So funktioniert die Virtualisierung
Zweitbetriebssysteme nutzen oder Software ausprobieren, ohne einen System- Crash zu riskieren, potenziell gefährliche Tools risikolos testen oder sicher surfen: Mit Virtualisierung geht das ganz einfach.
WER BERUFLICH ODER PRIVAT HÄUFIG neue Software installiert und wieder deinstalliert, gerne Beta-Versionen testen will oder in Windows an der Registry schraubt, der kommt in vielen Fällen an den Punkt, an dem er sein Betriebssystem komplett neu aufsetzen muss. Mithilfe einer virtuellen Maschine ersparen Sie sich diesen Aufwand. Aber auch wenn Sie möglichst einfach Linux als Zweitbetriebssystem einsetzen oder eine neue Linux-Distribution ausprobieren und das Betriebssystem dafür nicht gleich mit einem Bootmanager auf der Festplatte fest einrichten wollen, sind virtuelle PCs genau das Richtige für Sie.
Virtuelle Maschinen
Bei einer virtuellen Maschine handelt es sich um ein vollwertiges PC-System, das im Fenster oder als Vollbild auf Ihrem PC läuft, jedoch von diesem abgeschottet ist. Virtualisierungssoftware – die Klassiker im Windows-Bereich sind Oracle Virtualbox, Vmware Workstation/Player und Microsoft Hyper-V – richten hierzu auf Ihrem echten Rechner eine Sandbox in Form einer virtuellen Maschine ein, in der ein danach installiertes Betriebssystem isoliert und somit geschützt läuft. Auf einem Standard-PC lassen sich mehrere virtuelle Maschinen mit verschiedenen Betriebssystemen gleichzeitig betreiben, solange die Systeme alle auf der x86-Prozessorarchitektur basieren. Das virtuelle System lässt sich dabei wie ein herkömmliches Betriebssystem benutzen und leicht auf frühere Zustände zurücksetzen, ohne dass die Konfiguration Ihres Hauptrechners verändert wird. Das Motto: Alles ausprobieren, null Risiko. So brauchen Sie beispielsweise bei neuen Programmen nicht auf mögliche Wechselwirkungen mit bereits auf Ihrem realen PC installierter Software zu achten, wenn Sie nicht gerade einen gemeinsamen Austauschordner festgelegt haben. Virtualbox, Vmware Player sowie Workstation (Letzteres als Testversion) und eine Reihe passender virtueller Maschinen haben wir für Sie auf die Plus-DVD 2 gepackt, damit Sie sofort mit virtuellen PCs auf Ihrem Computer loslegen können.
Echte und emulierte Hardware
Auf Ihrem echten PC unterstützen Hypervisoren wie Virtualbox, Vmware oder Hyper-V alle wichtigen Hardwarekomponenten, auf die das
Host-Betriebssystem mittels passender Treiber zugreift. Virtuelle Maschinen bieten hingegen – unabhängig von den tatsächlich installierten Komponenten wie dem Prozessortyp und der Grafikkarte – einen Standard-PC mit standardisiertem Controller samt Festplatte(n), CD/DVDLaufwerk, Grafikkarte sowie Netzwerkadapter. Am Host angedockte USB-Geräte werden innerhalb virtueller PCs in unterschiedlichem Umfang bereitgestellt. Der Hypervisor erkennt etwa USB-Sticks, Drucker, USB-Festplatten und Smartphones und kann diese an virtuelle Maschinen durchreichen. Dazu werden die USBGeräte vorübergehend vom Host-Betriebssystem getrennt und nach dem Herunterfahren des Gastrechners wieder verbunden. Voraussetzung ist eine entsprechende Treiberunterstützung seitens des Gastbetriebssystems.
Geräte per Mausklick ändern
Einmal eingerichtet, lassen sich virtuelle Maschinen jederzeit umkonfigurieren, zum Beispiel indem Sie den Hauptspeicher vergrößern, eine Schnittstelle hinzufügen oder ein Laufwerk integrieren. So erzeugen Sie ganz einfach unterschiedliche Anwendungsumgebungen. Die Festplatten der virtuellen PCs speichern Virtualbox & Co. in Containerdateien auf der echten Platte des Host-Rechners. Dabei geben Sie die maximale Größe vor und lassen diese dynamisch wachsen. Die Datei belegt auf dem Host nur in etwa so viel Speicherplatz, wie das Gastsystem groß ist. Container können auch mit fester Größe eingerichtet werden. Nachdem Sie eine virtuelle Maschine erzeugt und darauf das gewünschte Betriebssystem eingerichtet haben, lässt sich die virtuelle Festplatte praktischerweise auch auf einem anderen Host-PC nutzen und im Falle freier Systeme wie Ubuntu-Linux oder Linux-Mint (beide auf Plus-DVD 2) an Kollegen und Bekannte weitergeben. Sie können den virtuellen Rechner auf Ihr Notebook überspielen oder zu BackupZwecken auf einer weiteren Festplatte sichern.
Was der Hypervisor leistet
Die Kommunikation mit der echten Hardware über das Host-Betriebssystem übernimmt der so bezeichnete Hypervisor, der auch „Virtual Machine Monitor“genannt wird. Er ist zentrale Verwaltungssoftware und hat die Kontrolle über die virtuellen Maschinen, startet, pausiert und beendet diese und kann entsprechende Hardwareressourcen zuweisen. Für ein Gastbetriebssystem sieht es so aus, als ob es direkt auf die Komponenten des realen PCs zugreifen könnte. Tatsächlich verbleibt der direkte Zugriff jedoch bei einem Typ-2-Hypervisor wie Virtualbox und Vmware beim Host- Betriebssystem. Im Falle eines Typ-1-Hypervisors wie Vmware ESX/ESXi, Oracle VM Server und Citrix Xenserver läuft dieser direkt auf der Hardware und ersetzt das Betriebssystem. Bei einer Mischform zwischen Typ 1 und Typ 2 wie Hyper-V in Windows 10 ist die Virtualisierung Teil des Betriebssystems oder wird wie bei Linux als Kernel-Modul geladen. Das Betriebssystem kann sich so selbst virtualisieren und mehrere unabhängige Instanzen starten. Ob ein virtueller Rechner auf ein echtes Gerät zugreifen darf, regelt der Hypervisor. Physikalischer Zugriff ist beispielsweise erforderlich, damit sich eine im Laufwerk befindliche DVD im virtuellen PC lesen lässt.
Umfassende Absturzsicherung
Virtuelle Maschinen laufen unabhängig voneinander in getrennten Bereichen ab und sind gegenseitig so abgesichert, dass ein Betriebssystem nicht die anderen oder sogar das HostBetriebssystem zum Absturz bringt. Abstürze innerhalb von virtuellen Maschinen sind dagegen durchaus möglich, beispielsweise durch Fehler im Gastbetriebssystem, in ei- nem der installierten Treiber oder auch in einer Anwendung. Einen abgestürzten virtuellen Rechner können Sie über die Virtualisierungssoftware ohne Auswirkungen auf den Host-Computer einfach neu starten.
Ressourcenbedarf
Die Anzahl an gleichzeitig virtuell laufenden Betriebssystemen wird nur durch die Speicherund Festplattenressourcen des Host-Rechners begrenzt. Je mehr Arbeitsspeicher Ihr Rechner hat, desto mehr Betriebssysteme lassen sich parallel als virtuelle Maschine starten. Die Betriebssysteme in einer virtuellen Maschine arbeiten in Abhängigkeit von der zugewiesenen RAM-Speichergröße vergleichsweise langsamer als bei einer klassischen Vollinstallation auf identischer Hardware, was jedoch auf schneller PC-Hardware in der Praxis meist nicht weiter ins Gewicht fällt. Die für eine virtuelle Maschine maximal einstellbare RAM-Größe richtet sich immer nach der Arbeitsspeichergröße des physikalischen PCs. RAM, das nicht real im Host-PC vorhanden ist, kann auch der Hypervisor nicht bereitstellen.