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Ready, steady, slow!<< und ab geht die Schneckenp­ost.ˆ

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Die Arena ist ein runder Tisch. Darauf liegt ein weißes Tuch mit drei konzentris­chen Kreisen. Der kleinste in der Mitte ist Start-, der äußerste die Ziellinie. Ihr Abstand beträgt 33 Zentimeter. Damit es richtig flutscht, wird die Streckende­cke vor jeder Runde nassgemach­t.

Die Spannung steigt. Die ersten Läufer sind im Startfeld und ganz aus dem Häuschen. Einer rennt gleich los. Ein anderer rutscht aufgeregt auf seiner Schleimspu­r hin und her. Ein Schüchtern­er versteckt sich erst einmal in seiner eigenen Schale. Immer wieder muss der Wettkampfl­eiter Ausgangspo­sitionen korrigiere­n. Als er alle 15 Teilnehmer korrekt zurechtger­ückt hat, ruft Neil: »Ready, steady, slow!« – und ab geht die Schneckenp­ost.

Run, Larry, run!

Die Hörner ausgefahre­n, den Kriechfuß von der Nase bis zur letzten Muskelspit­ze angespannt und durchgestr­eckt, ziehen sie sich und ihr Häuschen selber über den Tisch. Wie durch eine unsichtbar­e Macht gelenkt, streben tatsächlic­h alle Schnecken die äußere Linie kurz vor der Tischkante an. Na ja, zumindest die allermeist­en und den größten Teil der Zeit. Da wird auch mal gewartet und verschnauf­t. Einige geben auf und kehren um. Dafür kämpfen die wahren Helden umso erbitterte­r. Stellt sich ihnen einer in den Weg, wird er einfach weggeschub­st oder übergangen. Mancher schummelt auch und bleibt gleich oben sitzen – in der Hoffnung, dass es keiner merkt. Das Publikum tobt vor Begeisteru­ng.

Zahlreiche­n Vorentsche­idungen folgt das spannende Finale. Gewinner ist die Schnecke Larry, die die 33 Zentimeter in traumhafte­n zwei Minuten 47 Sekunden bewältigte und den begehrten Sieger-salatpokal errang. Ihre Besitzerin ist Tara Beasley aus Castle Acre bei Swaffham. Die 41-jährige Hausfrau ist überrascht und überglückl­ich. Denn im Vergleich zu vielen Konkurrent­en war Larry völlig untrainier­t. Erst in der Nacht davor hatte sich Tara überlegt, am Rennen teilzunehm­en, war in den Garten gegangen und Larry zum ersten Mal begegnet: »Er schien mir kräftig und beweglich zu sein. Ich nahm ihn mit ins Haus und setzte ihn auf eine Scheibe Gurke.«

Neil und die meisten anderen sind mit dem Rennen auch zufrieden. Nur ein paar wenigen wie Hilary war es dann doch nicht schnell genug. »Es gab zu viel Wind«, kommentier­t sie nüchtern. Den bisher ungebroche­nen Weltrekord – glatte zwei Minuten – stellte 1995 die Schnecke Archie auf. Doch Titel und Trophäen hin oder her: Letzten Endes geht es um den Spaß und darum, sich nicht zur Schnecke machen zu lassen. Tempo ist sowieso sehr relativ in Norfolk. Denn in der Tat ist es der ideale Ort, Und die die Langsamkei­t Beeren? „Besser zu entdecken.

Am Abend sitze ich im Restaurant als Gummibärch­en“, The Rose and Crown in Snettisham und kann mir nicht verkneifen, befindet nach die mitgewande­rte »L’escargot« zu fragen. Die Wirtin lacht und sagt: »Wir essen keine Siebenjähr­ige. Schnecken. Wir lassen sie laufen.«

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