Windows 10 Mobile
Das System vereint zwei Welten
SMARTPHONES mit Windows Phone 8.1 gibt es in einer breiten Modellpalette: von günstigen Smartphones weit unter 100 Euro bis zu den bisherigen Flaggschiff-Modellen Lumia 930 und 1020, für die Microsoft bei Erscheinen rund 600 Euro verlangte. Und selbst auf den Geräten der unteren Preisklasse läuft die Al- ternative zu Android und iOS stabil und flüssig. Das große Manko war bisher die – vergleichsweise – geringe Zahl an verfügbaren Apps. Selbst bei populären Anwendungen wie Dropbox musste man lange auf die originäre App des Herstellers warten. Umgekehrt hat Windows Phone seine Vorteile auf einigen Feldern eingebüßt: Ein Beispiel ist die weltweite Offline-Navigation Here Maps, die mittlerweile auch für Android und iOS verfügbar ist.
Universal Apps sollen die Zahl der Windows-Software erhöhen
Hardware-Hersteller und App-Entwickler stecken deshalb im Dilemma. Der Anreiz zu mehr Geräten beziehungsweise Apps ist bislang gering, weil es vom jeweils anderen zu wenig gibt. So stagniert Windows Phone weltweit bei einem Marktanteil von rund zwei Prozent. Das soll nun, so hofft man bei Microsoft, Windows 10 Mobile zusammen mit neuen Geräten und den Universal Apps ändern – dem entspricht auch die Umbenennung von „Phone“zu „Mobile“. Die Idee hinter den Universal Apps ist, dass sie auf allen Geräteklassen laufen, vom PC über das Tablet und Smartphone bis zur Xbox und vernetzten Kleingeräten im Internet der Dinge. Als Nutzer muss man sich
nur noch mit einer App-Version befassen und diese auch nur einmal bezahlen. Ein Beispiel sind die Apps für Office 2016, die zugleich einen weiteren Vorteil des neuen Mobilbetriebssystems sichtbar machen: „Continuum“nennt sich die Möglichkeit, mit dem Smartphone wie auf einem herkömmlichen PC zu arbeiten, wenn das Mobilgerät mit Bildschirm, Maus und Tastatur verbunden wird. Man benutzt für Word, Excel und Co. also nicht nur die gewohnten Eingabegeräte, auch die Bildschirmanzeige passt sich so an, als säße man am PC. Maus und Tastatur lassen sich per Bluetooth verbinden, für den Monitor oder Fernseher bietet Microsoft ein rund 100 Euro teures Displaydock. Man muss jedoch keineswegs auf das Original zurückgreifen. Continuum funktioniert auch mit einem einfachen Kabeladapter vom USB-Typ C auf HDMI, den es im Online-Handel ab zehn Euro gibt. Alternativ lässt sich die Displayausgabe kabellos mit Miracast-fähigen TV-Geräten herstellen. Eine große Einschränkung steht dem Praxiseinsatz allerdings insofern im Weg, als Continuum nur auf High-End-Smartphones funktioniert: aktuell den beiden neuen Lumia-Handys 950 und 950 XL sowie dem Liquid Jade Primo von Acer (FAQs unter www.pcwelt.de/c738gQ).
„Windows Hello“und Erfolgsaussichten von Windows 10 Mobile
Passwörter und Zugangscodes sind nötig, um Geräte und Konten vor unberechtigtem Zugriff zu schützen. Weil viele Menschen sich inzwischen mit vielen Dutzend Kennwörtern herumschlagen müssen, nimmt die Verifizierung durch andere Erkennungsmechanismen weiter zu. Während Apple beim iPhone wie die Hersteller einiger Android-Telefone auf einen Fingerabdrucksensor setzen, fehlt dieser bei den neuen Lumia-Geräten. Microsoft unterstützt zwar mit seiner „Windows Hello“genannten Benutzererkennungs-Software prinzipiell auch dieses persönliche Merkmal. Bisher finden sich Fingerabdrucksensoren aber nur in Notebooks. Die neuen Lumia-Smartphones ermöglichen vielmehr über die eingebaute Kamera die Gesichts- oder die Iriserkennung, was in der Praxis durchaus befriedigend funktioniert. Microsoft verspricht, die notwendigen Informationen verschlüsselt und nur auf dem jeweiligen Gerät zu speichern, nicht dagegen in seiner Cloud. Hervorzuheben ist ferner der neue Browser Edge, der deutlich schneller arbeitet als der bisherige Internet Explorer. Der persönliche Assistent Cortana dagegen ist bereits Bestandteil von Windows Phone 8.1. Die übrigen Neuerungen von Windows 10 Mobile sind im Vergleich weniger bedeutend. Dreh- und Angelpunkt bleibt auch künftig das App-Angebot. Zumindest kurzfristig ändert sich hier erst einmal wenig, so lange Apps für die Desktopversion von Windows 10 gegenüber herkömmlicher Software nur eine untergeordnete Rolle spielen. Erst wenn sich das ändert, gewinnt das Prinzip der Universal Apps an Bedeutung, womit wiederum die App-Auswahl für Smartphones steigen würde. Die Marktforscher von IDC jedenfalls bleiben skeptisch und prognostizieren Windows Mobile in ihrer aktuellen Analyse (www.pcwelt.de/QT0ssA) für 2019 einen weltweiten Marktanteil von 2,3 Prozent – aktuell sind es 2,2 Prozent.