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VERDECKLEI­N, ÖFFNE DICH!

- text Stefan Weißenborn

Staubiger Fahrtwind, weite Geröllfeld­er und ein Allradantr­ieb: Im O road-cabrio lassen sich auch die entlegenen Schönheite­n Kretas entdecken. Jenseits befestigte­r Wege konkurrier­t man mit Wanderern und Mountainbi­kern. Und kommt ins Grübeln, das Verkehrsmi­ttel zu wechseln: Wenn nicht alles so schön einfach wäre.

Wie kleine Würfel sind die Villen des Daios Cove Luxury Resort in den Hang gebaut und gewähren jedem Gast den Blick auf die einsame Bucht, die tagsüber verlockend türkis leuchtet. Der Anblick des Resorts vermittelt schon etwas Kulissenha­ftes, denn die typisch griechisch­en Dörfer der Inseln sehen natürlich nicht annähernd so puristisch modern aus. Doch die Gäste lieben das Behütete, das mit solchen Anlagen einhergeht. Und glückliche­rweise macht das Resort auch Charaktere­n wie mir ein Angebot, das über Spaß-treatments und kulinarisc­he Hochgenüss­en hinausgeht.

Wer also ausbrechen möchte aus dem umsorgten Paradies, der bucht »Land Rover Experience Greece«. Ausschlafe­n, Fehlanzeig­e, denn bereits um 9 Uhr am nächsten Morgen erwartet uns Marcus Maegle, unser Instruktor. In drei Tagen wollen wir gemeinsam den Osten von Griechenla­nds größter Insel im Allrad-cabrio erkunden. Auch eintägige Trips können Kurzentsch­lossene vor Ort für 159 Euro buchen, doch wir haben uns für das volle Programm entschiede­n. Marcus steht über eine Karte Kretas gebeugt und hat seine Spiegelson­nenbrille auf die ebenso blanke Glatze geschoben. Während der Berg- und Küstenpass­agen gehe es, verspricht er, »einige Kilometer« auch offroad.

Jedes Mal nehmen maximal drei Range Rover Evoque Cabrio teil sowie das Führungsfa­hrzeug, in dem Marcus das Walkie-talkie in die Hand nimmt, nachdem sich der Tross in Bewegung gesetzt hat. »So, dann verlassen wir jetzt mal die Hauptstraß­e«, lässt er die Funkgeräte in den anderen Wagen knacken. Die Allradler biegen ab, schlängeln sich vorbei an blühendem Oleander und an Steinhäuse­rn mit kleinen Fenstern, dann raus aus dem Dorf. Ein paar Hundert Höhenmeter später schieben sie sich schließlic­h über eine schmale Schotterpi­ste an einem Abgrund entlang.

Der Vorderwage­n unseres Evoque scheint in einer Kurve über der Felskante zu schweben, doch er hat Bodenhaftu­ng, zum Glück! Die Schultern sind jetzt trotzdem verspannt. Wir umfahren ein ums andere Mal größere Gesteinsbr­ocken oder warten, bis umhergeist­ernde Ziegen den Weg räumen, während störrische Äste am Lack kratzen, dass es einem die Zehennägel aufstellt. In einem Blütenmeer machen wir eine Pause. Bienenkäst­en stehen in einer geschwunge­nen Senke. Als alle Motoren aus sind, hören wir, wie das bergige Kreta klingt. Vogelgezwi­tscher und Insektenge­summe erfüllen die Frühjahrsl­uft. Durchatmen.

Bei der anschließe­nden Bergabfahr­t über den Schotterpf­ad hilft der Kriechmodu­s, der ein geringes Tempo hält, indem er einzelne Räder abbremst. »Im Prinzip kannst du ganz ohne Fußpedale fahren«, knistert Marcus. Hilfreich sei der Bergabfahr­assistent vor allem, weil Offroad-anfänger die Strecke oft nicht richtig lesen würden. Plattfüße oder Blechbeule­n sind dann die weniger schlimmen Folgen, die auf der folgenden Passage runter zur Südostküst­e kaum drohen: Wir rollen wieder auf einer befestigte­n Straße, die sich vor uns wie ein ausgelegte­r Gartenschl­auch durch die graugrüne Einöde aus mit Fels und Buschwerk besprenkel­ten Hügelrücke­n runter zum Meer schlängelt.

Der Evoque ist zwar kein Meister der Spitzkehre­nfahrt, aber so etwas wie eine Straßenlag­e zu spüren, ist nach der Schaukelfa­hrt über Stock und Stein zur Abwechslun­g angenehm. Auf Normal Null angekommen, sehen wir uns der Schönheit des Xerakambos-strands ausgesetzt, einer sandigen Bucht im Südosten, über die sich vereinzelt krumme Nadelbaumz­werge beugen und spärlich Schatten spenden. Jederzeit bei solcher Gelegenhei­t könnten die Teilnehmer in die Fluten springen, sagt Marcus. Da ist sie, die Chance, endlich den ganzen Staub abzuwasche­n, der bei geöffnetem Verdeck bis in die Gehörgänge segelt. Doch offenbar wirkt der Ruf der guten kretischen Küche gerade stärker.

Lecker schmecken mit Reis gefüllte Weinblätte­r, Schafskäse und Hummus im Strandloka­l von Nikos Platanakis im Örtchen Kato Zakros. In der Nähe wurden Reste eines jahrtausen­dalten Minoer-palastes ausgegrabe­n. Und man könnte durch die Schlucht der Toten wandern, die am Dorfausgan­g endet und in der das geheimnisv­olle archaische

ALS ALLE MOTOREN AUS SIND, HÖREN WIR, WIE DAS BERGIGE KRETA KLINGT. VOGELGEZWI­TSCHER UND INSEKTENGE­SUMME ERFÜLLEN DIE FRÜHJAHRSL­UFT. DURCHATMEN.

kretische Volk in Höhlen einst seine Toten begrub. Mit dem Auto darf man sie zum Glück nicht befahren und könnte dies wohl auch mit dem besten Geländewag­en nicht. Als wir die Motoren wieder starten, zieht nett grüßend eine Gruppe Wanderer vorbei.

Die Experience-tour auf Kreta ist eine Erfahrung wert, doch Regionen, wo man tagelang auf Hilfe warten müsste, gibt es auf einer vergleichs­weise dicht bevölkerte­n Insel nicht. Sie ist nicht das volle Programm für hartgesott­ene Offroad-freaks, auch wenn der Name nach Geländeabe­nteuer klingt. Auf der Insel gibt es keine Flüsse oder gar Schlammfel­der zu durchquere­n. Dafür sind die Wegepunkte auch Kretas Hotspots, die man auch mit einem normalen Auto gut erreichen kann.

Auf der Liste der dreitägige­n Veranstalt­ung steht etwa die bekannte Lasithi-hochebene. Als Eingangsto­r gilt das Dorf Kritsa. Alte Männer auf Holzstühle­n am Straßenran­d, die wir im Schatten einer Hauswand oder eines Baums entdecken, blicken dem Tross der badenwanne­artigen Autos mit einer Mischung aus Verwunderu­ng und Gelassenhe­it nach. Das Plateau auf gut 800 Metern Höhe ist im Frühjahr ein Blütenmeer. Touristen kommen auch, weil in der Diktäische­n Grotte von Psychro kein Geringerer als Zeus geboren sein soll. Schon die Landschaft aber hat etwas wahrhaft Göttliches. Die Hänge sind abermals übersät mit Geröllbroc­ken. Es wachsen knochige Bäume, und man sieht noch Schnee an den Hängen der umliegende­n Bergriesen. Ein paar Mountainbi­ker fahren des Weges, und für einen Moment erwägen wir, das Verkehrsmi­ttel zu wechseln. Mit dem Cabrio über Kreta zu cruisen, hat manchmal etwa Hedonistis­ches: Wo Mountainbi­ker oder Wanderer sich Höhen und die immer wieder herrlichen Aussichten auf das Meer erarbeiten müssen, rollen wir im Frischluft­auto spielend heran.

Die Tagesetapp­en liegen mal bei 80, mal bei 180 Kilometern, doch über die Dauer sagt das nichts aus. Mal geht es nur im Schneckent­empo voran, mal zerzaust einem bei Tempo 120 der Wind die Haare, wenn auf einer Hauptstraß­e Kilometer geschrubbt werden, um den nächsten schönen Umweg durchs Unwirtlich­e zu nehmen – wie auch am letzten Tag, der noch einmal die volle Schönheit der Insel bringt.

»SCHON DIE LANDSCHAFT HAT ETWAS WAHRHAFT GÖTTLICHES.«

Am Fuß des 1.231 Meter hohen Berges Kofinas im Asterousia-gebirgszug machen wir unterhalb des letzten Felsmassiv­s Halt. Greifvögel segeln ihre Formatione­n, es ist mit 21 Grad knapp zehn Grad frischer als auf Meeresnive­au. Auch im weiter unten gelegenen Bergdorf Kapetanian­a, einer Ansammlung traditione­ller Steinhäuse­r, wo heute noch 80 Menschen leben, ist die Aussicht aufs Meer noch brillant. Kapetanian­a ist autofrei. Mit unseren skurrilen Cabrios haben wir hier keine Einfahrt, sie müssen auf einem Parkplatz am Ortsrand warten, als wir im Café einen Snack zu uns nehmen und auf das Meer da unten blicken.

Abends reihen sich die Evoques wieder in Reih und Glied vorm »Daios Cove« ein. Der Privatpool, wie er zu jeder der zweistöcki­gen Villas gehört, wartet. Endlich kommt der ganze Staub runter. Noch besser lassen sich die Autofahrer-schultern mit einer ausgiebige­ren Schwimmein­heit in der Bucht lockern. Später taucht Marcus mit einem »Sorry« zu spät beim Dinner auf der Freiluftte­rrasse auf. Sein Arbeitstag war noch nicht zu Ende. Er musste die Experience-vehikel tanken und durch die Waschstraß­e fahren. Denn gleich morgen schon geht der Guide mit einer neuen Offroad-truppe auf Tour, während ich zum Faulenzert­eil des Urlaubs übergehe und nun die Schönheit des Nichtstuns teste. Wo könnte das besser gehen als hier?

INFO

Daios Cove Luxury Resort & Villas. Vathi, Agios Nikolaos

721 00, Griechenla­nd, www.daioscovec­rete.com

Ein Deluxe-zimmer kostet für zwei Personen mit Frühbucher­rabatt ab rund € 270, regulär ab € 360. Wer einen eigenen

Pool möchte, muss € 350 (€ 470) einplanen. Enthalten ist jeweils Halbpensio­n, Kinder bis zwölf Jahre bekommen den Aufenthalt gratis. Ein geführter Tagestrip im Range Rover Evoque Cabrio kann für € 159 vor Ort spontan gebucht werden. Die Saison beginnt im April.

Den reisen EXCLUSIV-GUIDE finden

Sie unter www.reisenexcl­usiv.com/ guide-kreta

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 ??  ?? Der Mann mit den Koordinate­n: Guide Marcus Maegle weiß, wo es auf der Allrad-cabrio-tour langgeht.
Der Mann mit den Koordinate­n: Guide Marcus Maegle weiß, wo es auf der Allrad-cabrio-tour langgeht.
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Frischluft macht hungrig: Die Cabrio-karawane stoppt im Örtchen Kato Zakros, wo griechisch­e Spezialitä­ten den Hunger stillen.
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Blau machen? Im Luxushotel Daios Cove ist ausgiebige­s Abtauchen im Blau ein Muss.

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