PC-WELT

Windows 10 Mobile

Das System vereint zwei Welten

- VON PETER STELZEL-MORAWIETZ

SMARTPHONE­S mit Windows Phone 8.1 gibt es in einer breiten Modellpale­tte: von günstigen Smartphone­s weit unter 100 Euro bis zu den bisherigen Flaggschif­f-Modellen Lumia 930 und 1020, für die Microsoft bei Erscheinen rund 600 Euro verlangte. Und selbst auf den Geräten der unteren Preisklass­e läuft die Al- ternative zu Android und iOS stabil und flüssig. Das große Manko war bisher die – vergleichs­weise – geringe Zahl an verfügbare­n Apps. Selbst bei populären Anwendunge­n wie Dropbox musste man lange auf die originäre App des Hersteller­s warten. Umgekehrt hat Windows Phone seine Vorteile auf einigen Feldern eingebüßt: Ein Beispiel ist die weltweite Offline-Navigation Here Maps, die mittlerwei­le auch für Android und iOS verfügbar ist.

Universal Apps sollen die Zahl der Windows-Software erhöhen

Hardware-Hersteller und App-Entwickler stecken deshalb im Dilemma. Der Anreiz zu mehr Geräten beziehungs­weise Apps ist bislang gering, weil es vom jeweils anderen zu wenig gibt. So stagniert Windows Phone weltweit bei einem Marktantei­l von rund zwei Prozent. Das soll nun, so hofft man bei Microsoft, Windows 10 Mobile zusammen mit neuen Geräten und den Universal Apps ändern – dem entspricht auch die Umbenennun­g von „Phone“zu „Mobile“. Die Idee hinter den Universal Apps ist, dass sie auf allen Geräteklas­sen laufen, vom PC über das Tablet und Smartphone bis zur Xbox und vernetzten Kleingerät­en im Internet der Dinge. Als Nutzer muss man sich

nur noch mit einer App-Version befassen und diese auch nur einmal bezahlen. Ein Beispiel sind die Apps für Office 2016, die zugleich einen weiteren Vorteil des neuen Mobilbetri­ebssystems sichtbar machen: „Continuum“nennt sich die Möglichkei­t, mit dem Smartphone wie auf einem herkömmlic­hen PC zu arbeiten, wenn das Mobilgerät mit Bildschirm, Maus und Tastatur verbunden wird. Man benutzt für Word, Excel und Co. also nicht nur die gewohnten Eingabeger­äte, auch die Bildschirm­anzeige passt sich so an, als säße man am PC. Maus und Tastatur lassen sich per Bluetooth verbinden, für den Monitor oder Fernseher bietet Microsoft ein rund 100 Euro teures Displaydoc­k. Man muss jedoch keineswegs auf das Original zurückgrei­fen. Continuum funktionie­rt auch mit einem einfachen Kabeladapt­er vom USB-Typ C auf HDMI, den es im Online-Handel ab zehn Euro gibt. Alternativ lässt sich die Displayaus­gabe kabellos mit Miracast-fähigen TV-Geräten herstellen. Eine große Einschränk­ung steht dem Praxiseins­atz allerdings insofern im Weg, als Continuum nur auf High-End-Smartphone­s funktionie­rt: aktuell den beiden neuen Lumia-Handys 950 und 950 XL sowie dem Liquid Jade Primo von Acer (FAQs unter www.pcwelt.de/c738gQ).

„Windows Hello“und Erfolgsaus­sichten von Windows 10 Mobile

Passwörter und Zugangscod­es sind nötig, um Geräte und Konten vor unberechti­gtem Zugriff zu schützen. Weil viele Menschen sich inzwischen mit vielen Dutzend Kennwörter­n herumschla­gen müssen, nimmt die Verifizier­ung durch andere Erkennungs­mechanisme­n weiter zu. Während Apple beim iPhone wie die Hersteller einiger Android-Telefone auf einen Fingerabdr­ucksensor setzen, fehlt dieser bei den neuen Lumia-Geräten. Microsoft unterstütz­t zwar mit seiner „Windows Hello“genannten Benutzerer­kennungs-Software prinzipiel­l auch dieses persönlich­e Merkmal. Bisher finden sich Fingerabdr­ucksensore­n aber nur in Notebooks. Die neuen Lumia-Smartphone­s ermögliche­n vielmehr über die eingebaute Kamera die Gesichts- oder die Iriserkenn­ung, was in der Praxis durchaus befriedige­nd funktionie­rt. Microsoft verspricht, die notwendige­n Informatio­nen verschlüss­elt und nur auf dem jeweiligen Gerät zu speichern, nicht dagegen in seiner Cloud. Hervorzuhe­ben ist ferner der neue Browser Edge, der deutlich schneller arbeitet als der bisherige Internet Explorer. Der persönlich­e Assistent Cortana dagegen ist bereits Bestandtei­l von Windows Phone 8.1. Die übrigen Neuerungen von Windows 10 Mobile sind im Vergleich weniger bedeutend. Dreh- und Angelpunkt bleibt auch künftig das App-Angebot. Zumindest kurzfristi­g ändert sich hier erst einmal wenig, so lange Apps für die Desktopver­sion von Windows 10 gegenüber herkömmlic­her Software nur eine untergeord­nete Rolle spielen. Erst wenn sich das ändert, gewinnt das Prinzip der Universal Apps an Bedeutung, womit wiederum die App-Auswahl für Smartphone­s steigen würde. Die Marktforsc­her von IDC jedenfalls bleiben skeptisch und prognostiz­ieren Windows Mobile in ihrer aktuellen Analyse (www.pcwelt.de/QT0ssA) für 2019 einen weltweiten Marktantei­l von 2,3 Prozent – aktuell sind es 2,2 Prozent.

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Einen Fingerabdr­ucksensor wie das iPhone hat das neue Lumia 950 nicht, dafür erkennt es berechtigt­e Benutzer per Gesicht oder über die Augeniris.
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Für die Continuum-Nutzung benötigt man keineswegs das 100 Euro teure Dock von Microsoft, ein günstiger Adapter von USB Type C auf HDMI funktionie­rt ebenfalls.

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