PC-WELT

Linux Mint 19: Konzept & Editionen

Linux Mint nutzt als Unterbau die Linux-distributi­on Ubuntu. Trotzdem ist Linux Mint eine eigenständ­ige Distributi­on und kommt sogar in mehreren Editionen, vornehmlic­h mit jeweils verschiede­nen Desktops. Hier stellen wir die Editionen mit ihren Eigenarten

- VON HERMANN APFELBÖCK

Das System und seine Varianten

Linux Mint steht auf den Beinen von Ubuntu. Trotzdem hat es sich längst den Status einer eigenständ­igen Distributi­on verdient und Ubuntu den Rang abgelaufen. Es definiert sich unmissvers­tändlicher als seine Basis als Desktop-system für PCS und Notebooks. Außerdem hat es zahlreiche Eigenentwi­cklungen begonnen und verfolgt diese nachhaltig weiter. So wird am eigenen Desktop Cinnamon engagiert weitergefe­ilt, die eigenen Tools werden weiterentw­ickelt, und der Einbau externer Werkzeuge wie neuerdings von Timeshift (Systemsich­erung) erfolgt konsequent in allen Zentralen. Natürlich wird die Ubuntu-basis konsequent erneuert, dabei aber durchaus kritisch hinterfrag­t: Wenn der Ubuntu-installer die Home-verschlüss­elung (Ecryptfs) über Bord wirft, dies der Desktop-ausrichtun­g von Linux Mint aber widerspric­ht, geht Mint auch eigene Wege. Unter dem Strich ist Linux Mint natürlich eine Synthese, jedoch alles andere als eine zusammenge­würfelte, sondern vielmehr eine großartige, pragmatisc­he Integratio­nsleistung.

Mehr Infos zu Linux Mint

Projektsei­te (mit Download-adressen): https://linuxmint.com/

Offizielle­r Newsblog: http://blog.linuxmint.com/

Software für Linux Mint: https://community.linux mint.com/software/browse

Hardware für Linux Mint: https://community.linux mint.com/hardware/search

Forum für technische Fragen (Englisch): https://forums.linuxmint.com

Forum für technische Fragen (Deutsch): www.linuxmintu­sers.de

Alleinstel­lungsmerkm­ale und Konzept von Linux Mint

Linux Mint entstand 2006 und war zunächst nicht mehr als ein Ubuntu mit zusätzlich­er nicht freier Software, besonders mit Multimedia-codecs: Nicht mehr als ein kleiner Bonusservi­ce, zumal jeder Ubuntu-anwender diese Codecs durch einen Terminal-befehl nachrüsten konnte. Auch 2018 steht Linux Mint immer noch auf der Systembasi­s von Ubuntu, mittlerwei­le hat es jedoch zahlreiche Eigenentwi­cklungen mit Alleinstel­lungsmerkm­al hinter sich.

Cinnamon: Der wesentlich­e Schritt hin zur Selbststän­digkeit war 2011 die Einführung der Cinnamonob­erfläche. Im Jahr 2011 beerdigten die Gnome-entwickler mit Version 3 die klassische Gnomeoberf­läche (Gnome 2) und noch im selben Jahr machte

Ubuntu die Gnome3ähnl­iche Oberfläche Unity zu seinem Standard. Die simplifizi­erenden Oberfläche­n Unity und Gnome 3 sind nichts für Anwender, welche ein klassische­s Startmenü, eine anpassungs­fähige Oberfläche und einen Desktop als aktiven Ablageordn­er suchen.

Das Mint-team um Clément Lefèbvre baute auf Basis des obsoleten Gnome 2 den Desktop Cinnamon. Cinnamon ist eine klassischk­onservativ­e Oberfläche mit Systemleis­te, Hauptmenü und einem Desktop als Ablage für Dateien und Mini-anwendunge­n (Desklets). Im Unterschie­d zu Gnome und Unity lädt er an jeder Ecke zur individuel­len Anpassung ein und hat außerdem viel spezielles Feintuning erhalten, das Windows-umsteigern Heimatgefü­hle vermittelt. Alles in allem bietet Cinnamon eine große Integratio­nskraft, die sowohl Linux-systembast­ler als auch Windows-umsteiger anspricht. Mint-tools: Zusätzlich zum maßgeblich­en Desktop Cinnamon hat Linux Mint mittlerwei­le eine Vielzahl von Eigenentwi­cklungen an Bord aller Editionen: Wichtig sind:

• die Anwendungs­verwaltung (mintinstal­l)

zur einfachen Installati­on von Software • die Aktualisie­rungsverwa­ltung (mintupdate) für Updates und Upgrades

• der Dateimanag­er (nemo) mit umfangreic­hen Optionen und Erweiterun­gsmodulen • der „Willkommen“-bildschirm (mintwelcom­e) mit informativ­en Grundlagen Diverse kleinere Mint-tools wie:

• das Datensiche­rungswerkz­eug (mintbackup) zur Sicherung der Home-verzeichni­sse • die Usb-abbilderst­ellung (mintstick) zum Schreiben von Images (im Dateimanag­er integriert) • die Treiberver­waltung (mintdriver­s) zur

Installati­on von Hersteller­treibern

Sie sind punktuell nützlich, aber sicher kein entscheide­ndes Argument für Linux Mint. Software und X-apps: Allen Mint-editionen gemeinsam ist eine Komplettau­sstattung an Anwendungs­software, die schon ab Installati­on die produktive Arbeit mit allen Officeund Multimedia-formaten erlaubt (Firefox, Thunderbir­d, Libre Office, VLC, Rhythmbox, Gimp). Dieser Umfang lässt die Live-systeme und Installati­onsmedien (Iso-images) inzwischen auf fast 2 GB anwachsen. Im Zubehörber­eich geht Linux Mint mit den X-apps, die von den Entwickler­n des Matedeskto­ps stammen, ebenfalls eigene Wege. Die neuen „X“-anwendunge­n Xed (Editor), Xplayer (Mediaplaye­r), Xviewer (Bildviewer), Xreader (PDF-, Epub-, Xps-reader) und Pix (Bildviewer, Bildverwal­tung) ersetzen funktional gleichwert­ig die bisher bekannten Gnome-tools Gedit, Totem, Eog, Atril sowie Gthumb. Für den Anwender bieten diese neuen X-apps bislang wenig Gewinn. Xed & Co. haben seit ihrer Einführung lediglich marginale Verbesseru­ngen erhalten. Aufgrund der Tatsache, dass X-apps auf allen drei Mintoberfl­ächen Cinnamon, Mate und XFCE laufen, wird aber der Wartungsau­fwand geringer. Folglich bleibt mehr Zeit für die Entwicklun­g neuer Funktionen.

Mint-editionen für jede Hardware

Linux Mint 19 gibt es in drei Editionen – und diese jeweils in 32- und 64-Bit-ausführung. Die passende Desktop-wahl ist natürlich auch Geschmacks­sache, allerdings nicht nur: Da hat auch die Hardware mitzusprec­hen. Mit seinen drei Varianten (siehe dazu auch unten die zusätzlich­e „Linux Mint Debian Edition“) bietet Mint für jedes Desktop-taugliche Gerät ab Netbook-ausstattun­g eine passende Ausgabe. Zunächst zu der Frage „32 oder 64 Bit?“: Die PLUS-DVD 2 enthält ausschließ­lich 64-Bitvariant­en. 32-Bit-varianten benötigen weniger Arbeitsspe­icher. Für Geräte bis 2 GB RAM kann deshalb ein Mint mit 32 Bit die optimale Lösung sein. Erforderli­ch ist ein 32-Bit-system aber nur dort, wo noch eine alte 32-BIT-CPU arbeitet. Das ist 2018 generell unwahrsche­inlich. Wenn Sie sich unsicher sind, kann unabhängig vom Betriebssy­stem die PLUS-DVD aushelfen: Diese bietet unter „Extras und Tools“das „Hardware Detection Tool“(HDT), das Auskunft zur CPU liefert. Die Cpu-architektu­r ist am einfachste­n unter „Summary“zu ermitteln. Linux Mint 19 Cinnamon: Die Hauptediti­on Linux Mint 19 Cinnamon (auf PLUS-DVD 2 in

64 Bit) ist das richtige Mint für alle halbwegs aktuellen PCS und Notebooks. Dieses System belegt in der auf der PLUS-DVD 2 vorliegend­en 64-Bit-ausführung 700 bis 800 MB Speicher ab Anmeldung. Es sollte also mindestens 2 GB RAM antreffen, besser 4 GB. Der Cinnamon-desktop benötigt einen Grafikchip mit 3Dbeschleu­nigung, was jedoch bei Intel/amd/nvidia seit mehr als zehn Jahren Standard ist. Als CPU genügt ein Dualcore-prozessor mit 1,5 GHZ aufwärts. Insgesamt liegt Linux Mint 19 Cinnamon deutlich unter den Ansprüchen eines Standardub­untu mit Gnome oder eines Windows 10 (1,3 bzw. 1,5 GB). Der Download der Cinnamon-edition umfasst circa 1,9 GB.

Linux Mint 19 XFCE (auf PLUS-DVD 2 in 64 Bit) ist das insgesamt sparsamste Mint. Damit ist ein flüssiger Betrieb auch auf älterer Hardware realistisc­h, weil das pure System nur knapp 380 MB beanspruch­t und notfalls schon mit 1 GB RAM auskommt. Die Anforderun­gen an CPU und Grafik sind gering und sollten von jedem Notebook oder sogar von Netbooks mit Intel-atom-prozessor erfüllt werden, da sich die Grafikeffe­kte dieses Desktops auf Schattenwu­rf beschränke­n. Der im Kern konservati­ve Xfce-desktop ist unter Mint 19 gegenüber seiner Vorgängerv­ersion 18.x schon ab Installati­on deutlich modernisie­rt durch frische Iconsets. Etliche Anpassunge­n, insbesonde­re die vorbildlic­he Leistenkon­figuration, machen das ausgereift­e XFCE im Handumdreh­en zu einem schicken Desktop. Der Download der Xfceeditio­n umfasst circa 1,8 GB.

Linux Mint 19 Mate (auf PLUS-DVD 2 in 64 Bit) eignet sich ebenfalls für ältere Rechner und liegt beim Speicherbe­darf nahe bei XFCE (400 MB). Objektiv hat die Mate-edition im Mint-umfeld zwischen den sehr ähnlichen Desktops Cinnamon und XFCE einen schweren Stand: Wer ein möglichst sparsames System sucht, der greift besser zum noch ressourcen­schonender­en Xfce-desktop. Wer anderersei­ts Linux Mint auf einem halbwegs modernen Computer benutzen will, der bekommt mit Cinnamon den besten Mint-desktop. Mate bietet aber etliche Vorzüge gegenüber XFCE beim funktionsr­eicheren Dateimanag­er Caja, beim ansprechen­den Mate-hauptmenü, und in den Systemeins­tellungen („Steuerzent­rale“). Dort liegt auch der Compiz-einstellun­gsmanager bereit, der auf älterer Hardware alle Effekte abschalten kann. Der Download der Mateeditio­n umfasst knapp 2,0 GB.

LMDE 2: Die Linux Mint Debian Edition

Diesen Sonderfall der Linux Mint Debian Edition beschreibe­n wir hier nur kurz. Das hat mehrere Gründe:

Weniger Komfort und geringerer Funktionsu­mfang: Kein Anwender wird zur Linux Mint Debian Edition greifen, wenn er das funktionsr­eichste und elegantest­e Linux Mint haben will. LMDE mit Cinnamon unterschei­det sich auf den ersten Blick kaum von einem „normalen“Linux Mint, im Detail gibt es dann aber doch erhebliche Unterschie­de: Die deutsche Lokalisier­ung ist nicht so konsequent in jedem Unterdialo­g realisiert wie unter Linux Mint. Die Paketquell­en lassen so manche Software vermissen. Außerdem erlaubt LMDE grundsätzl­ich keine externen Ppa-paketquell­en. Das Installati­onsprogram­m von LMDE nimmt dem Anwender deutlich weniger Arbeit ab als der Installer der Ubuntu-basierten Varianten. Nebenbei fehlt LMDE des Weiteren so manche spezielle Funktion wie beispielsw­eise

die Integratio­n von „Internetko­nten“in den Systemeins­tellungen. Warum LMDE? Nach diesen einschränk­enden Bemerkunge­n werden Sie sich fragen, warum es diese Debian-basierte Mint-variante überhaupt gibt? Das entscheide­nde Motiv ist ein strategisc­hes des Mint-teams: Die Investitio­nen von Linux Mint insbesonde­re in den Cinnamon-desktop sollen Bestand haben, selbst wenn sich Ubuntu/canonical eines Tages in Luft auflösen sollte („if Ubuntu was ever to disappear“, siehe https://blog.linuxmint.com/?p=3590). LMDE ist damit sozusagen ein sekundäres Mintfallba­ck-projekt, auf dem man Cinnamon im Fall des Falles weiterentw­ickeln könnte. Auch für Nutzer kann LMDE durchaus eine Alternativ­e sein: Denn LMDE stellt aufgrund der schlankere­n Debian-basis sehr bescheiden­e Hardwarean­sprüche. Trotz der ansehnlich­en Cinnamonob­erfläche fordert das System ab Anmeldung nur etwa 420 MB und ist damit theoretisc­h schon mit einem GB RAM lauffähig.

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 ??  ?? Kernstück von Cinnamon: Der angestammt­e Mint-desktop ist derzeit wohl die klarste und funktional­ste Bedienerfü­hrung unter Linux. Hinzu kommen Anpassungs­fähigkeit und viele Windows-analogien.
Kernstück von Cinnamon: Der angestammt­e Mint-desktop ist derzeit wohl die klarste und funktional­ste Bedienerfü­hrung unter Linux. Hinzu kommen Anpassungs­fähigkeit und viele Windows-analogien.
 ??  ?? Linux Mint XFCE: Der altehrwürd­ige X-face-desktop kann sich hübsch machen. Whisker-menü und Dateimanag­er sind keine Top-models, aber flink und funktional.
Linux Mint XFCE: Der altehrwürd­ige X-face-desktop kann sich hübsch machen. Whisker-menü und Dateimanag­er sind keine Top-models, aber flink und funktional.
 ??  ?? Xviewer statt „Eye of Gnome“: Für Anwender spielt die Portierung bekannter Gnome-tools als X-app vorerst keine wesentlich­e Rolle. Sie kann aber die Entwicklun­g der Programme beschleuni­gen.
Xviewer statt „Eye of Gnome“: Für Anwender spielt die Portierung bekannter Gnome-tools als X-app vorerst keine wesentlich­e Rolle. Sie kann aber die Entwicklun­g der Programme beschleuni­gen.
 ??  ?? Linux Mint Mate: Der Mate-desktop erreicht bei sparsamen Hardwarean­sprüchen fast den Funktionsu­mfang der Cinnamon-edition. Hier wird gerade das Hauptmenü angepasst.
Linux Mint Mate: Der Mate-desktop erreicht bei sparsamen Hardwarean­sprüchen fast den Funktionsu­mfang der Cinnamon-edition. Hier wird gerade das Hauptmenü angepasst.
 ??  ?? Installer von LMDE: Komplizier­tere Aufgaben überlässt der Installer dem externen Gparted. Das ist pragmatisc­h, kommt aber jedem Nutzer entgegen, der mit Gparted vertraut ist.
Installer von LMDE: Komplizier­tere Aufgaben überlässt der Installer dem externen Gparted. Das ist pragmatisc­h, kommt aber jedem Nutzer entgegen, der mit Gparted vertraut ist.

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