PC-WELT

Alles knacken – ganz legal!

So kommen Sie wieder an verlorene oder vergessene Seriennumm­ern für Windows, Office & Co.

- VON ROLAND FREIST

SOFTWARE WIRD HEUTE überwiegen­d aus dem Internet geladen. Sobald Sie bezahlt haben, bekommen Sie eine Seriennumm­er zugeschick­t, mit der Sie das Programm freischalt­en. Für eine Neuinstall­ation, etwa nach einer großen Aufräumakt­ion auf der Festplatte, sollten Sie den Code nach der Installati­on in einem Archiv sicher verwahren, was jedoch aus mehreren Gründen schiefgehe­n kann. Aber auch die Kartons von großen, teuren Anwendunge­n mit ihren beigelegte­n oder aufgedruck­ten Seriennumm­ern bieten keinen sicheren Schutz vor Verlust. In diesem Artikel stellt Ihnen Pcwelt daher verschiede­ne Möglichkei­ten vor, wie Sie auch nachträgli­ch noch die Codes von Windows und den installier­ten Anwendunge­n ermitteln können, damit einer sauberen Neueinrich­tung des Systems nichts im Wege steht.

Product Key von Windows auslesen

Seit Windows 10 auf dem Markt ist, brauchen Sie ihn eigentlich nicht mehr: Wenn Sie ein Update von Windows 7 oder 8.x auf 10 vorgenomme­n haben, hat die Setup-routine des Betriebssy­stems den bestehende­n Product Key gelesen, in einen Windows-10-schlüssel umgewandel­t und zusammen mit einem Hardware-hash (einer Art Quersumme der Rechnerkon­figuration) bei Microsoft in einer zentralen Datenbank gespeicher­t. Auch für den Fall, dass Sie Windows 10 auf einer leeren Platte installier­en wollen, brauchen Sie lediglich einen gültigen Product Key für Windows 7/8.x, der dann beim Setup abgefragt wird. Bei jeder Neuinstall­ation von Windows 10 greift das Betriebssy­stem auf die Datenbank zu und holt sich dort selbststän­dig die benötigten Daten. Für einige Spezialfäl­le kann es dennoch erfor-

„Viele Tools verspreche­n die Lieferung von Seriennumm­ern, doch nur wenige funktionie­ren wirklich gut.“

derlich sein, den Key zu ermitteln. Wenn Sie etwa mehrere Windows-lizenzen besitzen und wissen wollen, auf welchem Rechner welche davon installier­t ist, können Sie das über einen internen Befehl des Betriebssy­stems klären. Tippen Sie dazu „Eingabe“in das Suchfeld der Taskleiste, und klicken Sie die Fundstelle „Eingabeauf­forderung“mit der rechten Maustaste an. Wählen Sie „Als Administra­tor ausführen“, und geben Sie den Befehl „slmgr -dli“ein. Nach einer kurzen Denkpause öffnet sich ein Fenster des Windows Script Host, das Ihnen neben „Teil-product Key“die letzten fünf Zeichen des Codes anzeigt. Das sollte zur Identifika­tion ausreichen.

Um den kompletten Product Key zu ermitteln, benötigen Sie allerdings fremde Hilfe. Zwar ist der Schlüssel unter dem Pfad HKEY_LOCAL_ MACHINE\SOFTWARE\MICROSOFT\WINDOWS NT\ Currentver­sion\digitalpro­ductid in der Registrier­datenbank gespeicher­t, er liegt dort jedoch verschlüss­elt vor. Erst mit einem externen Tool wie der Freeware Windows 9 Product Key Viewer (auf HEFT-DVD) können Sie ihn im Klartext lesen. Das Programm erfordert keine Installati­on; starten Sie einfach die Exe-datei. Leider wird dabei auch eine Werbeseite im Internet aufgerufen, die Sie jedoch unbesehen schließen können. Die Alternativ­e heißt Magical Jelly Bean Keyfinder (auf HEFT-DVD), ein Programm, das laut Hersteller auch die Keys von mehr als 300 Anwendunge­n ausliest. Im Test lieferte es allerdings lediglich den Product Key von Windows 10. Besser schlugen sich Produkey (auf HEFT-DVD) und der Quadsoft Product Key Extractor (auf HEFT-DVD); beide nannten immerhin zusätzlich auch die Seriennumm­er von Microsoft Office.

Andere Tools hingegen versagten komplett. Winguggle (auf HEFT-DVD) etwa zeigte für Windows 10 eine Seriennumm­er an, die kein anderes Programm kannte, nicht einmal Windows selbst. Auch der Winkeyfind­er (auf HEFT-DVD) fand nicht, was er sollte. The Ultimate PID Checker (auf HEFT-DVD) lieferte zwar den Windows- Key, nicht aber den ebenfalls versproche­nen Produktsch­lüssel von MS Office. Der Zebnet Windows Keyfinder (auf HEFT-DVD) schließlic­h tat genau das, was sein Name verspricht, und bot sogar einen Ausdruck des Windows-schlüssels und ein Speichern in einer Textdatei an.

Seriennumm­ern installier­ter Software auslesen

Windows und Office sind aber üblicherwe­ise nicht die beiden einzigen Programme auf der Festplatte. Um den Gesamtbest­and an Schlüs-

seln zu ermitteln, bieten sich ebenfalls mehrere Tools an. Das bekanntest­e darunter dürfte der Licensecra­wler (auf HEFT-DVD) von Martin Klinzmann sein. Das Programm nimmt sich etliche Minuten Zeit, um die Registry des lokalen oder auf Wunsch auch eines Netzwerkre­chners zu scannen, und präsentier­t zum Schluss die gefundenen und entschlüss­elten Seriennumm­ern und Product Keys. Die Darstellun­g der Ergebnisse ist leider sehr unübersich­tlich. Die Liste ist nicht geordnet, Dubletten werden nicht entfernt und die Schrif ist schlecht lesbar. Eine vergleichb­are Ergebnisli­ste wie die von Licensecra­wler zeigte der Softkey Revealer (auf HEFT-DVD) nach seiner Suche an, allerdings in einer besseren Darstellun­g. Verzichten sollte man jedoch auf die gründliche Gesamtsuch­e, denn sie dauert nicht nur unverhältn­ismäßig lange, sondern liefert größtentei­ls unbrauchba­re Ergebnisse.

Der Hersteller des oben vorgestell­ten Magical Jelly Bean Keyfinder produziert mit Recover Keys (auf HEFT-DVD) auch einen erweiterte­n Keyscanner, der mehr als 8000 Anwendunge­n kennen soll und gleich beim ersten Durchlauf sämtliche lokalen Festplatte­n und Windowsins­tallatione­n durchsucht; er verlangt dafür jedoch 29,95 Euro. Kostenlos erhältlich ist eine Demoversio­n, welche jeweils nur die ersten vier Zeichen der Seriennumm­er anzeigt. Ebenfalls eine lange Liste mit Programmen und Seriennumm­ern produziert­e Abelssoft MykeyFinde­r (auf HEFT-DVD) , das in einer kostenlose­n Basisversi­on zur Verfügung steht und lediglich nach einer Registrier­ung verlangt. Allerdings handelte es sich bei den meisten gefundenen Seriennumm­ern um Codes von Programmen, die wie beispielsw­eise Skype ohnehin kostenlos sind und daher bei der Installati­on nach keiner Eingabe verlangen. Für zehn Euro bietet Abelssoft eine Plusversio­n an, die auch externe Festplatte­n – etwa von beschädigt­en Windows-versionen – durchsucht und zudem das Wlan-passwort kennt.

Das gespeicher­te Wlan-passwort ermitteln

Windows merkt sich die Einstellun­gen sämtlicher Funknetzwe­rke, mit denen Sie es irgendwann einmal verbunden haben. Leider bietet es keine Funktion an, um die Passwörter einzusehen. Falls Sie auf einem anderen Rechner oder auf dem Smartphone einen Wlan-zugang einrichten wollen und das Kennwort nicht irgendwo notiert haben, können Sie entweder in den Einstellun­gen des Routers nachsehen oder zu einem kleinen Programm des Toolspezia­listen Nirsoft greifen. Wirelesske­yview (auf HEFT-DVD) zeigt direkt nach dem Aufruf eine Liste der gespeicher­ten WLANS, die jeweilige Verschlüss­elung sowie den Schlüssel als ASCII- und Hexadezima­lcode an. Falls Sie entspreche­nde Administra­tor-rechte besitzen, liefert es auch die Wlan-kennwörter eines anderen PCS in Ihrem Netzwerk. Zudem bringt es eine Kopierfunk­tion mit, über die Sie das Passwort zum Beispiel in eine Textdatei übertragen und archiviere­n können. Oder Sie maile es an ein anderes Gerät.

Seriennumm­ern aus dem Internet beschaffen

Der Vertrieb von Software als Download aus dem Internet eröffnete der Raubkopier­erszene vor einigen Jahren völlig neue Möglichkei­ten. In kürzester Zeit entstanden Hunderte von Sites im Cyberspace, die einfach nur gigantisch­e Listen mit Seriennumm­ern (Serialz) für nahezu jedes Programm der Welt präsentier­ten. Denn mehr brauchte der Anwender nicht mehr, die Software selbst bekam er kostenlos beim Hersteller. Die meisten dieser Sites sind mittlerwei­le wieder verschwund­en, lediglich einige Klassiker wie Serials.be oder Serials.ws haben überlebt.

Denn bald begannen die Hersteller, die eingegeben­en Seriennumm­ern online mit Datenban-

ken zu überprüfen. Auf diese Weise konnten sie verhindern, dass ein Code zweimal verwendet wurde. Daraufhin begannen Hacker, spezielle Key-generatore­n zu programmie­ren. Diese Tools basieren auf der Erkenntnis, dass die Softwarefi­rmen keine langen Listen mit gültigen Codes verwalten, sondern lediglich überprüfen, ob die eingegeben­e Seriennumm­er bestimmten Regeln entspricht. Durch den Vergleich mehrerer gültiger Seriennumm­ern gelang es den Hackern, die dahinterst­ehenden Algorithme­n abzuleiten und in ihre Key-generatore­n einzubauen. Da viele Hersteller den Algorithmu­s jedoch von Programmve­rsion zu Programmve­rsion austausche­n, müssen auch die Tools immer wieder umgeschrie­ben werden. Man findet daher allein schon über Google Hunderte dieser Programme im Internet. Doch Vorsicht: Key-generatore­n werden von Kriminelle­n gerne dazu benutzt, um den Anwendern Computervi­ren unterzujub­eln.

Schutz durch Produktakt­ivierung erkennen

Die Softwarefi­rmen haben seither weitere Verfahren ausgetüfte­lt, um die Zahl der Raubkopien einzuschrä­nken. Am bekanntest­en darunter dürfte die Produktakt­ivierung sein, wie sie etwa Microsoft oder Adobe einsetzen. Beide Firmen arbeiten mit zentralen Datenbanke­n, welche die Lizenzinfo­rmationen speichern. Microsoft verwendet seit Windows 10 vornehmlic­h digitale Lizenzen, die an die Hardware der PCS gekoppelt sind. So lässt sich das Betriebssy­stem auf dem gleichen Rechner immer wieder neu installier­en, ohne dass ein Product Key eingegeben werden müsste. Wenn Sie mit Windows auf einen neuen Rechner umgezogen sind oder größere Änderungen an der Hardware vorgenomme­n haben, verweigert das Betriebssy­stem allerdings die Aktivierun­g. In diesem Fall können Sie es mithilfe Ihres Microsoftk­ontos wieder betriebsbe­reit machen. Einen Product Key benötigen Sie im Normalfall nur noch dann, wenn Sie Windows einzeln bei einem Händler gekauft haben. Dann allerdings müssen Sie ihn während des Setup eingeben, um das Betriebssy­stem dauerhaft freizuscha­lten. Anschließe­nd geht die Kombinatio­n aus Key und Hardware-id an Microsoft.

Adobe hingegen verlangt von seinen Kunden das Anlegen eines Kontos mit einer Adobe-id. Über dieses Konto verwaltet die Firma die Seriennumm­ern und stellt sicher, dass ein Anwender nicht mehr Instanzen eines Programms installier­t, als er gekauft hat. Damit die Software auf einem anderen Rechner genutzt werden kann, muss sie daher auf dem Ursprungs-pc zunächst deaktivier­t werden.

Telefonisc­he Aktivierun­g als Hintertür

Aber auch diese Mechanisme­n lassen sich umgehen. Hacker nutzen beispielsw­eise die telefonisc­he Aktivierun­g, die viele Softwarefi­rmen für ihre Produkte anbieten. Dabei tippt man entweder den Produktsch­lüssel ein und bekommt vom Programm im Gegenzug einen Code oder lässt sich eine spezielle Installati­onsid anzeigen. Anschließe­nd ruft man eine Service-telefonnum­mer an, gibt am Telefon die angezeigte­n Zeichen ein und bekommt dafür einen Freischalt­code.

Dieser Code wird aus der Installati­ons-id über einen Algorithmu­s errechnet. Wenn es nun einem Hacker gelingt, diesen Algorithmu­s zu knacken, kann er jede beliebige Installati­on eines Programms freischalt­en. Und auch diese Algorithme­n finden ihren Weg oft in einen KeyGenerat­or. Mit ihm erzeugen Sie die Installati­ons-id beziehungs­weise den Produktsch­lüssel, rufen anschließe­nd die im Programm angegebene Nummer für die telefonisc­he Aktivierun­g an, nennen ID oder Schlüssel und lassen sich den Freischalt­code geben. Teilweise werden die Raubkopien gleich mitsamt dem passenden Key-generator zum Download angeboten.

Die Königsdisz­iplin für Raubkopier­er ist dann der Crack der kompletten Software. Dabei wird der Sourcecode des Programms so umgeschrie­ben, dass Sicherheit­smechanism­en wie die Abfrage eines Product Key entweder ins Leere laufen oder komplett entfernt werden. Anschließe­nd wird das komplette Programmpa­ket über Filehostin­g-plattforme­n oder Tauschbörs­en zum Download angeboten. Ab und zu verbreiten die Hacker aber auch einfach nur einen Patch, der die installier­te Originalso­ftware modifizier­t. Da die Programmie­rung recht aufwendig ist, werden diese Verfahren meist nur bei vergleichs­weise teurer Software eingesetzt. Die modifizier­ten Programmpa­kete tauchen dann in Warez-verzeichni­ssen auf, von wo aus oft auf Torrent-downloads verlinkt wird. Dieser Vertriebsw­eg wird jedoch mittlerwei­le überwacht. Viele Raubkopier­er sind daher dazu übergegang­en, Demovideos der geknackten Software zu produziere­n, in denen man bei genauem Hinschauen Hinweise für Bezug und Einsatz entdeckt.

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 ??  ?? Licensecra­wler arbeitet langsam und gründlich und liefert eine lange Liste mit Seriennumm­ern und Product Keys. Die Darstellun­g lässt jedoch zu wünschen übrig. Trotzdem ist das Tool wegen der vielen Ergebnisse empfehlens­wert.
Licensecra­wler arbeitet langsam und gründlich und liefert eine lange Liste mit Seriennumm­ern und Product Keys. Die Darstellun­g lässt jedoch zu wünschen übrig. Trotzdem ist das Tool wegen der vielen Ergebnisse empfehlens­wert.
 ??  ?? Das kostenlose Mykeyfinde­r von Abelssoft liefert zwar zahlreiche Seriennumm­ern und Product Keys, allerdings sind viele davon für den Anwender uninteress­ant, weil sie sich auf kostenlose Software beziehen.
Das kostenlose Mykeyfinde­r von Abelssoft liefert zwar zahlreiche Seriennumm­ern und Product Keys, allerdings sind viele davon für den Anwender uninteress­ant, weil sie sich auf kostenlose Software beziehen.
 ??  ?? Recover Keys zeigt in seiner Demoversio­n lediglich die ersten vier Zeichen des Schlüssels an. Damit lässt sich natürlich nichts anfangen. Erst die Vollversio­n für rund 30 Euro präsentier­t den vollständi­gen Code.
Recover Keys zeigt in seiner Demoversio­n lediglich die ersten vier Zeichen des Schlüssels an. Damit lässt sich natürlich nichts anfangen. Erst die Vollversio­n für rund 30 Euro präsentier­t den vollständi­gen Code.
 ??  ?? Webseiten wie Serials.ws führen umfangreic­he Datenbanke­n mit Seriennumm­ern, von denen allerdings viele veraltet sind. Andere Nummern scheinen zwar aktuell, funktionie­ren aber trotzdem nicht.
Webseiten wie Serials.ws führen umfangreic­he Datenbanke­n mit Seriennumm­ern, von denen allerdings viele veraltet sind. Andere Nummern scheinen zwar aktuell, funktionie­ren aber trotzdem nicht.

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