Durchblick bei Gütesiegeln
Lesen Sie, welche Produktsiegel sinnvoll sind und welche Sie getrost vernachlässigen können
GERADE BEI COMPUTERPRODUKTEN gibt es Prüfzeichen ohne Ende. Sind diese jedoch gesetzlich vorgegeben oder nur vertrauensunwürdige Verkaufsbeschleuniger? Hinter manchen Symbolen und kryptischen Zeichen stehen echte Testverfahren. Bei anderen Siegeln verspricht ausschließlich der Hersteller selbst, dass das Produkt bestimmte Normen einhält. Fest steht, dass in Deutschland lediglich die CE-Kennzeichnunggenerellverpflichtendist.Eine weitere staatliche Vorgabe gibt es nicht, um ein Produkt auf seine Sicherheit, Verwendungstauglichkeit oder Verträglichkeit zu prüfen, bevor es in den Regalen der Läden landet. Umso mehr hilft es, wenn Sie sich mit den Gütesiegeln auskennen. Der Ratgeber untersucht gängige Zeichen auf ITProdukten und erklärt, was diese bedeuten und ob sie wichtig sind für Ihre Kaufentscheidung. Denn selbst bei freiwilligenPrüfzeichenfindensichdurchausSiegel,auf die Sie achten sollten.
Unbedingt notwendige und gängige Siegel CE
Die beiden Buchstaben stehen für „Communauté Européenne“– europäische Gemeinschaft. Diese Kennzeichnung ist in Europa für elektrische Geräte zwingend vorgeschrieben. Sie ist kein Prüfzeichen, sondern eine Selbsterklärung des Herstellers, dass das Produkt die europäischen Richtlinien und Verordnungen einhält. CE ist eine Voraussetzung, um ein Produkt hierzulande überhaupt auf den Markt bringen zu können. Vorteil: Das CEZeichen ist quasi der EUReisepass für ein Produkt. Nachteil: Es handelt sich um eine Selbsterklä rung des Herstellers. Für den Verbraucher ist wenig transparent, welche europäischen Richtlinien damit tatsächlich abgedeckt sind.
GS
Um das Siegel „Geprüfte Sicherheit“zu erhalten, durchläuft ein Produkt ein freiwilliges Verfahren. Obwohl das Zeichen ursprünglich rein auf Deutschland begrenzt war,findetesüberdieLandesgrenzenhinwegBeachtung. Eine GSPrüfung besagt, dass ein Produkt den Anforderungen des Paragraphen 21 des Produkts ich er heits gesetzes( ProdSG) entspricht. Genauer: Das Produkt erfüllt DINNormen, europäische Vorgaben und allgemein anerkannte Regeln der Technik. Um das Siegel zu bekommen, muss ein Hersteller das Produkt unabhängig überprüfen lassen – wie zum Beispiel vom TÜV Rheinland. Die Prüfung umfasst hierbei neben dem Produkt auchKontroll maßnahmen der Fertigungsstätte wie beispielsweise jährliche Inspektionen, um sicherzustellen, dass die Serienfertigung tatsächlich auf dem testierten Niveau funktioniert.
„Die richtigen Siegel machen ein IT-Produkt vertrauenswürdig, nicht ihre schiere Menge.“
Vorteil: DasGS-Siegeldarfnurvonzertifizierten Prüfstellen (GSStellen) verliehen werden. Wenn sich etwas am Produkt ändert, muss der Hersteller die GSStelle informieren. Es ist nicht nur auf Elektronik, sondern auch auf Fitnessgeräten, Spielzeug, Fahrrädern, Küchengeräten odertechnischenArbeitsmittelnzufinden. Nachteil: Die Prüfung ist freiwillig.
Wi-Fi Certified
Das Siegel verspricht, dass das Gerät mittels WLANDrahtlosverbindung mit anderen geprüften Produkten zusammenarbeiten kann, ohne die Sicherheit zu vernachlässigen. Um das Siegel nutzen zu können, durchlaufen die Geräte Tests bei unabhängigen Laboren.ZertifizierteGerätesindanwenderfreundlich und zuverlässig. Dieses Siegel können außer ITProdukten auch Geräte für IoT (Internet of Things) oder den Haushalt tragen. Vorteil: Der Anwender erkennt schon auf den ersten Blick, dass ein Gerät auf seine WLANKompatibilität hin geprüft ist. Nachteil: Die WiFi Alliance (WFA), die für die Vergabe des Siegels verantwortlich ist, verwirrt die Gerätehersteller derzeit mit immer neuen Zertifizierungsprogrammenundüberhastetverabschiedeten Normen. Die Folge: GeräteanbieterverzichtenoftaufeineZertifizierung–zum Nachteil für den Verbraucher.
Echte Prüfsiegel mit hohem Anspruch VDE
Das Siegel des Verbandes der Elektrotechnik, Elektronik und InformationstechnikbefindetsichaufProdukten aus den Bereichen Informationstechnik, Smart Home, Industrie 4.0, jedoch auch auf Haushaltsgeräten oder Consumer Electronics. Es bescheinigt einem Produkt, dass es mit nationalen und internationalen Normen und Sicherheitsstandards übereinstimmt, die über dem Produktsicherheitsgesetz des GSSiegels liegen können. Die Grundlagen des jeweiligen Tests legt der Verband fest. Sie umfassen elektrische sowie mechanische Tests genauso wie thermische, toxische und radiologische Untersuchungen.DieGültigkeitsdauerdesZertifikats legt der VDE für jedes Produkt individuell fest. Vorteil: VDETests umfassen nicht nur das Produkt, sondern auch dessen Anfertigung. Das ZertifikatkannvomVerbandentzogenwerden,wenn nachträglich Mängel festgestellt werden. Nachteil: Geprüfte Produkte sind schwer aufzufinden,weildieOnlinesuchedesVerbands,zu der Sie per www.pcwelt.de/0giAwS kommen, eine Referenznummer verlangt.
TCO
Vor allem auf Monitoren sehen SiedasSiegelsehroft.Esfindetsich auch bei Druckern, Notebooks, Tablets, PCs, Projektoren und Headsets. Das Siegel verdeutlicht die ergonomische Qualität von Gegenständen, die im Büro zum Einsatz kommen. Der Dachverband der schwedischen Angestelltenund Beamtengewerkschaft vergibt dieses Zertifikat.SeineausdemSchwedischenstammende Bezeichnung sorgt deshalb auch für das Kürzel („Tjänstemännens Centralorganisation“). Die Jahreszahl hinter TCO steht für die Fassung und verdeutlicht, für welche Produktkategorien das Siegel gilt: TCO 95 etwa stand für die Strahlenmessung und Überprüfung von Kathodenstrahlmonitoren und ist mittlerweile abgeschafft.TCO01giltausschließlichfürMobiltelefone, TCO 04 lediglich für Büromöbel. Bei TCO können unterschiedliche Fassungen gleichzeitig gelten, da sie teilweise aufeinander aufbauen. So beinhaltet TCO 99 die Grenzwerte von TCO 95 für elektrische und magnetische Felder und setzt gleichzeitig neue Kriterien fest – etwa für das Flimmern bei Monitoren, jedoch auch für Grenzwerte zu Staubund OzonemissionenvonDruckern.TCO03und06zertifizieren nur Bildschirme. Kleben beide Siegel auf dem Rahmen, erfüllt der Schirm ergonomische Vorgaben wie das Neigen und ist zur Wiedergabe von Bewegtbildern aufgrund kurzer Bildaufbauzeiten geeignet. Darüber hinaus erfüllt das Display die Vorgaben zu Bildqualität, Farbwiedergabe und Energieverbrauch. Vorteil: Das Label ist international anerkannt und trägt zur ökologischen sowie sozialen Verbesserung bei der Herstellung, dem Gebrauch und der Entsorgung von ITProdukten bei. Unabhängige Stellen wirken bei den Prüfkriterien mit. Verstößt ein Labelnehmer gegen die Kriterien, muss er mit Sanktionen rechnen. Nachteil: MitAusnahmevonMonitorenfindetsich das Siegel in Deutschland selten.
Gütesiegel für die grüne Kaufentscheidung Blauer Engel
Das Umweltzeichen des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bauund Reaktorsicherheit gibt es seit 1978. Es wird von der Jury Umweltzeichen verliehen und steht für die Betrachtung der gesamten Lebenszeit eines Produktes – von der Produktion über den Gebrauch bis zur Entsorgung. Die fachlichen Kriterien der Vergabegrundlagen entwickelt dabei das Umweltbundesamt. Als Zeichenvergabestelle fungiert die RAL GmbH, die den gesamten
Zertifizierungsprozessbegleitet. „ DerBlaueEngel“begegnet uns nicht nur im Computerbereich, sondern auch bei Produkten für Haushalt, Garten, Büro und Bau. Mit RALUZ sind die Vergabegrundlagen gekennzeichnet. Dass sogar mehrere Kataloge zum Einsatz kommen, zeigen die „Bürogeräte mit Druckfunktion“, für die sowohl die RALUZ 171 als auch RALUZ 205 als Basis dienen. Am Siegel selbst erkennen Sie jedoch nicht, welcher Regelkatalog genau als Basis für das Umweltzeichen gedient hat. Sicher ist allerdings, dass ein Produkt mit dem Siegel wenig geklebte Einzelteile enthält, vielfach quecksilberfrei ist und auch einen gerin gen Energiebedarf im Betrieb sowie in StandbyModi aufweist. Überdies lässt es sich umweltgerecht entsorgen. Einzelne Geräte lassen sich auf der Website www.blauer-engel.de unter „Produktwelt“recherchieren. Bei ITProduktenfindensichnebenDruckernundMultifunktionsgeräten PCs, Monitore, Tastaturen, Telefonanlagen, Tonermodule und Mobiltelefone unter den ausgezeichneten Kategorien. Vorteil: Dieses Siegel wird nach eingehender, strenger Prüfung unabhängig vergeben. Nachteil: Bei elektronischen Geräten dominieren Drucker und Multifunktionsgeräte für den Büroeinsatz,dadasSiegelimöffentlichenBe reich gefordert wird. Seine Verbreitung ist in anderen Bereichen wie beispielsweise Consumer Electronics gering.
Das Energiesparen steht bei diesem Siegel im Mittelpunkt. Es symbolisiert, dass ein Gerät die Kriterien der USUmweltschutzbehörde (EPA – „Environmental Protection Agency“) erfüllt. Im Unterschied zu Umweltzeichen wie beispielsweise dem Blauen Engel kann jeder Hersteller das Symbol verwenden, der denkt, dass sein Produkt mit den Vorgaben konform geht. Eine Prüfung durch die Behörde findetjedochnichtstatt.DasSiegelfindetsichauf einer Vielzahl von Produkten aus den Bereichen Haushalt, Kühlung, Heizung, Beleuchtung und Bau. Bei elektronischen Geräten tragen es Monitore, Drucker, DesktopComputer, Fernseher und Mobilgeräte wie Tablets. Im Wesentlichen besagt der „Energy Star“, dass sich ein Gerät nach einiger Zeit selbstständig aus dem Betriebsmodus zurückschaltet,umEnergiezusparen.SeitderSpezifikation 5.0 für Computer ersetzen Formeln die konkreten Grenzwerte nach Gerätekategorie. IndieBerechnungfließendieMesswertefürdie Zustände „Aus“, „Ruhe“und „Leerlauf“und für die typische Verwendungsweise ein. Die Formeln werden mit einem Basisfaktor multipliziert. Als typisch nimmt der „Energy Star“etwa bei DesktopRechnern an, dass der Computer 55 Prozent seiner Zeit ausgeschaltet ist und sich fünf Prozent im Ruhezustand sowievierzigProzentimLeerlaufbefindet.Grenzwerte zum Betrieb hängen bei PCs mit den installierten Prozessorkernen zusammen. Dazu erhöht sich der Grenzwert im Energieverbrauch durch zusätzliche Bauteile wie zum Beispiel einen größeren Arbeitsspeicher. Vorteil: DasZeichenfindetsichaufeinerVielzahl von Geräten. Nachteil: Seine Aussagekraft ist allerdings relativ gering, da es vom Hersteller selbst vergeben wird und aus diesem Grund vorher keinerlei unabhängige Prüfung durch eine dritte Stellestattfindet.