Archäologen entdecken Konstrukt aus den Anfangszeiten der Stadt Prenzlau
Bei Bauarbeiten im Prenzlauer Stadtzentrum wurde eine Entdeckung gemacht. Der archäologische Fund bringt unbekannte Erkenntnisse und wirft zugleich wieder neue Fragen auf.
PRENZLAU – Bei den aktuell stattfindenden Bauarbeiten an der Prenzlauer Steinstraße stieß das ArchäologieTeam um Dr. Manfred Roeder auf ein besonderes Zeugnis der Vergangenheit. Zunächst war noch unklar, welchem Zweck die entdeckte Holzkonstruktion gedient haben mag. Die nötigen Zusammenhänge und damit die Erklärung lieferte Dr. Matthias Schulz von der Unteren Denkmalschutzbehörde, berichtete Alexandra Martinot, Pressesprecherin der Stadt Prenzlau.
Das zwischen dreieinhalb und vier Meter lange Holzkonstrukt mit einer Breite zwischen 60 und 70 Zentimetern war V-förmig in den Boden gerammt. Die Holzbohlen waren oben mittels Hölzern, für die spezielle Kerben in die Bohlen eingearbeitet wurden, verbunden. Auf dem Querholz lagen wiederum Bohlen.
„Anfangs wussten wir tatsächlich nicht, worum es sich handelt“, sagt Dr. Manfred Roeder. „Bislang hatten wir hier in der Straße einige größere Längsbalken, vermutlich Unterbauten von Häusern, sowie Querhölzer, die der Wegbefestigung von Holzknüppeldämmen dienten, gefunden. Ebenso Lehm mit Holzresten, früher der Stabilisierung des Bodens dienend.“
Anhand der ebenfalls entdeckten Spuren eines Wassergrabens, der bei weiteren Untersuchungen entdeckt wurde, ist sich der Denkmalschützer sicher, dass es sich um eine kleine Brücke über einen Graben gehandelt hat.
„Noch sind nur Proben genommen und die Hölzer nicht untersucht. Aber wir rechnen damit, dass sie aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts stammen. Also aus der ersten Bauphase der Stadt“, so Roeder. Dass man darüber liegend nicht noch weitere Zeugnisse früherer Bebauung gefunden hat, erklärt sich Dr. Matthias Schulz damit, dass im 18. Jahrhundert der Zustand der Straßen in der Stadt als so katastrophal befunden wurde, dass man sie aufriss, grundhaft neu befestigte und so für Ordnung sorgte.
Historisch durchaus interessant und bis vor Kurzem noch immer in Betrieb, war die Trinkwasserleitung, die quasi oberhalb der einstigen Brücke verlief. „Die Leitung war von 1883 und wurde bis zum Einbau der neuen Leitung jetzt noch genutzt“, weiß Dr. Manfred Roeder. Der erste Prenzlauer Museumsleiter nach 1945 und bekannte Heimatforscher Alfred Hinrichs fand dazu in alten Unterlagen, dass man beim Verlegen der Wasserleitung „in 1,5 m Tiefe unter aufgeschüttetem Boden viele Eichenbalken“fand.
Im Zuge der Straßenbaumaßnahme, die mit der Erneuerung und Erweiterung des Fernwärmenetzes einhergeht, werden nun auch die Leitungen neu verlegt. Als spektakulär bezeichnet Denkmalpfleger Dr. Matthias Schulz den aktuellen Fund nicht. Insgesamt bietet die Baustelle einen interessanten Blick in die frühe Prenzlauer Stadtplanung. Dieser Teil der Stadt war zuvor nicht bebaut und musste gründlich für den Bau der ersten Häuser und der Steinstraße vorbereitet werden.
Auf der gesamten Fläche wurde der Oberboden abgetragen, das Gelände begradigt und mittels kleinen Steinen und Holz befestigt. Auf diesem Untergrund ruhten ab den 1240er Jahren die ersten Häuser und die Straße – pommersche Stadtplanung, die unter brandenburgischer Herrschaft ab 1250 weitergeführt wurde.
Interessant wird aus der Sicht von Dr. Schulz der Bereich vor der Kreuzung zum Marktberg. Hier erhofft er sich Aufschluss darüber, wie die mittelalterliche Straße im Bereich des Marktes ankam. „Wir wissen, dass es in der späten Bronze bis frühen Eisenzeit hier einen Friedhof gab, also vor ca. 3.000 Jahren, von dem jedoch nicht klar ist, wie weit er in die heutige Steinstraße hereingezogen war.“Ebenso gespannt ist er auf den südlichen Teil der Straße bis zum Steintorturm.
Der einstige Graben, der jetzt entdeckt wurde, war zuvor nicht bekannt, wohingegen man von einem mittelalterlichen Straßengraben, gegenüber dem heutigen Gebäude von Woolworth, bereits wusste.
Spannend, so Schulz, könnten auch noch mögliche Funde sein, die darüber Aufschluss geben, wie exakt einst die Häuser standen und wie tief ins Grundstück sie in der ersten Bebauungsphase reichten. „Es ist wie immer bei archäologischen Funden: Wir sammeln Erkenntnisse und zugleich tun sich mit jedem Fund auch wieder neue Fragen auf.“