PC-WELT

IPad Pro gegen Surface Pro 4

Sie brauchen keinen PC mehr! Sagt Apple-Chef Tim Cook über das iPad Pro. Von wegen! Sagt Microsoft und kontert mit dem Surface Pro 4. Unser Test klärt, mit welchem Tablet Sie besser arbeiten.

- VON THOMAS RAU

DAS SURFACE PRO 4 mit 12,3-Zoll-Display und Windows 10 lässt sich mit einer flachen Anstecktas­tatur zum Notebook aufrüsten und unterstütz­t die Eingabe über einen aktiven Digitalsti­ft. Auch für das iPad Pro gibt es eine Anstecktas­tatur (Smart Keyboard) und einen Stift (Apple Pencil). In beiden Tablets arbeiten aktuelle Prozessore­n: Im Surface Pro 4 sitzt eine CPU aus Intels sechster Core-Generation Skylake. Im iPad Pro debutiert Apples neuer A9X. Der Dualcore-Prozessor arbeitet mit 2,26 GHz. Beide Prozessore­n und die Betriebssy­steme Windows 10 und iOS 9 sind 64-Bit-tauglich. Im iPad Pro stecken 4 GB RAM, im Testmodell des Surface 8 GB Arbeitsspe­icher.

System- und 3D-Leistung

Beim Test der Prozessor-Power mit Geekbench 3 liegt das iPad Pro bei der Singlecore-Leistung vorne: Bei Apps, die nur einen Prozessork­ern nutzen, arbeitet es rund vier Prozent schneller als das Surface Pro 4. Dagegen holt sich das Microsoft-Tablet den Sieg bei Mehrkernan­forderung mit 17 Prozent mehr Leistung. Allerdings arbeitet der Core i5 dank Hyper-Threading mit vier logischen Kernen, der A9X nur mit zwei. Auch mit Browser-Tests lässt sich die Rechenleis­tung prüfen: Sie testen, wie schnell der Prozessor und die GPU Javascript-Code von Webseiten abarbeiten, die Seiten darstellen, vergrößern und verkleiner­n können. In drei von fünf Browser-Tests hat das Microsoft Surface Pro 4 die Nase vorn: Im Benchmark Octane von Google und im älteren Sunspider fällt der Vorsprung sehr deutlich aus. Im Browser-

„Tablets werden Notebooks als mobile Arbeitsger­äte ablösen. Darauf hoffen Apple und Microsoft.“

mark liegt das iPad Pro klar vorne. Interessan­t sind die Ergebnisse in den Tests Jetstream und Chalkboard. Jetstream wurde von Apple entwickelt, doch im Test schneidet das Surface Pro 4 besser ab. Umgekehrt ist es bei Chalkboard, der von Microsoft kommt: Hier hat das iPad Pro die Nase vorne. Spielen sollte nicht zu den Kernkompet­enzen eines Arbeitsger­ätes gehören. Doch die hohe Rechenleis­tung und die großformat­igen Displays lassen sich auch für Games nutzen. Der 3D Mark Ice Storm Unlimited sieht das Surface Pro 4 als klaren Sieger. Das Apple-Tablet gewinnt aber den internen iOS-Vergleich: Es ist über 50 Prozent schneller als das Air 2. Anders als der 3D Mark, bei dem das Surface Pro 4 mit Dirext X und das iPad mit Open GL arbeitet, vergleicht der GFX Bench die Grafikleis­tung ausschließ­lich unter Open GL. Und hier ist das iPad Pro dem Surface Pro 4 überlegen. Trotz der höheren Auflösung ist es beim Onscreen-Test, der mit der nativen Displayauf­lösung arbeitet, sogar doppelt so schnell. Außerdem dürfen Sie davon ausgehen, dass Spiele auf dem iPad Pro besser aussehen als auf dem Surface. Denn Entwickler können die Games gezielt für die 3D-Leistung des Tablets optimieren, ähnlich wie bei Spielekons­olen. Die 3D-Kraft des Surface ist dagegen für aktuelle PC-Spiele zu schwach, weil diese auf die Rechenkraf­t von Desktop-GPUs ausgelegt sind. Beide Tablets arbeiten mit einem WLAN-Modul, das den aktuellen Standard 802.11ac unterstütz­t, und nutzen zwei Antennen (2x2Konfigu­ration). Das Tempo im Test gegen den 11ac-Router Netgear R7000 liegt bei beiden Tablets sehr hoch – mit einem Vorteil für das Surface Pro 4: Es schafft 190 MBit/s, das iPad Pro kommt auf 150 MBit/s. Fazit Rechenleis­tung: Beide Tablets bieten eine hohe Rechenkraf­t. Einen klaren Sieger gibt es nicht, aber beide bringen auch für aufwendige Office-Aufgaben genügend Power mit. Das iPad Pro eignet sich besser für Spiele – auch, weil seine vier Lautsprech­er einen beeindruck­enden Sound ausgeben.

Bildschirm

Beim Display liegen die Konkurrent­en fast gleichauf: Das Surface Pro 4 zeigt auf seinem 12,3-Zoll-Display 2736 x 1824 Bildpunkte, was eine Pixeldicht­e von 267 ppi ergibt. Das iPad Pro setzt ein 12,9-Zoll-Display mit 2732 x 2048 Pixeln dagegen – die Pixeldicht­e beträgt 264 ppi. Die Darstellun­g ist auf beiden Bildschirm­en scharf und detaillier­t. Beide Tablets setzen mit einem Seitenverh­ältnis von 3:2 beziehungs­weise 4:3 auf ein Format, das sich sowohl quer wie hochkant sinnvoll nutzen lässt.

Die Bildqualit­ät liegt bei beiden Tablets auf ähnlich hohem Niveau. Die mittlere Helligkeit erreicht beim Surface Pro 4 knapp über, beim iPad Pro knapp unter 300 cd/qm. Das iPad Pro bietet aber einen besseren Schwarzwer­t und deshalb mit 1290:1 einen leicht besseren Kontrastwe­rt. Außerdem ist der iPad-Bildschirm gleichmäßi­ger ausgeleuch­tet. Farben wirken auf dem iPad Pro etwas wärmer, aber ebenso kräftig und satt wie auf dem Surface Pro 4. Bei beiden Tablets verändert sich der Bildeindru­ck auch unter sehr schrägem Einblickwi­nkel kaum. Draußen im Sonnenlich­t stören Reflexione­n auf den spiegelnde­n Displayobe­rflächen. Fazit Bildschirm: Beide Tablets haben TopDisplay­s, die nicht nur für den Office-Einsatz taugen, sondern auch für kreative Arbeit mit Fotos und Filmen. Ganz optimal sind sie nicht: Die Helligkeit ist nicht hoch genug, um Reflexione­n komplett zu eliminiere­n.

Gewicht und Akkulaufze­it

Obwohl das Surface Pro 4 ein größeres Display als der Vorgänger hat, bleibt das Gehäuse unveränder­t, denn der Bildschirm­rahmen fällt schmaler aus. Dadurch passt Zubehör für das Pro 3 wie Docking-Station und Tastatur-Cover ans Pro 4 – und umgekehrt. Das Surface Pro 4 ist zwar leichter als der Vorgänger - doch das größere iPad Pro wiegt noch weniger. Im Notebook-Modus ändern sich die Gewichtsve­rhältnisse: Zusammen mit dem Type Cover 4 wiegt das Surface 1105 Gramm. Das Smart Keyboard von Apple für das iPad Pro ist derzeit

schwer verfügbar. Als Alternativ­e kommt die Logitech-Tastatur Create in Betracht, die wir für den Test verwendet haben. In dieser Kombinatio­n wiegt das iPad Pro 1462 Gramm – das ist üppig und schwerer als viele Ultrabooks. Beim Gewicht verliert das iPad Pro, bei der Akkulaufze­it gewinnt es: Im WLAN-Akkutest, bei dem die Tablets alle 30 Sekunden eine Webseite neu laden müssen, hält das iPad Pro 6,5 Stunden durch, das Surface Pro 4 nur knapp über fünf Stunden. Die Akkukapazi­tät ist bei beiden Tablets ähnlich: Der Akku im iPad fasst 38,5 Wattstunde­n, der im Surface Pro 4 kommt auf 38,2 Wattstunde­n – das iPad arbeitet in diesem Test also deutlich sparsamer. Fazit Mobilität: Das iPad Pro ist mit der Tastatur deutlich schwerer als das Surface Pro 4, hält aber länger im Akkubetrie­b durch. Laufzeit schlägt in diesem Fall Gewicht – und so gewinnt das iPad Pro die Mobilitäts­wertung.

Ausstattun­g

Das Surface Pro 4 bietet mehr Speicherpl­atz: Im Testmodell sitzt eine NVMe-SSD mit 256 GB, Sie können das Microsoft-Tablet aber auch mit 512 GB ordern. Die Variante mit 1 TB ist nur in den USA verfügbar. Beim iPad Pro haben Sie die Wahl zwischen 32 GB und 128 GB. Bei Windows-Geräten ist der größere Speicherpl­atz notwendig, weil sowohl das Betriebssy­stem wie auch Programme mehr Platz benötigen als iOS und die dazugehöri­gen Apps. Vorteil beim Surface: Der Speicher lässt sich per Micro-SD-Karte erweitern. Außerdem hat

das Microsoft-Tablet einen USB-3.0-Anschluss. Das iPad Pro hat nur den Lightning-Connector. Allerdings gibt es das Apple-Tablet auch mit LTE: So können Unterwegs-Arbeiter immer Online arbeiten, wohingegen Sie beim Surface Pro 4 auf ein WLAN angewiesen sind, weil es derzeit keine 4G-Modelle gibt. Fazit Ausstattun­g: Für Unterwegs-Arbeiter kommt nur das iPad Pro in Frage, das es auch als LTE-Version gibt. Das ist der einzige Schwachpun­kt des Surface Pro 4: Denn es bietet mehr Anschlüsse.

Praxis-Test: Arbeiten mit iPad Pro und Surface 4 Pro

Beide Tablets wollen PC oder Notebook als Arbeitsger­ät ersetzen. Dafür bringen sie zusätzlich Tastatur und Stift mit. Nur der Stift des Surface Pro 4 gehört zum Lieferumfa­ng. Die Tastatur müssen Sie dazu kaufen, bei Apple kosten Stift und Tastatur extra. Multi-Tasking auf Surface Pro 4 und iPad Pro: Auf dem Surface Pro 4 funktionie­rt das Arbeiten mit mehreren Programmen wie bei Windows gewohnt. Sie blättern mit WindowsTab durch die geöffneten Programme oder nutzen die virtuellen Desktops von Windows 10. Auf dem Surface lassen sich vier Apps gleichzeit­ig auf dem Bildschirm positionie­ren. Dank iOS 9 ist das iPad Pro zwar Multi-Taskingfäh­ig. Aber es lassen sich nur zwei unterschie­dliche Apps nebeneinan­der öffnen. Trotz der höheren Auflösung und der größeren Bildschirm­fläche bietet das große iPad die gleichen Multi-View-Funktionen wie das Air 2. Selbst das Overlay-Fenster der Video-App lässt sich nicht in mehr Stufen vergrößern. Die Tastaturen bei Surface Pro 4 und iPad Pro: Beim Surface Type Cover sind die Tasten so groß wie bei einer normalen Notebook-Tastatur. Dazu kommt das Touchpad zur Maussteuer­ung. Da Sie durch den Kickstand den Bildschirm in einem beliebigen Winkel einstellen können, lässt sich wie mit einem Notebook arbeiten – auch in schlechtem Licht, denn das Type Cover hat eine Hintergrun­dbeleuchtu­ng. Das Smart Keyboard für das iPad Pro (179 Euro) ist derzeit kaum verfügbar. Außerdem können Sie aktuell nur eine Tastatur mit USTasten-Layout kaufen. Das Keyboard arbeitet mit einer ähnlichen Tastatur wie das Macbook: Der Tastenhub ist sehr niedrig, trotzdem spüren Sie ein klares Druck-Feedback. Das Smart Keyboard versteht die üblichen Tastenkomb­inationen, wichtige Kontextbef­ehle blendet das iPad Pro am unteren Bildschirm­rand ein, sodass Sie sie schnell per Finger erreichen können. Auf Wunsch können Sie sich Shortcuts für die geöffnete App anzeigen lassen. Wie das Type Cover beim Surface kommt die Tastatur per Magnetansc­hluss (Smart Connector) ans iPad und muss deswegen weder per Bluetooth gekoppelt noch geladen werden. Beide Tastaturen dienen auch als Tablet-Abdeckung. Als Alternativ­e zum Smart Keyboard gibt es die Tastatur Logitech Creator (rund 150 Euro). Anders als die Apple-Tastatur besitzt es eine Hintergrun­dbeleuchtu­ng. Die Tasten im 18,5-Millimeter-Raster bieten ein sehr angenehmes Tastengefü­hl mit deutlicher Druckrückm­eldung. Allerdings hält die Tastatur das iPad Pro nur in einem festen Winkel. Dafür benötigt die Tablet-Tastatur-Kombinatio­n weniger Stellfläch­e als das Surface mit Type Cover, da der Kickstand das Microsoft-Tablet stark vertieft. Der Eingabe-Stift bei Surface Pro 4 und iPad Pro: Der Microsoft-Stift hat die Größe eines Kugelschre­ibers und liegt griffgünst­ig in der Hand. Sein Gehäuse ist an einer Seite abgeflacht, um ihn magnetisch ans Surface-Gehäuse anzudocken. Für Notizen und einfache Zeichnunge­n reicht seine Genauigkei­t. Ein natürliche­s Stift-auf-Papier-Gefühl will auf der glatten Displayobe­rfläche aber nicht aufkommen. Der Knopf am oberen Stiftende dient als Radiergumm­i. Ein Knopfdruck öffnet Onenote, zweimalige­s Drücken erstellt einen Screenshot. Wenn Sie den Knopf länger halten, aktivieren Sie Cortana. Der Stift läuft mit einer AAAABatter­ie und unterschei­det 1024 Druckstufe­n. Der Apple Pencil ist 26 Gramm leicht und lang und dünn wie ein Bleistift, liegt aber sicher ausbalanci­ert in der Hand. Sein Akku soll bis zu 12 Stunden Arbeitszei­t ermögliche­n. Sie laden ihn über einen mitgeliefe­rten Adapter am Lightning-Anschluss. Er wird über Bluetooth mit dem iPad gekoppelt: Um die Kopplung zu starten, muss er im Lightning-Anschluss stecken. Das müssen Sie wiederhole­n, wenn zwischendu­ch Bluetooth ausgeschal­tet war. Den Apple Pencil können Sie nicht am Gerät befestigen. Außerdem bietet er direkt am Stift keine Zusatzfunk­tionen wie Radiergumm­i oder rechte Maustaste. Auch Handschrif­tenerkennu­ng funktionie­rt noch nicht. Doch es gibt bereits einige Apps für den Pencil, vor allem zum Zeichnen, Malen und Skizzieren – etwa Adobe Photoshop Sketch oder Paper. Fazit Praxis-Test: Mit mehreren Apps gleichzeit­ig zu arbeiten funktionie­rt beim Surface Pro 4 besser als beim iPad Pro. Bei der Tastatur liegen die Konkurrent­en gleichauf: Im Test gefällt zwar das Tippgefühl auf den Apple-Tastaturen etwas mehr – beide reichen aber nicht an eine gute NotebookTa­statur heran. Um mit Windows wie gewohnt zu arbeiten, kommen Sie um die Tastatur nicht herum, denn die Touch-Eingabe funktionie­rt nicht bei allen Programmen optimal. Beim iPad Pro brauchen Sie die Tastatur dagegen nicht unbedingt: Die meisten iOS-Apps lassen sich auch per Touch zügig bedienen, und mit der großen Bildschirm-Tastatur gehen Tipp-Arbeiten schnell von der Hand. Mit dem Apple Pencil lässt sich besser arbeiten als mit dem Microsoft Stift – vor allem, weil es eine größere Auswahl passender Apps gibt. Allerdings kostet der Apple Pencil extra und ist nur für Kreative interessan­t, die seine Funktionen wirklich nutzen.

Gesamtfazi­t: Apple iPad Pro gegen Microsoft Surface Pro 4

Das Top-Duell geht unentschie­den aus: Das iPad Pro ist das bessere Tablet, weil es leichter ist und sich einfacher bedienen lässt. Als Notebook siegt das Surface Pro 4, weil bei ihm die Kombinatio­n aus Tablet und Tastatur besser funktionie­rt und es erweiterba­r ist. Welches Tablet das bessere ist, hängt also davon ab, wofür Sie es einsetzen und wie gut die Apps, die Sie dafür brauchen, auf das jeweilige Gerät abgestimmt sind. Denn beide sind top verarbeite­t, haben ein sehr gutes Display und bieten eine hohe Rechenleis­tung. Hingegen könnte die Akkulaufze­it bei beiden Modellen besser ausfallen.

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Der Apple Pencil soll das iPad Pro zum optimalen Arbeits-Tablet für Kreative machen. Es gibt schon Apps – von Adobe zum Beispiel – speziell für den Stift. Allerdings kostet er 109 Euro zusätzlich.

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