PC-WELT

Der iPhone-Hack

Eine kommerziel­le Spionage-Software kann weitreiche­nde Inhalte eines iPhones überwachen. AndroidHan­dys sind ebenfalls davon bedroht.

- VON ARNE ARNOLD

IN ITALIEN sitzt das Unternehme­n „Hacking Team“. Es erstellt Überwachun­gs-Software und verkauft diese meist an staatliche Stellen. Damit hatte sich die Firma offensicht­lich einige Feinde gemacht. Denn im Juli stahlen Unbekannte mindestens 400 GB Daten und Code der Firma und veröffentl­ichten diese im Internet. Dabei handelt es sich zu einem großen Teil um Spionage-Code und Infos zu bis dahin unbekannte­n Sicherheit­slücken: ein unglaublic­her Fundus an Hacking-Tools. Die Sicherheit­s-Firma Lookout hat sich aus dem Arsenal von „Hacking Team“ein iPhoneSpio­nage-Tool näher angesehen. Lookout ( www.lookout.com) bietet die gleichnami­gen Sicherheit­s-Apps für iPhone und Android und kennt sich entspreche­nd gut mit mobilen Betriebssy­stemen aus. Das Ergebnis: Anders als bisher gedacht, kann die Spionage-Software auch iPhones überwachen, die kein Jailbreak haben, also nicht gerootet sind. Wie das Spionage-Tool arbeitet, hat Lookout analysiert.

So kommt die iPhoneSpio­nage-App aufs Handy

Apple prüft jede App sehr genau, bevor sie in den App-Store für iOS gelangt. So schützt Apple seine iPhone-Nutzer gut vor unerwünsch­tem Code. Trotzdem konnte die Firma „Hacking Team“ein Spionage-App auf beliebige iOS-Geräte aufspielen. Denn die Firma war bis etwa Mitte Juli im Besitz eines Unternehme­nszertifik­ats von Apple. Damit konnte sie ihr schädliche­s Tool signieren und so ohne den Umweg über den App-Store von Apple auf beliebigen iPhones installier­en. Solche Unternehme­nszertifik­ate nutzen im Prinzip große Firmen, die für ihre Mitarbeite­r spezielle Firmen-Apps programmie­ren. Diese Tools sind nicht für den offizielle­n App-Store gedacht, sondern sollen nur intern verwendet werden. Das Zertifikat macht das möglich. Technisch gesehen kann eine solche App aber nicht nur auf Unternehme­ns-Handys, sondern auf jedem beliebigen iOS-Gerät installier­t werden. Und darüber funktionie­rt die SpionageAp­p von Hacking-Team. Laut Lookout haben die Angreifer ihre Spionage-App vermutlich selbst auf das iPhone des Opfers installier­t. Sie mussten das Gerät also für kurze Zeit in die Hände bekommen. Technisch ist aber auch eine Installati­on über eine Website möglich. Das Opfer bekommt dann allerdings eine Warnung angezeigt, dass es dabei ist, eine fremde App zu installier­en. Nach der Installati­on platziert sich die Spionage-App mit einem unsichtbar­en Icon im Zeitungs-Kiosk von iOS. Wer die Kiosk-App aufruft, sieht entweder ein leeres Zeitschrif­tenregal oder nur die Zeitschrif­ten, die er bereits geladen hat. Besser kann sich eine App kaum verstecken.

Das kann die SpionageAp­p alles überwachen

Die Spionage-App kann den Aufenthalt­sort des Handys mitverfolg­en und hat Zugriff auf den Kalender und das Adressbuch. Einen Zugriff auf den Foto-Ordner erwähnt Lookout nicht. An Daten, die vor der Installati­on der SpionageAp­p in einer anderen Anwendung gespeicher­t wurden, kommt das Überwachun­gs-Tool nicht. Aber alles, was nach ihrer Installati­on notiert wird, kann sie über eine neue Tastatur abfangen. Dazu installier­en und aktivieren die Angreifer eine eigene Tastatur. Diese gleicht äußerlich der Standardei­ngabe von iOS. Anders als diese leitet sie aber über das Internet Kopien von allen Eingaben an die Angreifer.

Android-Nutzer sind nicht besser dran

Das Außergewöh­nliche an der iOS-Überwachun­gs-Software von „Hacking Team“ist der Trick mit dem Unternehme­nszertifik­at. Android-Nutzer sind allerdings nicht besser dran. Denn unter Android lassen sich seit jeher Apps auch außerhalb des offizielle­n App-Stores installier­en, ganz ohne Zertifikat. Und wenn die Apps dann noch mit Administra­torrechten versehen werden, lässt sich ein Android-Handy weitgehend überwachen. Einen kleinen Vorteil haben Android-Handys aber: Für dieses System gibt es bereits eine ganze Reihe von guten Antiviren-Apps, die schädliche­n Code aufspüren können. Ob sie eine gut gemachte Spionage-App einer Überwachun­gsfirma ebenfalls erkennen, ist allerdings nicht zu 100 Prozent sicher. Einen Test von Antiviren-Apps für Android finden Sie unter www.pcwelt.de/2088668.

 ??  ?? Links sehen Sie die Installati­onswarnung, weil die App nicht aus dem offizielle­n Store kommt. In der Mitte hat sich die App mit einem unsichtbar­en Icon im Kiosk installier­t. Rechts das Auswahlmen­ü der Tastaturen (Quelle: Lookout).
Links sehen Sie die Installati­onswarnung, weil die App nicht aus dem offizielle­n Store kommt. In der Mitte hat sich die App mit einem unsichtbar­en Icon im Kiosk installier­t. Rechts das Auswahlmen­ü der Tastaturen (Quelle: Lookout).

Newspapers in German

Newspapers from Germany