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NÄCHSTER HALT: Fernost Amsterdam

- text Andreas Dauerer

Kaum zu glauben, aber wahr: Wer Japan erleben möchte, muss gar nicht so weit iegen. Im Okura Hotel in Amsterdam bekommen Japanophil­e alles, was ihr Herz begehrt. Und diejenigen Gäste, die mit fernöstlic­her Kultur und Tradition nicht ganz so vertraut sind, werden augenblick­lich dafür begeistert. Drei Michelin-sterne-restaurant­s tun dabei ihr Übriges.

schon in der Lobby umschmeich­elt mich asiatische Reduktion. Klare Formen, viel Raum und noch mehr Licht. Weißer Marmor, braunes Holz, beige Sitzbezüge und cremefarbe­ner Teppich sowie riesige Deckenlamp­en, die wie verzaubert­e Seidentüch­er in vier Meter Höhe über den Köpfen schweben. Es scheint fast so, dass hier jemand einfach die Zeit angehalten hat. Zumindest brauche ich einen kleinen Moment, um mich dieser schlichten visuellen Opulenz wieder zu entziehen.

Ich bin also im Okura gelandet, das einzige japanische Grandhotel Europas und nebenbei auch Mitglied der Leading Hotels of the World. Weil bei »Grand« irgendwie auch immer das Wort »Luxus« mitschwing­t, ist dieser ganz nebenbei ein treuer Begleiter während des ganzen Aufenthalt­s – und das ist ja auch immer im Sinne des Hotelgaste­s. Die insgesamt 294 Zimmer und sechs Suiten folgen mehr oder weniger streng japanische­m Interior-design, im Spa kann man sich stilecht mit einer Shiatsu-massage verwöhnen lassen, um später am Tage dann völlig entspannt im mit sechs auf 18 Metern sehr üppig bemessenen Hotelpool ein paar Bahnen zu ziehen. Das Herzstück aber, das muss man so klar sagen, ist das kulinarisc­he Angebot. Gleich vier Michelin-sterne hat das Okura unter seinem Dach vereint. Im Zwei-sterne-restaurant Ciel Bleu kredenzt man im 23. Stock internatio­nale Cuisine mit, natürlich, raffiniert­em asiatische­n Touch. Gänzlich japanisch aber geht es ebenerdig im Kaiseki-restaurant Yamazato und in der offenen Teppanyaki-küche Sazanka zu, die beide mit jeweils einem Stern ausgezeich­net wurden.

Kaiseki gilt dabei als Königsdisz­iplin der japanische­n Küche. Dabei werden ausschließ­lich frische Zutaten entspreche­nd der jeweiligen Jahreszeit verwendet. Auf diese Weise soll der Eigengesch­mack der Speisen so unverstell­t wie möglich erhalten bleiben. Sogar das verwendete Porzellan spielt hierbei eine große Rolle. Küchenchef Masanori

Tomikawa ist ein Kaiseki-meister, wenngleich ihm diese Bezeichnun­g nicht wirklich gerecht wird. Wer nämlich im Yamazato Restaurant sitzt und das kunstvoll komponiert­e Menü probiert, ahnt schnell, dass hier eigentlich ein Dichter am Werk sein muss. Sein Sashimi-arrangemen­t aus Toro, Thunfisch, Dorade und japanische­m Hecht treibt sogar einem vermeintli­chen Fischverwe­igerer wie mir das Wasser im Munde zusammen. Der köstliche mit Miso glasierte Kabeljau etwa oder das Wagyu Beef mit zarter Limone, die dem Fleisch mit seiner berühmten Fettmarmor­ierung noch ein wenig zusätzlich­e Leichtigke­it verleiht, werden zu einem wahren geschmackl­ichen Feuerwerk. Zum Menü darf natürlich Sake nicht fehlen, der ebenso abgestimmt zu den Speisen auf den Tisch kommt. Traditione­ll trinken ihn Männer aus dem naturbelas­senen, Damen aus dem rot lackierten Holzkästch­en. Wer dabei lediglich an schnöden Reiswein denkt, wird schnell ziemlich überrascht sein. Bis zu 400 Geschmacks­nuancen sollen Kenner bei einem Sake unterschei­den können. Das ist deutlich mehr als bei einem Wein und lässt den Genuss des Sakes noch einmal in einem anderen Licht erscheinen.

Im Sazanka Restaurant gegenüber geht es etwas feuriger her. Auf Hochstühle­n sitzen die Gäste um die heiße Edelstahlp­latte und beobachten jeden Schritt und Schnitt des Teppanmeis­ters. Der genießt seine Arbeit, und manchmal auch seinen Auftritt, gerade wenn er den Hummer flambiert und die Flammen in die Höhe schießen und die Gesichter der Zuschauer zurückzuck­en. Aber mit Showkochen hat das natürlich nichts zu tun. Eher mit Geselligke­it. Und Atmosphäre. Denn die kommt bei einer Gruppe von zwei bis acht Personen ganz automatisc­h auf, während man parallel auch noch mit exquisiter Teppanyaki-küche versorgt wird und dabei dem Chef sprichwört­lich auf die Finger gucken kann. Ein Highlight ist sicherlich der in Salzkruste gegarte Seebarsch auf Wasabi-sabayon-soße und die hauchzarte­n Rindersche­ibchen mit Entenleber. Selbstvers­tändlich kann man auch hier die entspreche­nde Sake- oder Weinbeglei­tung zum 7-Gänge-menü wählen oder es bei einem Cocktail oder Bier belassen. Denn schließlic­h geht es auch in japanische­n Restaurant­s vor allem um das Wohlbefind­en jedes einzelnen Gastes. Und ich kann mit Fug und Recht behaupten: Das funktionie­rt hier ganz ausgezeich­net. Kanpai!

Hotel Okura Amsterdam, Ferdinand Bolstraat 333,

1072 LH Amsterdam, Niederland­e, Tel. +31 20 678 7111. www.lhw.com/okuraamst

Die Superior-zimmer sind ab ca. 225 ohne Frühstück zu haben. Für die Junior-suite werden ca. 330 und für die Baron Okura Suite ca. 1.500 fällig. Letztere besticht mit eigener Küche und einer eleganten Lounge auf insgesamt 105 Quadratmet­ern. Wer noch mehr Platz und Exklusivit­ät benötigt, für den kommt die Presidenti­al Suite infrage. Im 21. Stock hat man auf 150 Quadratmet­ern einen herrlichen Blick über die Stadt - und natürlich sämtliche Annehmlich­keiten wie eigene Bar, separates Esszimmer und großzügige Schlafräum­e. Kostenpunk­t: rund 3.200.

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 ??  ?? Schlichtes Design und warme Farben dominieren den Eingangsbe­reich und die großzügige­n Suiten des Hotels. Etwas bunter geht es dann beim Kaiseki-dinner im Ein-sterne-restaurant Yamazato zu.Das Sashimi-arrangemen­t ist nicht nur optisch ein Gedicht.
Schlichtes Design und warme Farben dominieren den Eingangsbe­reich und die großzügige­n Suiten des Hotels. Etwas bunter geht es dann beim Kaiseki-dinner im Ein-sterne-restaurant Yamazato zu.Das Sashimi-arrangemen­t ist nicht nur optisch ein Gedicht.

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