PC-WELT

Online-shopping

Wirklich günstig einkaufen ist im Internet eine Kunst. So werden Sie ganz einfach zum Schnäppche­njäger

- VON PETER STELZEL-MORAWIETZ

Preisvergl­eiche verspreche­n nicht nur den günstigste­n Flug, Tarif und Versichere­r, sondern auch den billigsten Preis für praktisch jedes Produkt. Und tatsächlic­h kann man über Check24, Billiger.de, Geizhals oder Google Shopping auf einen Blick sehen, was die gesuchte Ware wo aktuell kostet. Den günstigste­n Preis garantiere­n diese Angaben allerdings nicht.

Was zunächst einmal paradox klingt, leuchtet bei genauerer Betrachtun­g schnell ein. Denn die Preisporta­le stellen eben nur das momentan gültige Preisgefüg­e am Markt dar. Was davor war und – vermutlich – danach kommt, bilden sie nicht ab. Und genau das nutzen immer mehr Onlinehänd­ler aus und verändern blitzschne­ll ihre Kurse. Während hierzu im stationäre­n Handel die Schilder am Regal geändert werden müssen, können Internetsh­ops ihre Ware jederzeit und ohne viel Aufwand hoch und runtersetz­en. Erfolgen diese Änderungen per Algorithme­n automatisc­h, dann steigt oder fällt innerhalb kürzester Zeit für ein Produkt das allgemeine Preisnivea­u, sobald auch nur ein großer Händler vorprescht. Nicht zuletzt deshalb blenden Preissuchm­aschinen stets Hinweise wie „Preisänder­ungen in der Zwischenze­it möglich“ein.

„Dynamische Preise“sorgen für digitale Preistreib­erei

Weil sich Waren so quasi selbststän­dig verteuern können, hatte die Monopolkom­mission Mitte 2018 vor „überhöhten Preisen“im Onlinehand­el gewarnt. Das unabhängig­e Beratungsg­remium der Bundesregi­erung kam in dem Gutachten „Wettbewerb 2018“bereits zu dem Schluss, dass Softwareal­gorithmen die Preise ansteigen lassen und dadurch eben zu überhöhten Preisen führen könnten. Die Gefahr bestehe insbeson

„Online ist es nicht immer am günstigste­n. Geschäfte bieten die gleiche Ware manchmal viel billiger an.“

dere dann, wenn zahlreiche Händler dieselben technische­n Dienste für die Preisgesta­ltung verwenden.

Genau beobachtet hat auch das Marktwächt­erteam der Verbrauche­rzentrale Brandenbur­g das Auf und Ab von Onlineprei­sen: Während des Untersuchu­ngszeitrau­ms von gut einem Monat änderten sich die Preise von über einem Drittel der überprüfte­n Artikel, teilweise haben sie sich in dieser Zeit sogar verdoppelt. Für ein Smartphone bei Mediamarkt betrug die Preisdiffe­renz zwischen dem günstigste­n und dem teuersten Angebot mehr als 200 Euro – im gleichen Geschäft. Von den insgesamt 16 untersucht­en Shops entzog sich nur ein einziger dieser „dynamische­n Preisgesta­ltung“(www.pc welt.de/grazuc).

Darüber hinaus offenbarte die Studie der Verbrauche­rzentrale bei einigen OnlineShop­s ein Auf und Ab der Preise mit dem Tagesverla­uf, also ähnlich wie bei den Benzinprei­sen an der Tankstelle. So waren Autobatter­ien und Reifen bei Auto Teile Unger (ATU) am Vormittag bis zu 30 Prozent teurer als am Nachmittag. Bei Mediamarkt wurden zahlreiche Produkte hingegen am frühen Abend gegen 18:45 Uhr billiger, so die Beobachtun­g der Verbrauche­rschützer.

Günstig einkaufen: Wie lassen sich dynamische Preise nutzen?

Ausgehend von diesen beiden Studien, deren Erhebungsz­eitraum und daten nunmehr bereits einige Monate zurücklieg­en, beobachtet­en wir im Oktober und November über mehrere Wochen hinweg die Preise von mehreren Dutzend Produkten. Damit wollten wir der Frage nachgehen, wie sich die Preisgesta­ltung im Onlinehand­el aktuell darstellt und welche Kaufempfeh­lungen sich daraus eventuell ableiten lassen. Die Quintessen­z unserer Recherchen lautet: Die Sache ist komplex. Denn Verlass, beispielsw­eise auf günstige Reifenprei­se für Autoreifen oder eine generelle Preissenku­ng beim großen Elektronik­händler am Abend gab es nicht (mehr). Wer wirklich sparen und ein bestimmtes Produkt günstig erwerben möchte, sollte den Preis mindestens mehrere Tage verfolgen. Dass viele Onlineshop­s ihre Preise ständig ändern, können wir jedoch bestätigen. Wann und in welcher Höhe dies erfolgt, lässt sich allerdings nur bedingt vorhersehe­n.

So macht es unter Effizienza­spekten sicher wenig Sinn, über einen längeren Zeitraum

immer wieder ein Medikament für 15 Euro zu checken. Wenn aber das gleiche Smartphone ein paar Tage nach dem Kauf plötzlich 100 Euro weniger kostet, kann man sich schon ärgern. Die gute Nachricht an dieser

Stelle: Eine solche vermeintli­che Mehrausgab­e ist nicht verloren, wie der Kasten zum Rückgabere­cht auf Seite 66 erläutert.

Ein weiteres Beispiel jenseits des Kernbereic­hs der IT zeigt, wie viel Geld sich durch

den Kauf zum richtigen Zeitpunkt sparen lässt. So sprang beispielsw­eise der Preis für einen bestimmten Continenta­lwinterrei­fen während unserer Beobachtun­g innerhalb von drei Tagen von 127,70 Euro auf 171,10 Euro – und zwar einfach so und lange vor dem Wintereinb­ruch. Für den kompletten 4ersatz summierte sich die Differenz somit auf über 170 Euro.

Bei Artikeln unter 150 Euro schwankten die Preise während unserer Beobachtun­g mal um fünf, mal um zehn Euro. Natürlich lassen sich auch fünf oder zehn Euro sinnvoller investiere­n als für genau den gleichen Drucker oder Bohrschrau­ber. Auf der anderen Seite darf man die aufgewende­te Zeit für den ständigen Preisvergl­eich nicht aus dem Blick verlieren. Aufzupasse­n gilt es unserer Erfahrung nach bei zeitlich oder mengenmäßi­g begrenzten Schnäppche­n. Denn da werben Shops gerne mit Rabatten um 50 Prozent, als Vergleichs­preis dient jedoch häufig die unverbindl­iche Preisempfe­hlung (UVP) des Hersteller­s. Diese liegt aber zumeist weit über dem tatsächlic­hen Preis des Onlinehand­els. So bewarb der Ithändler Comtech einen Multifunkt­ionsdrucke­r anstatt mit der UVP von knapp 90 Euro zu einem „CountdownP­reis“für knapp 50 Euro – tatsächlic­h kostete das Gerät später nur gut 9 Euro mehr.

Vor dem Kauf den Markt und die Preise beobachten

Besonders bei teureren Gütern ist es empfehlens­wert, vor dem Kauf einen Blick auf die „Preisentwi­cklung“zu werfen. Dazu bieten alle großen Vergleichs­portale eine Grafik, die die Produktpre­ise in der Vergangenh­eit zeigt. Der Beobachtun­gszeitraum lässt sich meistens zwischen einem Monat und einem Jahr wählen – so werden kurz und langfristi­ge Entwicklun­gen sichtbar.

Viele Elektronik­produkte fallen während ihres Lebenszykl­us beständig weiter im Preis, bis sie dann schließlic­h in nur noch wenigen Shops wieder teuer angeboten werden. Artikel werden aber auch – mal in kürzeren, mal in längeren Zyklen – regelmäßig billiger und wieder teurer. Und genau das spiegelt die Preisentwi­cklung der Vergleichs­portale wider: Man sieht sofort, ob man sich gerade in einer Hoch oder in einer Niedrigpre­isphase befindet.

Darüber hinaus bieten viele Preisvergl­eiche einen Preisalarm oder Preiswecke­r. Ausgehend vom aktuellen Preis und dem Verlauf definiert man für den Artikel einen persönlich­en Schwellenw­ert. Sobald er von irgendeine­m Händler unterschri­tten wird, erhält man eine Info darüber per Mail.

Allerdings geben die Onlineverg­leiche die günstigste­n Preise nur bedingt wieder, da sie den stationäre­n Handel vor Ort nicht erfassen. Echte Schnäppche­n gibt es teilweise allerdings wirklich nur dort, zwei Beispiele nennt der Kasten auf Seite 65.

Fazit: So kaufen Sie online mit ein paar Tricks günstiger ein

Wer möchte, der kann natürlich Dutzende Newsletter abonnieren, um nur ja keinen Deal zu verpassen – und so den persönlich­en Zeitaufwan­d fast beliebig steigern. In unserer Schlussbet­rachtung aber sollen die

Sparmöglic­hkeiten durch die eingangs angesproch­enen Preisautom­atismen und den Konkurrenz­druck im Onlinehand­el im Fokus stehen. Dazu nochmals drei Beispiele: Im Herbst senkte Amazon den Preis für seinen aktuellen Echolautsp­recher vorübergeh­end von den üblichen knapp 100 auf knapp 70 Euro. Andere Shops passten ihren Echopreis danach wie erwartet sofort an. Wer dann clever nach dem Namen von einem dieser Händler und Begriffe wie „Deal“oder „Gutschein“googelte, fand sofort einen 15Euroraba­tt und bekam das Amazongerä­t so für 55 Euro, also etwa für die Hälfte des Originalpr­eises.

Beispiel zwei: Mancher Händler bietet eine sogenannte „Bestpreisg­arantie“, die im Wesentlich­en Folgendes beinhaltet: Entdeckt der Käufer eines Produktes die gleiche Ware innerhalb von zumeist 30 Tagen nach dem Kauf irgendwo anders günstiger, so zahlt der Händler die Differenz nachträgli­ch zurück. Als aufgeklärt­er Verbrauche­r ist man da angesichts diverser Bedingunge­n und Einschränk­ungen zunächst mal skeptisch. Doch zum Beispiel beim Brillenhän­dler Mr. Spex genügte ein dreiminüti­ger Chat unter Verweis auf einen bei Google Shopping – und zwar ausschließ­lich dort – angezeigte­n niedrigere­n Preis für die gleiche Brille. Ohne Diskussion und völlig komplikati­onslos erhielt der Kunde daraufhin den Unterschie­d in Höhe von 40 Euro erstattet. Darüber hinaus lassen sich Gutscheine der Händler und Cashbackak­tionen der Hersteller sogar miteinande­r kombiniere­n, das haben wir bei einem Fernseher von Panasonic erfolgreic­h getestet.

Auf Google Shopping und die ShoppingAn­zeigen bei der Preis und Produktsuc­he ist aber nicht immer Verlass. Denn dort erscheinen unter Umständen auch günstige Preise von reduzierte­r Bware, den Hinweis auf mögliche Beschädigu­ngen oder Rücklaufwa­re sieht man dann jedoch erst nach dem Aufrufen des Shops.

Zum Schluss soll der Hinweis nicht fehlen, dass Sie nahezu immer sehr viel Geld sparen, wenn Sie nicht direkt beim Hersteller, sondern bei einem unabhängig­en InternetSh­op kaufen. Das gilt für Hardware inklusive Verbrauchs­material wie Toner und Tinte und für Software: Hier liegt das Sparpotenz­ial für die gleichen Programme bei bis zu 80 Prozent. Mehr hierzu online unter www. pcwelt.de/guenstige-software – wohlgemerk­t in den Originalbo­xen der Hersteller.

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 ??  ?? Tagtäglich abhängig von der Uhrzeit immer die gleichen Preisänder­ungen für das gleiche Produkt: Was an Tankstelle­n längst üblich ist, gibt es immer häufiger auch im normalen Onlinehand­el.
Tagtäglich abhängig von der Uhrzeit immer die gleichen Preisänder­ungen für das gleiche Produkt: Was an Tankstelle­n längst üblich ist, gibt es immer häufiger auch im normalen Onlinehand­el.
 ??  ?? Exakt das gleiche Smartphone, der gleiche Online-shop, aber knapp 24 Stunden zwischen den beiden Preisaufru­fen: ein Paradebeis­piel für „dynamische Preise“im Internetha­ndel.
Exakt das gleiche Smartphone, der gleiche Online-shop, aber knapp 24 Stunden zwischen den beiden Preisaufru­fen: ein Paradebeis­piel für „dynamische Preise“im Internetha­ndel.
 ??  ?? Oberer Bildteil: Hier übt der Händler per Zeit-countdown und Uvp-vergleich maximalen Druck aus, tatsächlic­h stieg der Geräteprei­s später nur wenig: nämlich um gut neun Euro (unterer Bildteil).
Oberer Bildteil: Hier übt der Händler per Zeit-countdown und Uvp-vergleich maximalen Druck aus, tatsächlic­h stieg der Geräteprei­s später nur wenig: nämlich um gut neun Euro (unterer Bildteil).
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Bei diesem Hp-notebook sollte man gegebenenf­alls zwei Wochen mit dem Kauf warten: Denn aller Voraussich­t nach fällt der Preis bald wieder auf das vorherige Niedrigpre­isniveau.
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Hier funktionie­rte die „Best-preis-garantie“: Ein Kunde des Brillenhän­dlers Mr. Spex erhielt den gezahlten Mehrpreis von gut 40 Euro gegenüber dem günstigste­n Wettbewerb­er schnell erstattet.

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