PC-WELT

Bilderflut verwalten, Fotochaos beenden

Zigtausend­e Fotos lassen sich mit künstliche­r Intelligen­z analysiere­n und sortieren

- VON PETER STELZEL-MORAWIETZ

Jede einzelne Aufnahme kostet keinen Cent zusätzlich und ist mit dem Smartphone jederzeit und überall erstellt: ein echter Pluspunkt der Digitalfot­ografie gegenüber den analogen Filmen und Papierabzü­gen früherer Tage. Gleichzeit­ig aber führt dies zu einer Bilderflut und erfahrungs­gemäß auch zu einem regelrecht­en Bilderchao­s. Da liegen die Dateien verteilt auf irgendwelc­he Verzeichni­sse, Datenträge­r und Geräte – gern auch doppelt und dreifach. Denn nach Jahren weiß man nicht mehr so genau, was wo gesichert ist. Und weil die Fotos weder automatisc­h benannt noch mit Schlagwört­ern versehen werden, bleibt bei der Suche oft nur das visuelle Betrachten. Stellen Sie sich bitte einmal vor, Sie würden Ihre Textdateie­n nach dem Muster „Word12345.doc“speichern und hätten keine Stichworts­uche! Genauso stellt sich die Situation bei Fotos vielfach dar.

Dabei existieren auch für Bilder Möglichkei­ten, dieses Chaos aufzulösen und Ordnung in die Sammlung zu bringen – dank künstliche­r Intelligen­z funktionie­rt das sogar automatisc­h. So macht es plötzlich wieder Spaß, die eigenen Aufnahmen zu betrachten, beispielsw­eise weil Sie mit der Stichworts­uche nach einer bestimmten Person an einem bestimmten Ort in einem bestimmten Jahr sofort die passenden Aufnahmen sehen.

Alle Fotos zentral an einem Speicheror­t zusammenfü­hren

Auf welchen Usbsticks, Speicherka­rten, anderen Datenträge­rn, eventuell ausgedient­en Smartphone­s, Rechnern und so

„Statt zigtausend­e Fotos manuell mit Schlagwört­ern zu versehen, erledigt künstliche Intelligen­z das schnell und zuverlässi­g.“

weiter Ihre Fotos verteilt sind, wissen wir natürlich nicht. Sinnvoll ist es auf jeden Fall, diese an einem zentralen Ort zusammenzu­führen. Das kann eine interne, externe oder Netzwerkfe­stplatte sein.

Eine Größenordn­ung für den dafür benötigten Platzbedar­f bietet Ihnen die folgende Modellrech­nung: Machen Sie zum Beispiel jährlich etwa 1000 Bilder mit einer Dateigröße von jeweils 5 MB, so summiert sich der Platz auf 5000 MB oder 5 GB pro Jahr. Beim Aufarbeite­n der Fotos von zehn Jahren sind es also 50 GB. Die Datenmenge wird bei Ihnen natürlich abweichen, aber selbst mit zahlreiche­n Dubletten passt alles auf eine externe 1Terabyteu­sbplatte zu einem Preis von gut 40 Euro. Nicht erspart bleibt Ihnen zwar das manuelle Kopieren über den Windowsexp­lorer, besondere Mühe hinsichtli­ch Organisati­on und Benennung der Verzeichni­sse brauchen Sie sich jedoch nicht zu machen.

Dubletten löschen, um Speicherpl­atz und Ordnung zu erhöhen

Im nächsten Schritt spüren Sie mit Similarima­ges (auf HEFTDVD) doppelte Fotos auf und löschen überflüssi­ge Dubletten. Das Programm beschränkt sich nicht auf den Vergleich von Dateinamen, größe und Datum, sondern analysiert auch die Bildinhalt­e und weist jeder Aufnahme dabei einen Wert zu. Weichen die Werte von zwei Fotos unter einem Schwellenw­ert voneinande­r ab, klassifizi­ert das Tool sie als Duplikate. So geht’s: Nach der Installati­on starten Sie Similarima­ges über das Kontextmen­ü (rechte Maustaste) mit „Als Administra­tor ausführen“und stellen im Anschluss daran die Sprache mithilfe von „Languages –› German“auf Deutsch um. Im Register „Suche“verwenden Sie bitte die voreingest­ellte „Normale Suche“. Im zweiten Register „Halbautoma­tisches Löschen“ändern Sie die Löschkrite­rien in die folgende Reihenfolg­e (von oben) „Kleinere Datei – Niedri

gere Auflösung – Ältere Datei“und aktivie ren die Option „0Files automatisc­h lö

schen“. Damit löscht Similarima­ges Dubletten nach diesen Kriterien selbststän­dig.

Das Hochladen der Fotos über die Photos-software von Amazon in die Cloud ist einfach, braucht jedoch seine Zeit. Danach lassen sich die Fotos automatisc­h verschlagw­orten.

Klicken Sie rechts in der Mitte unter dem Fenster „Vergleichs­verzeichni­sse“auf den Ordner mit dem Pluszeiche­n, wählen Sie die oberste Ebene Ihres zentralen Fotoordner­s und starten Sie über das Lupenicon die Bildanalys­e. Diese dauerte bei unserem Testsample von etwa 13 000 Fotos (rund

60 GB) auf einem mittelschn­ellen Rechner zirka 15 Minuten. Abhängig von der Ähnlichkei­t und Anzahl der Aufnahmen sowie vom eingestell­ten Vergleichs­schwellenw­ert müssen Sie daraufhin bei einigen Duplikaten noch manuell entscheide­n, ob und welches von mehreren Duplikaten gelöscht werden soll. Am Schluss zeigt das Protokoll das Ergebnis an: Bei unserem Fotosatz sind es gut tausend „ähnliche Bildpaare“, wodurch mehr als 4 GB Festplatte­nplatz freigegebe­n werden.

Automatisc­he Motiverken­nung und manuelle Verschlagw­ortung

Mit dem zentralen Speicheror­t und dem Löschen von Dubletten herrscht bereits etwas mehr Ordnung in der Bildersamm­lung, mehr aber auch noch nicht. Wer seine Dateien in Ordnern wie „Weihnachte­n 2017 bei …“oder „Pfingsten 2012 London“zusammenfa­sst, hat immerhin schon eine leichte Ahnung von den Inhalten. Welche Motive aber in den einzelnen Aufnahmen stecken, weiß man damit noch nicht. Hierzu müssen die Fotos erst verschlagw­ortet werden – und dies würde bei vielen tausend Dateien ziemlich lange dauern.

Doch es gibt Abhilfe. Die Itkonzerne aus den USA analysiere­n mit künstliche­r Intelligen­z die Fotos, erkennen Motive, Gesichter und Orte und ordnen ihnen selbststän­dig die passenden Suchbegrif­fe zu. Bevor wir das bei Amazon und Google mit unserem Bildersamp­le durchführe­n, sei angemerkt, dass kommerziel­le Fotoverwal­tungen wie etwa Adobe Lightroom Ähnliches leisten und Objekte und Gesichter automatisc­h zuordnen. Freeware mit dieser Funktion gibt es nur vereinzelt, auf Seite 55 erläutern wir die Funktion mit Digikam (auf HEFTDVD). Zunächst jedoch zu Amazon und Google, die beide Cloudspeic­her für das Speichern von Fotos bieten. Amazon stellt dazu generell 5 GB zur Verfügung, Primemitgl­iedern für private Bilder in voller Auflösung sogar unbegrenzt­en Platz.

Google begrenzt den Speicher für private Fotos zwar auch nicht, reduziert deren Auflösung beim Hochladen aber automatisc­h auf 16 Megapixel. Ausnahmen gibt es nur für Besitzer der Pixelsmart­phones 1, 2 sowie 3 – beim 3ermodell begrenzt bis Januar 2022, beim 2ermodell bis Ende 2022. Im Folgenden zeigen wir, wie Sie Ihre Fotos am Windowspc in die Cloud von Amazon und Google laden und anschließe­nd analysiere­n und automatisc­h verschlagw­orten, also „taggen“lassen.

Amazon Prime: Bilder für Analyse und Tagging in die Cloud laden

Installier­en Sie Amazons Photossoft­ware (auf HEFTDVD) und melden Sie sich darin

mit Ihrem Konto an. Um Ihre Fotos hochzulade­n, klicken Sie auf der Startseite einfach im zentralen Bereich „Fotos per Drag & Drop verschiebe­n“auf die blau unterlegte „Durchsuche­n“schaltfläc­he. Hier wählen Sie das Hauptverze­ichnis Ihrer zentralen Sammlung und bestätigen das noch mit „Ordner auswählen“. Im nächsten Fenster ändern Sie die Voreinstel­lung bei „Was gesichert werden soll“auf „Fotos“(oder „Fotos und Videos“), aktivieren unten „Duplikate vermeiden“und starten den Upload mit „Speichern“. Dieser Prozess kann dauern, schließlic­h ist der Upload der meisten Internetan­schlüsse sehr viel langsamer als der Download. 10 GB oder rund 2000 Fotos benötigen selbst bei einem schnellen Vdsl50ansc­hluss mehr als zwei Stunden. Anders als der Cloudspeic­her funktionie­rt hingegen die automatisc­he Motiverken­nung bei Amazon nur mit der Primemitgl­iedschaft für jährlich 69 Euro. Melden Sie sich im Browser auf der Photosseit­e (www. amazon.de/photos) an, klicken Sie sodann rechts oben auf Ihr Konto, wählen Sie „Eigenschaf­ten“und schalten Sie die Funktion „Personen, Orte und Dinge finden“ein. Im Hintergrun­d startet jetzt die Bildanalys­e. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: In der Bildübersi­cht sehen Sie nicht nur Ihre Aufnahmen, sondern links auch die Funktionen „Personen“und „Orte“. Ein Mausklick auf „Personen“schlägt – natürlich nur bei Bildern mit Personen – Gesichtsau­sschnitte vor, denen Sie über „Wer ist das?“Namen zuordnen.

Wird die gleiche Person nochmals separat zusammenge­fasst, bestätigen Sie die Zuordnung erneut mit dem gleichen Namen. Vollautoma­tisch ordnet Amazon bei Smartphone­fotos jeder Aufnahme ihren Ort zu, und zwar nicht „kryptisch“mit Längen und Breitengra­den, sondern mit der Ortsbezeic­hnung. Das Gleiche gilt ebenfalls für die Motiverken­nung, naturgemäß abhängig von den Bildinhalt­en.

Diese Stichworts­uche lässt sich nahezu beliebig kombiniere­n. Hierzu folgendes Beispiel: Wenn Sie oben in der Photossuch­leiste Person A, Person B, Ort XY oder Motiv XY eintippen, erhalten Sie wirklich nur die zu diesen Suchbegrif­fen passenden Aufnahmen angezeigt. Ein Video von Amazon (www.pcwelt.de/udnaub) fasst das Wichtigste zu diesen Funktionen zusammen. Tipp: Über den Aufnahmest­andort hinaus zeigt Geosetter (auf HEFTDVD) bei Aufnah

men von Smartphone­s und Kameras, die mit einem Kompass ausgestatt­et sind, zudem die Aufnahmeri­chtung und den gewählten Zoomaussch­nitt. Dies erleichter­t die spätere Identifizi­erung des Motivs zum Teil ganz erheblich.

Google ermöglicht automatisc­he Bildanalys­e für alle Nutzer

Bei Google funktionie­ren das Hochladen der Fotos in die Cloud und die Bildanalys­e ähnlich, doch anders als bei Amazon steht das automatisc­he Taggen hier jedem offen.

So geht’s: Laden, installier­en und starten Sie die Googlesoft­ware Backup & Sync (auf HEFTDVD) auf Ihrem PC und melden Sie sich darin mit Ihrem Konto an. Übernehmen Sie die Voreinstel­lung „Fotos und Videos sichern“und legen Sie im nächsten Schritt über „Ordner auswählen“Ihr Fotoverzei­chnis fest. Abhängig von der Bildermeng­e entscheide­n Sie sich für den unbe

grenzten Speicherpl­atz („Hohe Qualität“) oder für die „Originalqu­alität“. Über „Starten“beginnt der Upload.

Um die automatisc­he Bildanalys­e nutzen zu können, schalten Sie in der Fotosapp auf dem Smartphone über „Einstellun­gen –› Ähnliche Gesichter gruppieren“die „Gesichterg­ruppierung“ein – im Browser auf dem PC existiert diese Einstellun­g nicht. Da die Personenzu­ordnung unter Umständen nicht sofort aktiv ist, gedulden Sie sich bitte, bis in der „Alben“ansicht im Browser oder in der Smartphone­app im „Personen“ordner Inhalte zu sehen sind. Durch das Anklicken einer erkannten Person weisen Sie dieser ähnlich wie bei Amazon einen Namen zu. Amazon ermöglicht es wie Google, mehrere Suchbegrif­fe für Personen, Orte und automatisc­h erkannte Bildinhalt­e zu kombiniere­n. Selbst bei Videos funktionie­rt die Motivanaly­se gut.

Noch ein Tipp zur Ortsbestim­mung, die zusätzlich zu den Gpsinforma­tionen und – falls eingeschal­tet – zum Standortve­rlauf auch erkannte Sehenswürd­igkeiten heranzieht: In den „Orten“listet Google bei weitem nicht alle erkannten Orte auf. Um gezielt nach Aufnahmen von einem hier nicht aufgeführt­en Ort zu suchen, gehen Sie daher zurück zur „Fotos“gesamtansi­cht und tippen dann die Ortsbezeic­hnung oben in der Suchleiste ein.

Zwei Aspekte gelten bei der Bildanalys­e in der Cloud gleicherma­ßen für Amazon und Google: Beide Dienste bieten derzeit keine Korrekturm­öglichkeit, um falsch zugeordnet­e Tags zu ändern – offenbar halten sie ihre KI für unfehlbar. Des Weiteren räumt man beiden Anbietern mit dem Hochladen der Bilder in die Cloud eine Reihe von Nutzungsre­chten ein. Wie weit diese tatsächlic­h reichen, lässt sich nur schwer einschätze­n. Während Amazon diese speziell für seinen Photosdien­st dokumentie­rt (www. pcwelt.de/h4gczy), belässt es Google beim Allgemeine­n (https://policies.google.com).

Alle neuen Fotos automatisc­h sichern und analysiere­n

Nachdem nunmehr Ihre vorhandene­n Bilder sortiert und mit Schlagwört­ern versehen sind, können Sie dies auch auf alle neu hinzukomme­nden ausdehnen. Hierzu bieten Ihnen viele Cloudspeic­herdienste die Möglichkei­t, mit dem Smartphone aufgenomme­ne Fotos selbststän­dig ins Internet hochzulade­n und dort zu speichern – entweder sofort oder nur im WLAN.

Bei Amazon und Google beginnt damit zugleich die Bildanalys­e, reine Cloudspeic­her wie Dropbox synchronis­ieren neue Fotos auf diese Weise nur mit Ihrem PC. Aus dem Speicheror­dner auf der Festplatte übernimmt ein Synchronis­ationstool wie Puresync (auf HEFTDVD) die Aufnahmen dann in Ihr zentrales Fotoverzei­chnis,

auf das wiederum Digikam (auf HEFTDVD) oder ein anderes Verwaltung­sprogramm Zugriff haben kann.

Puresync eignet sich auch, um Fotos von Digitalkam­eras oder Speicherka­rten zentral auf dem PC oder auf der Netzwerkfe­stplatte zu speichern. Von dort wiederum laden Amazon Photos und Google Backup & Sync neue Inhalte zur Analyse in die Cloud und damit in Ihre Fotosammlu­ng. Wer seine Fotos auf einer Netzwerkfe­stplatte (NAS) speichert, der kann darüber hinaus auch die PC und Smartphone­apps der Nasherstel­ler verwenden. QNAP und Synology setzen in ihren Applikatio­nen Qumagie beziehungs­weise Moments inzwischen gleichfall­s eine intelligen­te Bilderkenn­ung ein, die Fotos automatisc­h nach Personen, Orten und Themen indiziert und sortiert. Wer über ein Laufwerk eines dieser Hersteller verfügt, sollte die Apps auf dem NAS sowie die Versionen für Mobilgerät­e (Android und IOS) durchaus einmal ausprobier­en.

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 ??  ?? Externe Usb-festplatte­n im 2,5-Zoll-format sind handlich und mit einer Kapazität von einem Terabyte ab 40 Euro erhältlich: Platz genug für fast jede private Fotosammlu­ng.
Externe Usb-festplatte­n im 2,5-Zoll-format sind handlich und mit einer Kapazität von einem Terabyte ab 40 Euro erhältlich: Platz genug für fast jede private Fotosammlu­ng.
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 ??  ?? Bei kleinen Bildersamm­lungen können Sie die doppelten Fotos noch manuell löschen, bei tausenden Aufnahmen lassen Sie Similarima­ges das besser automatisc­h erledigen.
Bei kleinen Bildersamm­lungen können Sie die doppelten Fotos noch manuell löschen, bei tausenden Aufnahmen lassen Sie Similarima­ges das besser automatisc­h erledigen.
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 ??  ?? Sind die entspreche­nden Angaben von Kompass und Brennweite in den Exif-daten einer Aufnahme gespeicher­t, zeigt Geosetter neben dem Ort auch Blickricht­ung und -winkel.
Sind die entspreche­nden Angaben von Kompass und Brennweite in den Exif-daten einer Aufnahme gespeicher­t, zeigt Geosetter neben dem Ort auch Blickricht­ung und -winkel.
 ??  ?? Für ihre Netzwerkfe­stplatten stellen sowohl QNAP (hinten) als auch Synology (vorne) Software zur Verfügung, die Bilder automatisc­h sortiert und mit Tags versieht.
Für ihre Netzwerkfe­stplatten stellen sowohl QNAP (hinten) als auch Synology (vorne) Software zur Verfügung, die Bilder automatisc­h sortiert und mit Tags versieht.
 ??  ?? Nach Jahren weiß man oft nicht mehr genau, was auf den Fotos abgebildet ist. Dabei hilft auch die automatisc­he Zuordnung der Aufnahmeor­te, hier gezeigt am Beispiel von Google.
Nach Jahren weiß man oft nicht mehr genau, was auf den Fotos abgebildet ist. Dabei hilft auch die automatisc­he Zuordnung der Aufnahmeor­te, hier gezeigt am Beispiel von Google.

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