Bilderflut verwalten, Fotochaos beenden
Zigtausende Fotos lassen sich mit künstlicher Intelligenz analysieren und sortieren
Jede einzelne Aufnahme kostet keinen Cent zusätzlich und ist mit dem Smartphone jederzeit und überall erstellt: ein echter Pluspunkt der Digitalfotografie gegenüber den analogen Filmen und Papierabzügen früherer Tage. Gleichzeitig aber führt dies zu einer Bilderflut und erfahrungsgemäß auch zu einem regelrechten Bilderchaos. Da liegen die Dateien verteilt auf irgendwelche Verzeichnisse, Datenträger und Geräte – gern auch doppelt und dreifach. Denn nach Jahren weiß man nicht mehr so genau, was wo gesichert ist. Und weil die Fotos weder automatisch benannt noch mit Schlagwörtern versehen werden, bleibt bei der Suche oft nur das visuelle Betrachten. Stellen Sie sich bitte einmal vor, Sie würden Ihre Textdateien nach dem Muster „Word12345.doc“speichern und hätten keine Stichwortsuche! Genauso stellt sich die Situation bei Fotos vielfach dar.
Dabei existieren auch für Bilder Möglichkeiten, dieses Chaos aufzulösen und Ordnung in die Sammlung zu bringen – dank künstlicher Intelligenz funktioniert das sogar automatisch. So macht es plötzlich wieder Spaß, die eigenen Aufnahmen zu betrachten, beispielsweise weil Sie mit der Stichwortsuche nach einer bestimmten Person an einem bestimmten Ort in einem bestimmten Jahr sofort die passenden Aufnahmen sehen.
Alle Fotos zentral an einem Speicherort zusammenführen
Auf welchen Usbsticks, Speicherkarten, anderen Datenträgern, eventuell ausgedienten Smartphones, Rechnern und so
„Statt zigtausende Fotos manuell mit Schlagwörtern zu versehen, erledigt künstliche Intelligenz das schnell und zuverlässig.“
weiter Ihre Fotos verteilt sind, wissen wir natürlich nicht. Sinnvoll ist es auf jeden Fall, diese an einem zentralen Ort zusammenzuführen. Das kann eine interne, externe oder Netzwerkfestplatte sein.
Eine Größenordnung für den dafür benötigten Platzbedarf bietet Ihnen die folgende Modellrechnung: Machen Sie zum Beispiel jährlich etwa 1000 Bilder mit einer Dateigröße von jeweils 5 MB, so summiert sich der Platz auf 5000 MB oder 5 GB pro Jahr. Beim Aufarbeiten der Fotos von zehn Jahren sind es also 50 GB. Die Datenmenge wird bei Ihnen natürlich abweichen, aber selbst mit zahlreichen Dubletten passt alles auf eine externe 1Terabyteusbplatte zu einem Preis von gut 40 Euro. Nicht erspart bleibt Ihnen zwar das manuelle Kopieren über den Windowsexplorer, besondere Mühe hinsichtlich Organisation und Benennung der Verzeichnisse brauchen Sie sich jedoch nicht zu machen.
Dubletten löschen, um Speicherplatz und Ordnung zu erhöhen
Im nächsten Schritt spüren Sie mit Similarimages (auf HEFTDVD) doppelte Fotos auf und löschen überflüssige Dubletten. Das Programm beschränkt sich nicht auf den Vergleich von Dateinamen, größe und Datum, sondern analysiert auch die Bildinhalte und weist jeder Aufnahme dabei einen Wert zu. Weichen die Werte von zwei Fotos unter einem Schwellenwert voneinander ab, klassifiziert das Tool sie als Duplikate. So geht’s: Nach der Installation starten Sie Similarimages über das Kontextmenü (rechte Maustaste) mit „Als Administrator ausführen“und stellen im Anschluss daran die Sprache mithilfe von „Languages –› German“auf Deutsch um. Im Register „Suche“verwenden Sie bitte die voreingestellte „Normale Suche“. Im zweiten Register „Halbautomatisches Löschen“ändern Sie die Löschkriterien in die folgende Reihenfolge (von oben) „Kleinere Datei – Niedri
gere Auflösung – Ältere Datei“und aktivie ren die Option „0Files automatisch lö
schen“. Damit löscht Similarimages Dubletten nach diesen Kriterien selbstständig.
Das Hochladen der Fotos über die Photos-software von Amazon in die Cloud ist einfach, braucht jedoch seine Zeit. Danach lassen sich die Fotos automatisch verschlagworten.
Klicken Sie rechts in der Mitte unter dem Fenster „Vergleichsverzeichnisse“auf den Ordner mit dem Pluszeichen, wählen Sie die oberste Ebene Ihres zentralen Fotoordners und starten Sie über das Lupenicon die Bildanalyse. Diese dauerte bei unserem Testsample von etwa 13 000 Fotos (rund
60 GB) auf einem mittelschnellen Rechner zirka 15 Minuten. Abhängig von der Ähnlichkeit und Anzahl der Aufnahmen sowie vom eingestellten Vergleichsschwellenwert müssen Sie daraufhin bei einigen Duplikaten noch manuell entscheiden, ob und welches von mehreren Duplikaten gelöscht werden soll. Am Schluss zeigt das Protokoll das Ergebnis an: Bei unserem Fotosatz sind es gut tausend „ähnliche Bildpaare“, wodurch mehr als 4 GB Festplattenplatz freigegeben werden.
Automatische Motiverkennung und manuelle Verschlagwortung
Mit dem zentralen Speicherort und dem Löschen von Dubletten herrscht bereits etwas mehr Ordnung in der Bildersammlung, mehr aber auch noch nicht. Wer seine Dateien in Ordnern wie „Weihnachten 2017 bei …“oder „Pfingsten 2012 London“zusammenfasst, hat immerhin schon eine leichte Ahnung von den Inhalten. Welche Motive aber in den einzelnen Aufnahmen stecken, weiß man damit noch nicht. Hierzu müssen die Fotos erst verschlagwortet werden – und dies würde bei vielen tausend Dateien ziemlich lange dauern.
Doch es gibt Abhilfe. Die Itkonzerne aus den USA analysieren mit künstlicher Intelligenz die Fotos, erkennen Motive, Gesichter und Orte und ordnen ihnen selbstständig die passenden Suchbegriffe zu. Bevor wir das bei Amazon und Google mit unserem Bildersample durchführen, sei angemerkt, dass kommerzielle Fotoverwaltungen wie etwa Adobe Lightroom Ähnliches leisten und Objekte und Gesichter automatisch zuordnen. Freeware mit dieser Funktion gibt es nur vereinzelt, auf Seite 55 erläutern wir die Funktion mit Digikam (auf HEFTDVD). Zunächst jedoch zu Amazon und Google, die beide Cloudspeicher für das Speichern von Fotos bieten. Amazon stellt dazu generell 5 GB zur Verfügung, Primemitgliedern für private Bilder in voller Auflösung sogar unbegrenzten Platz.
Google begrenzt den Speicher für private Fotos zwar auch nicht, reduziert deren Auflösung beim Hochladen aber automatisch auf 16 Megapixel. Ausnahmen gibt es nur für Besitzer der Pixelsmartphones 1, 2 sowie 3 – beim 3ermodell begrenzt bis Januar 2022, beim 2ermodell bis Ende 2022. Im Folgenden zeigen wir, wie Sie Ihre Fotos am Windowspc in die Cloud von Amazon und Google laden und anschließend analysieren und automatisch verschlagworten, also „taggen“lassen.
Amazon Prime: Bilder für Analyse und Tagging in die Cloud laden
Installieren Sie Amazons Photossoftware (auf HEFTDVD) und melden Sie sich darin
mit Ihrem Konto an. Um Ihre Fotos hochzuladen, klicken Sie auf der Startseite einfach im zentralen Bereich „Fotos per Drag & Drop verschieben“auf die blau unterlegte „Durchsuchen“schaltfläche. Hier wählen Sie das Hauptverzeichnis Ihrer zentralen Sammlung und bestätigen das noch mit „Ordner auswählen“. Im nächsten Fenster ändern Sie die Voreinstellung bei „Was gesichert werden soll“auf „Fotos“(oder „Fotos und Videos“), aktivieren unten „Duplikate vermeiden“und starten den Upload mit „Speichern“. Dieser Prozess kann dauern, schließlich ist der Upload der meisten Internetanschlüsse sehr viel langsamer als der Download. 10 GB oder rund 2000 Fotos benötigen selbst bei einem schnellen Vdsl50anschluss mehr als zwei Stunden. Anders als der Cloudspeicher funktioniert hingegen die automatische Motiverkennung bei Amazon nur mit der Primemitgliedschaft für jährlich 69 Euro. Melden Sie sich im Browser auf der Photosseite (www. amazon.de/photos) an, klicken Sie sodann rechts oben auf Ihr Konto, wählen Sie „Eigenschaften“und schalten Sie die Funktion „Personen, Orte und Dinge finden“ein. Im Hintergrund startet jetzt die Bildanalyse. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: In der Bildübersicht sehen Sie nicht nur Ihre Aufnahmen, sondern links auch die Funktionen „Personen“und „Orte“. Ein Mausklick auf „Personen“schlägt – natürlich nur bei Bildern mit Personen – Gesichtsausschnitte vor, denen Sie über „Wer ist das?“Namen zuordnen.
Wird die gleiche Person nochmals separat zusammengefasst, bestätigen Sie die Zuordnung erneut mit dem gleichen Namen. Vollautomatisch ordnet Amazon bei Smartphonefotos jeder Aufnahme ihren Ort zu, und zwar nicht „kryptisch“mit Längen und Breitengraden, sondern mit der Ortsbezeichnung. Das Gleiche gilt ebenfalls für die Motiverkennung, naturgemäß abhängig von den Bildinhalten.
Diese Stichwortsuche lässt sich nahezu beliebig kombinieren. Hierzu folgendes Beispiel: Wenn Sie oben in der Photossuchleiste Person A, Person B, Ort XY oder Motiv XY eintippen, erhalten Sie wirklich nur die zu diesen Suchbegriffen passenden Aufnahmen angezeigt. Ein Video von Amazon (www.pcwelt.de/udnaub) fasst das Wichtigste zu diesen Funktionen zusammen. Tipp: Über den Aufnahmestandort hinaus zeigt Geosetter (auf HEFTDVD) bei Aufnah
men von Smartphones und Kameras, die mit einem Kompass ausgestattet sind, zudem die Aufnahmerichtung und den gewählten Zoomausschnitt. Dies erleichtert die spätere Identifizierung des Motivs zum Teil ganz erheblich.
Google ermöglicht automatische Bildanalyse für alle Nutzer
Bei Google funktionieren das Hochladen der Fotos in die Cloud und die Bildanalyse ähnlich, doch anders als bei Amazon steht das automatische Taggen hier jedem offen.
So geht’s: Laden, installieren und starten Sie die Googlesoftware Backup & Sync (auf HEFTDVD) auf Ihrem PC und melden Sie sich darin mit Ihrem Konto an. Übernehmen Sie die Voreinstellung „Fotos und Videos sichern“und legen Sie im nächsten Schritt über „Ordner auswählen“Ihr Fotoverzeichnis fest. Abhängig von der Bildermenge entscheiden Sie sich für den unbe
grenzten Speicherplatz („Hohe Qualität“) oder für die „Originalqualität“. Über „Starten“beginnt der Upload.
Um die automatische Bildanalyse nutzen zu können, schalten Sie in der Fotosapp auf dem Smartphone über „Einstellungen –› Ähnliche Gesichter gruppieren“die „Gesichtergruppierung“ein – im Browser auf dem PC existiert diese Einstellung nicht. Da die Personenzuordnung unter Umständen nicht sofort aktiv ist, gedulden Sie sich bitte, bis in der „Alben“ansicht im Browser oder in der Smartphoneapp im „Personen“ordner Inhalte zu sehen sind. Durch das Anklicken einer erkannten Person weisen Sie dieser ähnlich wie bei Amazon einen Namen zu. Amazon ermöglicht es wie Google, mehrere Suchbegriffe für Personen, Orte und automatisch erkannte Bildinhalte zu kombinieren. Selbst bei Videos funktioniert die Motivanalyse gut.
Noch ein Tipp zur Ortsbestimmung, die zusätzlich zu den Gpsinformationen und – falls eingeschaltet – zum Standortverlauf auch erkannte Sehenswürdigkeiten heranzieht: In den „Orten“listet Google bei weitem nicht alle erkannten Orte auf. Um gezielt nach Aufnahmen von einem hier nicht aufgeführten Ort zu suchen, gehen Sie daher zurück zur „Fotos“gesamtansicht und tippen dann die Ortsbezeichnung oben in der Suchleiste ein.
Zwei Aspekte gelten bei der Bildanalyse in der Cloud gleichermaßen für Amazon und Google: Beide Dienste bieten derzeit keine Korrekturmöglichkeit, um falsch zugeordnete Tags zu ändern – offenbar halten sie ihre KI für unfehlbar. Des Weiteren räumt man beiden Anbietern mit dem Hochladen der Bilder in die Cloud eine Reihe von Nutzungsrechten ein. Wie weit diese tatsächlich reichen, lässt sich nur schwer einschätzen. Während Amazon diese speziell für seinen Photosdienst dokumentiert (www. pcwelt.de/h4gczy), belässt es Google beim Allgemeinen (https://policies.google.com).
Alle neuen Fotos automatisch sichern und analysieren
Nachdem nunmehr Ihre vorhandenen Bilder sortiert und mit Schlagwörtern versehen sind, können Sie dies auch auf alle neu hinzukommenden ausdehnen. Hierzu bieten Ihnen viele Cloudspeicherdienste die Möglichkeit, mit dem Smartphone aufgenommene Fotos selbstständig ins Internet hochzuladen und dort zu speichern – entweder sofort oder nur im WLAN.
Bei Amazon und Google beginnt damit zugleich die Bildanalyse, reine Cloudspeicher wie Dropbox synchronisieren neue Fotos auf diese Weise nur mit Ihrem PC. Aus dem Speicherordner auf der Festplatte übernimmt ein Synchronisationstool wie Puresync (auf HEFTDVD) die Aufnahmen dann in Ihr zentrales Fotoverzeichnis,
auf das wiederum Digikam (auf HEFTDVD) oder ein anderes Verwaltungsprogramm Zugriff haben kann.
Puresync eignet sich auch, um Fotos von Digitalkameras oder Speicherkarten zentral auf dem PC oder auf der Netzwerkfestplatte zu speichern. Von dort wiederum laden Amazon Photos und Google Backup & Sync neue Inhalte zur Analyse in die Cloud und damit in Ihre Fotosammlung. Wer seine Fotos auf einer Netzwerkfestplatte (NAS) speichert, der kann darüber hinaus auch die PC und Smartphoneapps der Nashersteller verwenden. QNAP und Synology setzen in ihren Applikationen Qumagie beziehungsweise Moments inzwischen gleichfalls eine intelligente Bilderkennung ein, die Fotos automatisch nach Personen, Orten und Themen indiziert und sortiert. Wer über ein Laufwerk eines dieser Hersteller verfügt, sollte die Apps auf dem NAS sowie die Versionen für Mobilgeräte (Android und IOS) durchaus einmal ausprobieren.