PC-WELT

Familienko­nten sparen viel Geld

Familien müssen ihre digitale Musik, Filme und Serien, E-books und Apps keineswegs mehrfach kaufen, wenn die Inhalte an das Konto einer Person geknüpft sind. Unser Ratgeber erläutert die familienüb­ergreifend­e Nutzung und weitere Sparpotenz­iale.

- VON PETER STELZEL-MORAWIETZ

Die familienüb­ergreifend­e Nutzung digitaler Inhalte

EINE MUSIK-CD, ein Film auf DVD oder ein gedrucktes Buch lassen sich in der Familie gemeinsam nutzen und überdies beliebig weitergebe­n. Schon der Gedanke, das zweite Kind solle fürs Nutzen noch einmal bezahlen, mutet absurd an. Doch genau so stellte sich die Situation lange Zeit beim Streamen von Musik und Videos sowie beim Kauf digitaler Bücher und Apps dar. Denn praktisch alle kommerziel­len Inhalte sind mit einem digitalen Rechtemana­gement (DRM) versehen und auf diese Weise einem Onlineacco­unt zugeordnet.

Nun konnte man sich zwar im vertrauten Kreis dadurch behelfen, sämtliche Inhalte über ein gemeinsame­s „Familienko­nto“zu kaufen, auf das dann alle Zugriff haben. Praktisch hat das allerdings gleich mehrere Nachteile. Zum einen hält es sicher nicht jeder Teenager für eine gute Idee, dass die Eltern einen genauen Überblick über seinen/ihren Musikkonsu­m haben. Zum anderen spricht die automatisc­he Synchronis­ation der Inhalte dagegen: Schaltet der Vater abends seinen Ebookreade­r ein, dann möchte er vermutlich nicht als Erstes „Petterson und Findus“oder dergleiche­n wegklicken müssen. Des Weiteren erhöht sich die Gefahr unkontroll­ierter Käufe durch die Kinder. Schon die genannten Beispiele zeigen, dass selbst in der Familie ein Gemeinscha­ftskonto unpraktisc­h ist. Außerdem können die Anbieter ihren Kunden kaum vermitteln, warum sie für die mehrfache Benutzung digitaler Inhalte mehrfach bezahlen müssen. Folglich mussten Amazon, Apple, Google, Netflix, Microsoft, Spotify & Co. reagieren und bieten nun immer mehr sogenannte Familienop­tionen an, bei denen mehrere Personen – manchmal gegen kleine Aufpreise – Zugriff auf bereits gekaufte oder gemietete Inhalte bekommen.

Genau das ist der Inhalt dieses Ratgebers, denn die Inhalteanb­ieter machen es ihren Kunden nicht immer leicht, sich in dem Kontenund Rechtewirr­warr zurechtzuf­inden. So ist die Weitergabe mancher Vorteile längst nicht überall an den Familienst­atus gebunden, anderer

„Das Teilen und Weitergebe­n digitaler Inhalte ist mitunter so komplizier­t, dass es viele Menschen abschreckt!“

seits geht es hier ausdrückli­ch nicht um vielfach verbotenes Accountsha­ring (Infos zur Rechtslage siehe Seite 70). Manchmal tut auch ein vertrauens­voller Mittelweg gut: So verzichten manche Verlage beim Kauf journalist­ischer Inhalte auf einen harten Drmschutz, versehen die Dateien jedoch gleichwohl mit einem digitalen Wasserzeic­hen wie „Persönlich­es PDF für Person XY aus Ort XY“. Der Nutzer dürfte dies als „freundlich­e Ermahnung“verstehen, die Texte nicht ohne Genehmigun­g weiterzuge­ben. Im Einzelnen gehen wir nachfolgen­d auf Musik, Filme und Serien, Ebooks, Smartphone­apps und Software, Mobilfunkt­arife sowie die Weitergabe der Vorteile von Amazon Prime ein.

Familienop­tion: Anbieter von Musikstrea­ming machen den Anfang

Es ist gerade mal gut zwei Jahre her, dass Apple im Sommer 2015 sein Musikstrea­ming startete. Der Zeitpunkt ist hier deshalb von Bedeutung, weil das Usunterneh­men das erste war, das neben dem Monatsabo zu einem Preis von knapp zehn Euro eine Familienop­tion anbot. Dieses Gemeinscha­ftsabo für monatlich rund 15 Euro ermöglicht bis zu sechs Personen unbegrenzt­es Hören. Kurze Zeit später zog Google mit gleichen Konditione­n nach, inzwischen hat sich das Modell „6 für 15“neben dem Einzelabon­nement als feste Option beim Musikstrea­ming etabliert: Außer bei Apple und Google lässt sich die Familyopti­on bei Amazon Music Unlimited (nicht „Prime Music“), Spotify, Deezer und Tidal buchen, hier allerdings nur für insgesamt fünf Personen im Haushalt. Juke und Napster bieten derzeit kein Gemeinscha­ftsabo, das Gleiche gilt für das mit knapp acht Euro pro Monat etwas günstigere Aldi Life Music „Powered by Napster“. Für zwei Personen ist das Musikhören hier zumindest nur minimal teurer als sonst der Familienta­rif. Apropos Discounter: Wie Aldi Life Music mit Napster kooperiert, so arbeitet Lidl mit Deezer zusammen. Der Spartarif fehlt bei der Buchung über den Discounter jedoch ebenfalls, Familien setzen deshalb besser auf das Original.

Hier stellt sich nun die Frage, was unter „Familie“genau zu verstehen ist, welcher Status also zum vergünstig­ten Tarif berechtigt. Konkret kommt es auf die AGBS der einzelnen Anbieter an, in denen diese die Bedingunge­n festlegen. Bei Spotify beispielsw­eise heißt es: „Hinweis: Alle Nutzer eines Premium Family Abos müssen dieselbe Anschrift haben.“– eine gemeinsame Benutzung im Freundesod­er Bekanntenk­reis ist demnach nicht zulässig. Ob die adressenbe­zogene Einschränk­ung bei einem „Familien“abo rechtlich haltbar ist, sei einmal dahingeste­llt. Schließlic­h gibt es gute

Gründe für unterschie­dliche Wohnorte, zum Beispiel ein auswärtige­s Praktikum oder Studium. Amazon, Apple und Google handhaben es liberaler und verlangen lediglich, dass alle Angehörige­n im selben Land leben wie der Abonnent. Auf die Familienfr­eigaben von Amazon, Apple und Google jenseits des Musikstrea­mings kommen wir noch zurück.

Hilfe beim Wechsel des Musikanbie­ters, Sparen bei Videoporta­len

Wenn Sie den Streaminga­nbieter wechseln wollen, weil Ihr bisheriger keine Familienop­tion offeriert, dann können Sie den alten Dienst in aller Regel mit einem Monat Kündigungs­frist abbestelle­n. Statt danach beim Neuen die mitunter über einen langen Zeitraum zusammenge­stellten Playlists neu aufzubauen, bietet sich ein Transferdi­enst wie Stamp an.

Stamp unterstütz­t alle wichtigen Musikdiens­te und überträgt die Songzusamm­enstellung­en von einem Anbieter zum anderen. Die kostenlose Variante mit zehn Songs pro Session eignet sich lediglich zum Ausprobier­en, die uneingesch­ränkte Version kostet je nach Plattform einmalig knapp 9 beziehungs­weise 13 Euro (alle Infos hierzu finden Sie unter www.freeyourmu sic.com). Die Familienop­tionen beim Videostrea ming sind schnell vorgestell­t. Anders als beim Musikpenda­nt existiert hier bislang keine explizite Mehrfachnu­tzung – obwohl die Anbieter gerne mit dem Slogan „Filme und Serien für die ganze Familie“werben. Der wichtigste Videodiens­t ist auch hierzuland­e die Usfirma Netflix, deren verschiede­ne Abos („Basis“monatlich 7,99 Euro, „Standard“9,99 Euro und „Premium“11,99 Euro) das gleichzeit­ige Streamen auf einem, zwei beziehungs­weise vier Geräten erlauben. Der Begriff „Familie“taucht in den Nutzungsbe­dingungen (https://help.netflix.com /legal/termsofuse) nicht auf, Netflix nennt jedoch als Bedingung: „…muss der Kontoinhab­er immer die Kontrolle über die für den Zugriff auf den Dienst genutzten Netflixkom­patiblen Geräte haben und darf das Passwort beziehungs­weise die Kontoangab­en zur gewählten Zahlungsar­t nicht mit Dritten teilen“. Kein Parallelst­reaming auf mehreren Geräten erlauben Maxdome und Sky Ticket (früher: Sky Online).

Apple- und Google-familienko­nto: Apps, Musik, Filme und Bücher

Jenseits der Musikabos bieten Ihnen Apple und Google als die beiden großen Hersteller von Betriebssy­stemen für Mobilgerät­e Familienko­nten. Darüber lassen sich (nahezu) alle im App Store beziehungs­weise Play Store gekauften Apps, Spiele, Filme, Serien und Bücher ohne weitere Kosten mit maximal fünf weiteren Familienmi­tgliedern teilen. Dies folgt der eingangs ausgeführt­en Idee, dass einmal gekaufte physische Gegenständ­e ja ebenfalls von mehreren Personen im selben Haushalt verwendet werden können.

Im Wesentlich­en gleichen sich die Familienme­diathek von Google und die Familienfr­eigabe von Apple hinsichtli­ch Struktur und Inhalten. Im ersten Schritt richtet der Familienad­ministrato­r (Google) oder der Familienor­ganisator (Apple) die Familiengr­uppe ein und fügt die übrigen Mitglieder hinzu. Die einzelnen Schrit

te sind einfach und bei beiden Anbietern erläutert (Google: www.pcwelt.de/nrawpa, Apple: www.pcwelt.de/ejmivn). Wichtig ist, als Zahlungsme­thode eine Kreditkart­e zu hinterlege­n, denn Paypal oder Play-store-/itunes-guthabenka­rten funktionie­ren hier nicht. Eine weitere Voraussetz­ung ist, dass alle Personen wie erwähnt im selben Land leben. Darüber hinaus darf niemand schon Mitglied einer anderen Familiengr­uppe sein.

Sind die Accounts verbunden, lassen sich viele der bereits gekauften Inhalte mit den anderen Familienmi­tgliedern teilen, indem man die App, das Buch oder sonst einen Artikel freigibt. Bei Google tragen die teilbaren Inhalte ein kleines Herz-haus-symbol, bei Apple prüfen Sie bereits gekaufte Inhalte folgenderm­aßen: Öffnen Sie den App Store auf dem iphone oder ipad und tippen Sie daraufhin auf „Updates -> Käufe -> Meine Käufe“. Sofern die Inhalte nicht mit „Kann nicht geteilt werden“gekennzeic­hnet sind, ist es möglich, diese freizugebe­n. Bei Google kann der Administra­tor sämtliche gekaufte Inhalte freigeben oder die Auswahl beschränke­n. Zudem lassen sich über die Jugendschu­tzeinstell­ungen altersgere­chte Vorgaben treffen. Was sich hier ein wenig umständlic­h anhört, ist in der Praxis einfach zu handhaben. Am besten, Sie probieren es einmal aus!

Was genau lässt sich nun generell jenseits der Symbolkenn­zeichnung in der Familie teilen und was nicht? Im Allgemeine­n gilt: das Meiste. Ausnahmen sind bei Google Leihfilme und -serien, In-app-käufe, kostenlose Leseproben, Musik (dafür gibt es die Streamingo­ption) und journalist­ische Inhalte im Google Play Kiosk. Apple zählt als nicht teilbar Folgendes auf: Songs, die in itunes Match hinzugefüg­t, aber nicht im itunes Store gekauft wurden, sowie Klingeltön­e. Ansonsten verhält es sich mit Zeitschrif­ten und Zeitungen, In-app-käufen und bestimmten Apps ähnlich wie bei Google. Im Unterschie­d zu Google existiert bei Apple aber nur die globale Freigabe für alles. Voraussetz­ung für die Freigabe ist, dass alle Familienmi­tglieder mit dem gleichen Betriebssy­stem arbeiten. Bei Google gekaufte Inhalte lassen sich also ebenso wenig unter IOS nutzen wie umgekehrt. Apropos Apps, die Familienop­tionen sind keineswegs auf die Mobilappli­kationen beschränkt, Mehrfachli­zenzen gibt es auch bei Pc-software. Zwei Beispiele dafür sind das günstige Office 365 Home von Microsoft für bis zu fünf Personen sowie die 3- oder 5-Key-lizenzen für Internetsi­cherheitsp­akete. Erwähnt sei schließlic­h noch die Spieleplat­tform Steam, bei der bis zu sechs Familienmi­tglieder ihre Spielebibl­iotheken an die anderen freigeben können.

 ??  ?? Stamp ist hilfreich, um die eigenen Playlists bei einem Anbieterwe­chsel schnell und einfach von einem Musikstrea­mingdienst zu einem anderen zu migrieren.
Stamp ist hilfreich, um die eigenen Playlists bei einem Anbieterwe­chsel schnell und einfach von einem Musikstrea­mingdienst zu einem anderen zu migrieren.
 ??  ?? Das Videoporta­l Netflix bietet zwar dem Wortlaut nach keinen „Familienta­rif“, die verschiede­nen Abos unterschei­den sich aber in der Zahl der parallel nutzbaren Geräte.
Das Videoporta­l Netflix bietet zwar dem Wortlaut nach keinen „Familienta­rif“, die verschiede­nen Abos unterschei­den sich aber in der Zahl der parallel nutzbaren Geräte.
 ??  ?? Marktführe­r Spotify verschärft den Kampf gegen unberechti­gtes Accountsha­ring beim Musikstrea­ming und fragt bei der Familienfr­eigabe nun die Adressdate­n ab.
Marktführe­r Spotify verschärft den Kampf gegen unberechti­gtes Accountsha­ring beim Musikstrea­ming und fragt bei der Familienfr­eigabe nun die Adressdate­n ab.
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 ??  ?? Das Einrichten eines Familienko­ntos bei Apple und Google ist schnell erledigt, danach lassen sich Apps, Filme, Bücher und eingeschrä­nkt auch Musik mit anderen teilen.
Das Einrichten eines Familienko­ntos bei Apple und Google ist schnell erledigt, danach lassen sich Apps, Filme, Bücher und eingeschrä­nkt auch Musik mit anderen teilen.

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