filament aus einer Druckdüse (Extruder) aus, wird auf der Bauplattform aufge- tragen und gehärtet. Die Kunststoffe sind entweder als Rollenware oder als Stäbchen erhältlich. Zu den beliebtesten Kunststoffarten zählen ABS (Acrylnitril-Butadien-Styrol) und PLA (Polylactid, Polymilchsäure). ABS benötigt in der Regel einen Schmelzpunkt von über 220 Grad Celsius und eine beheizbare Bauplattform, um Verzerrungen beim Aushärten zu verhindern. PLA-Kunststoff lässt sich dagegen bei etwas niedrigeren Temperaturen ab 180
„Der Trend zum geschlossenen System vereinfacht das 3D-Drucken, hilft aber nicht der Maker-Community.“
Grad Celsius verarbeiten und kann mit unbeheizten Bauplattformen umgehen. Wie gut das Objekt ausfällt, hängt von der Vorlage, der Druckauflösung und dem von der Drucker-Software erstellten Maschinencode ab. Überhänge wie etwa einen ausgestreckten Arm realisieren die 3D-Drucker mithilfe von Stützen (Support), die sie während des Drucks aufbauen. Sie lassen sich im Nachhinein wieder entfernen. Damit die Objekte sicher auf der Bauplattform haften, bekommen Sie Hilfsplattformen – sogenannte Rafts. Auch sie entstehen mit dem Gegenstand und werden nach dem Druck abgebrochen. Die kunststoffverarbeitenden 3D-Drucker gibt es inzwischen in einer sehr großen Auswahl. Die meisten arbeiten mit einer Druckdüse. Für mehrfarbige Gegenstände müssen Sie entweder während des Drucks den Kunststoff tauschen oder ein Gerät mit zwei Druckdüsen nutzen.
Günstiger Einstieg: Der 3D-Drucker als Bausatz
Um möglichst günstig ins Objektedrucken einzusteigen, bauen Sie den 3D-Drucker selbst zusammen. Der Bausatz des Velleman K8200 beispielsweise kostet rund 500 Euro. Der 3DDrucker kann mit ABS und PLA umgehen. Für Bausätze sollten Sie handwerkliches Geschick mitbringen und viel Zeit einrechnen, um das Gerät in Betrieb zu nehmen. Außerdem hilft es, mit dem Lötkolben umgehen zu können und Elektronik-Grundkenntnisse zu haben. Einige Druckermodelle gibt es als Bausatz und als fertig montiertes Gerät – etwa den Ultimaker. Hier sparen Sie mit dem Bausatz etwa 300 Euro: Ultimaker Original kostet rund 1200 Euro, das Fertiggerät hingegen 1500 Euro. Ähnlich sieht es beim Conrad-Modell Renkforce RF1000 aus, das als Fertigvariante schon im PC-WELT-Testcenter war. Den Bericht finden Sie unter www.pcwelt.de/1942292. Der 3DDrucker ist mit 1500 Euro als Bausatz satte 500 Euro günstiger als das fertig montierte Gerät. Das Conrad-Modell lässt sich außerdem durch einen Fräs- und Graviereinsatz erweitern. Die Halterung gibt es als extra Bausatz und kostet je nach Fräsenhersteller bis zu 50 Euro. Manche 3D-Drucker-Modelle gibt es ausschließlich als Bausatz. Bekannt sind etwa die Geräte von German Reprap, wie die ProtosReihe V2 und V3 sowie der X400. Oft lassen sie sich als Basiskits kaufen und an eigene Bedürfnisse anpassen. Selbst in den Grundversionen sind diese 3D-Drucker zum Selbstmontieren nicht gerade günstig. So kostet etwa der V3 rund 1000 Euro. Dafür bringen sie in der Regel einen recht großen Bauraum mit, können mit unterschiedlichen Filamenten umgehen und lassen sich erweitern – etwa durch andere Druckplattformen, Schrittmotoren oder einen zweiten Extruder.
Der Trend geht zum geschlossenen System
Eigentlich ist dieses Erweitern und Basteln der Kern des 3D-Drucks: Denn von den Modifikationen soll die ganze Maker-Community profitieren. Inzwischen setzen jedoch viele Hersteller von Fertiggeräten auf geschlossene Systeme – darunter Makerbot mit der Gerätereihe Replicator. So können Sie die Geräte nur mit der hauseigenen Drucker-Software Makerbot Desktop betreiben und müssen anstelle des offenen Maschinencodes G-Code das proprietäre Format Makerbot akzeptieren. Im Gegenzug erhalten Sie bedienfreundliche 3D-Drucker, die sich dank WLAN-Anbindung und eingebauter Kamera über die App Makerbot Mobile vom Smartphone oder Tablets aus überwachen und steuern lassen. Unter den aktuellen Modellen markiert der Replicator Mini für 1600 Euro den Einstiegsbereich. Er beherrscht nur eine Auflösungsstufe und druckt ausschließlich mit Raft. Diese Merkmale machen ihn für den professionellen Einsatz zu unflexibel. Hierfür eignet sich der Replicator Desktop 3D Printer Fifth Generation für rund 3300 Euro. Beide Geräte haben wir getestet (Seite 82). Die ausführlichen Berichte inklusive Video finden Sie auf Heft-DVD und unter www. pcwelt. de/ 2086006 und www. pcwelt. de/2085396.
Einen besonders großen Bauraum bietet der Replicator Z18. Er kann Gegenstände bis 30,5 x 30,5 x 45,7 Zentimeter (Breite x Tiefe x Höhe) erstellen, ist aber mit rund 7700 Euro entsprechend teuer. Ein weiterer Verfechter einer geschlossenen 3D-Druck-Infrastruktur ist XYZ Printing. Der Hersteller aus Taiwan setzt auf Patronen mit Chip, in denen sich die Filamentrollen befinden. Wollen Sie das Material wechseln, sind Sie deshalb auf das Angebot des Herstellers angewiesen. Dabei sind die 3D-Drucker vergleichsweise günstig in der Anschaffung – wie etwa der Da Vinci 1.0 für 600 Euro. Er kommt aber im Unterhalt entsprechend teuer, wie der Test zeigt ( www.pcwelt.de/1983934). Den 3D-Drucker gibt es in einer erweiterten Variante als Kombigerät inklusive 3D-Scanner unter der Bezeichnung da Vinci 1.0 AiO für rund 800 Euro. Wechseln Sie vom Drucken zum Scannen, fährt die Bauplattform nach oben und legt einen Drehteller zum Scannen frei. Rotlichtlaser und Kameras tasten die Oberfläche des Objekts auf dem Teller ab und digitalisieren es. In der Praxis erweist sich das Verfahren als empfindlich, da es stark von den Farben des Scanobjekts abhängt. Rote Bereiche sieht die Kamera aufgrund der Laserfarbe nicht. Zu dunkle Farben erkennt sie auch schlecht, da sie zu wenig reflektieren.
Eine riesige Auswahl: 3D-Drucker-Fertiggeräte
Die größte Auswahl für den 3D-Druck finden Sie unter den Fertiggeräten. Die steigende Konkurrenz hat den Effekt, dass die Geräte besser ausgestattet, umfangreicher dokumentiert und leichter bedienbar sind. Unter den Geräten, die sich sowohl für ambitionierte Hobby- isten wie für den professionellen Einsatz eignen, sind Ausstattungsmerkmale wie Display oder SD-Kartenslot weit verbreitet. Die 3DDrucker lassen sich damit sowohl über USB als auch ohne PC über die Speicherkarte zum Drucken nutzen. Sie liegen im Preisbereich von 1000 bis 2000 Euro. Als Beispiel für einen gelungenen Einstieg dient der spanische Hersteller BQ mit der Witbox für rund 1700 Euro. Der 3D-Drucker bringt im Lieferumfang Kalibriermatte, Spachtel und Kleber mit. Außerdem kann der Objektedrucker mit unterschiedlichen Druckprogrammen umgehen. So bleibt es Ihnen überlassen, ob Sie sich für Cura oder Repetier Host entscheiden. Wie die Witbox im Test abgeschnitten hat, steht unter www.pcwelt.de/2058229. Weniger flexibel sind dagegen die absoluten Einstiegsgeräte wie etwa der German Reprap Neo für rund 700 Euro. Sie sind meist auf die USB-Verbindung zum Rechner angewiesen und bringen weder Display noch Karten-Slot mit. Das erschwert die Bedienung, denn Sie müssen alle Aufgaben über den Rechner und die Drucksoftware anstoßen – auch das Kalibrieren der Bauplattform oder das Laden der Filament-Rolle. Genau hinsehen sollten Sie bei den Einstiegsdruckern auch in Sachen Lieferumfang. Denn wie beim Neo fehlt das Filament nicht selten. Stattdessen liegt nur eine Materialprobe im Paket, mit der Sie das Gerät gerade einmal in Betrieb nehmen können.
Neu für den Desktop-Drucker: Stereolithografie
Als Alternative zur Schmelzschichtung hält mit der Stereolithografie (SLA) nun eine weitere Technik Einzug im heimischen und semiprofessionellen Bereich. Das Verfahren verwendet flüssiges Photopolymer-Kunstharz (Resin) als Druckmaterial, das per UV-Laser ausgehärtet wird. Die Flüssigkeit befindet sich in einem Behälter. Das Druckobjekt entsteht kopfüber, die Bauplattform senkt sich von oben in das Becken mit dem Resin. Wie bei den Kunststoffdruckern baut der SLA-Drucker das Objekt schichtweise auf. Dabei erreicht er derzeit Auflösungen von bis zu 0,025 Millimetern. Nach dem Druck muss das Objekt in einem Alkoholbad liegen und für mehrere Stunden trocknen und aushärten. Auch das SLA-Gerät nutzt Support-Strukturen und Hilfsplattformen, um Überhänge oder runde Gegenstände zu realisieren. Nach dem Druck ist die einzelne Schicht nicht mehr zu erkennen. Die Oberflächen sind extrem glatt und geschlossen. Einer der ersten SLA-3D-Drucker für den Schreibtisch stammt von Formlabs aus den USA. Das aktuelle Modell Form 1+ stellt bereits die zweite Gerätegeneration dar und kostet rund 3400 Euro. Damit es die gesamte Bauplattform von 12,5 x 12,5 x 16,5 Zentimetern (B x T x H) mit dem Laser erreicht, sind drei Spiegel im Inneren angebracht. Eines der derzeit günstigsten Modelle mit SLA-Technik stammt von XYZ Printing. Der Nobel 1.0 kostet rund 2000 Euro. Die Drucker sind für den professionellen Einsatz vorgesehen. Neben Prototypen und Design-Einzelstücken sollen sie sich auch für Kleinserien eignen. Allerdings liegen die SLA-Geräte bei den Materialkosten über den Kunststoff-Druckern. Ein Liter Kunstharz kostet derzeit rund 140 Euro.
3D-Scanner: So funktioniert das Lichtschnittverfahren
Statt ein Objekt in einer entsprechender Software zu entwerfen, lässt sich eine 3D-Vorlage
auch über einen dreidimensionalen Scan erzeugen. Wie der 3D-Druck ist aber auch das räumliche Digitalisieren so komplex, dass Sie sich erst einmal einarbeiten müssen. Wer nicht viel Geld in die Hardware investieren will, um kleine Objekte in digitaler Form zu erhalten, greift zum Bausatz des DrehtellerScanners Ciclop von BQ für rund 250 Euro, der komplett auf Open Source basiert. Das schließt die Software Horus ein, die der Hersteller entwickelt hat. Sie steht frei zum Download bereit. Als Kamera für die Scanaufnahmen nutzt Ciclop die Logitech HD Webcam C270. Das gesamte Projekt läuft unter Diwo, der Schul- und Entwicklerplattform von BQ. Das Kürzel steht für „Do it with others“( http://diwo.bq.com/en/). Wie das bereits erwähnte Drucker-ScannerKombigerät von XYZ Printing Da Vinci 1.0 AiO nutzt auch Ciclop das Lichtschnittverfahren, um das Objekt zu erfassen. Dabei steht der Gegenstand in der Mitte des Drehtellers und rotiert vor der Kamera. Seitlich neben der Kamera sind zwei Laser eingebaut, die abwechselnd eine rote Linie über das Objekt werfen. Die Kamera erfasst die Linien und erkennt Oberfläche und Textur anhand der Verzerrungen. Damit das funktioniert, darf der Laser die Linie nicht in den freien Raum werfen, denn dann kann die Kamera den Linienbruch nicht genau aufnehmen und weiß nicht, wo der Umriss des Objekts verläuft. Eine weiße Wand bietet sich hier als Projektionsfläche an. BQ gibt eine Abtastgenauigkeit von 0,5 Millimetern an. Auf den Drehteller können Gegenstände mit einem Gewicht von maximal 3 Kilogramm. Das mögliche Scanvolumen liegt bei bis zu 250 Millimetern im Durchmesser und 205 Millimetern in der Höhe. Technisch vergleichbar arbeitet die 3D-Drehteller-Scanlösung Digitizer von Makerbot für 950 Euro, die jedoch wie schon bei den 3DDruckern ein in sich geschlossenes System darstellt. Der Vorteil: Die mitgelieferte ScanSoftware ist übersichtlich aufgebaut. Der Nachteil: Sie erhalten am Ende des Scans automatisch eine proprietäre Thing-Datei. Für das druckkompatible STL-Format müssen Sie die Datei extra abspeichern. Die Detailauflösung liegt wie beim Ciclop bei maximal 0,5 Millimetern. Auch hier ist das maximale Gewicht auf dem Drehteller auf 3 Kilogramm begrenzt. Das Scanvolumen ist mit 203 Millimetern im Durchmesser und in die Höhe sogar geringer als beim Open-Source-Scanner.
Alternative für den 3D-Scan: Ein portabler Handscanner
Professionelle 3D-Handscanner wie der Artec Eva kosten um die 10 000 Euro – das dürfte selbst für professionelle Einsteiger in der Regel eine zu hohe Investition sein. Wer trotzdem per Handgerät dreidimensional scannen will, greift zum Cubify Sense von 3D Systems für rund 370 Euro. Das Gerät wirft ein InfrarotLichtmuster auf das Scanobjekt und berechnet dessen Form aufgrund der Verzerrungen auf der Oberfläche. Die mitgelieferte Software errechnet daraus das 3D-Modell und bietet gleichzeitig einige Werkzeuge, um Scanfehler zu beheben. Die fertige Datei lässt sich in den Standardformaten STL, OBJ oder PLY abspeichern oder direkt auf den 3D-Drucker senden. Allerdings klappt das nur mit dem hauseigenen Modell Cube. Der Mindestabstand vom Scanobjekt beträgt rund 40 Zentimeter, die weiteste Entfernung gibt der Hersteller mit drei Metern an. Das Scanvolumen ist mit 20 Zentimetern bis zu drei Metern variabel.
Fazit: Keine Lösung ohne Ausprobieren
Welcher 3D-Drucker oder -Scanner für Sie das Richtige ist, hängt davon ab, was Sie damit erreichen wollen. Das Wichtigste beim Einstieg in den 3D-Druck ist aber: Nehmen Sie sich dafür Zeit. Denn das dreidimensionale Arbeiten erschließt sich nicht auf Anhieb, obwohl sich Drucker immer einfacher bedienen lassen. Wer sein System gerne erweitert, liegt mit einem Open-Source-Bausatz für Drucken und Scannen richtig. Proprietäre Systeme sind aber bequemer in der Bedienung. Bei den fertig montierten Druckern werden die Preise weiter sinken. Dazu könnte die SLA-Technik als Alternative zu Kunststoffdruckern beitragen. Einige der genannten 3D-Drucker und -Scanner finden Sie auch im Video zu diesem Artikel auf DVD oder unter www.pcwe.lt/AgmDe0.