Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Assads schrecklicher Sieg
ALEPPO Seit Monaten bekommen die Menschen im Osten von Syriens zweitgrößter Stadt Aleppo zu spüren, was es bedeutet, sich gegen Baschar al Assad zu stellen: gnadenlose Vernichtung. Für Syriens Diktator und seine russischen Schutzherren ist jeder Regime-Gegner ein Terrorist, der wie Ungeziefer ausgemerzt werden darf. Mit Brand, Fassund Streubomben, mit Angriffen auf Krankenhäuser, Schulen und Friedhöfe, mit Hungerblockaden, höchstwahrscheinlich auch mit Giftgas. Es handelt sich um schwerste Kriegsverbrechen, begangen vor den Augen der Weltöffentlichkeit und dennoch absolut ohne Konsequenzen für die Täter.
Künftige Gewaltherrscher können von Assad lernen, dass man ungehindert Hunderttausende töten und Millionen vertreiben darf, solange man mit Russland ein Mitglied des UN-Sicherheitsrates an seiner Seite weiß.
Die Vereinten Nationen, in deren oberstem Gremium Russland jeden Versuch im Keim erstickt hat, Assad in den Arm zu fallen oder ihn auch nur zu verurteilen, müssen hilflos zuschauen, wie die Verantwortung der internationalen Gemeinschaft für den Schutz von Zivilisten ausgehebelt wurde. Es stimmt, unter den Rebellen in Ost-Aleppo haben auch radikale Islamisten gekämpft, von denen einige ebenfalls abscheuliche Verbrechen verübt und Unschuldige massakriert haben. Nach Angaben der UN handelte es sich zwar nur um wenige Hundert Kämpfer, aber das spielte keine Rolle. Das Regime wollte in Aleppo ein Exempel statuieren, das erklärt die besondere Grausamkeit der Angriffe.
In Aleppo ist eine Entscheidung gefallen, an deren Folgen Syrien und wohl auch Europa noch viele Jahre leiden werden. Nicht einmal Assad wird behaupten, dass nach der Eroberung von Ost-Aleppo der Krieg in Syrien entschieden sei, obwohl das Regime nun wieder alle wichtigen Städte des Landes kontrolliert. Aber nun wird er sich vermutlich endgültig für unbesiegbar halten, obwohl er den Sieg in Aleppo vor allem russischen Bombern und schiitischen Söldnern aus dem Iran und dem Libanon zu verdanken hat.
In Wirklichkeit hat Assad mit der schrecklichen Erstürmung von Aleppo vor allem dafür gesorgt, dass die nächste Spirale der Gewalt und der Radikalisierung angeworfen wird. In gewisser unter anderen Namen auftretende Nusra-Front, der syrische Ableger von Al Kaida, ihren Einfluss ausdehnen konnte. Den Islamisten spielte dabei auch in die Hände, dass die Glaubwürdigkeit der als prowestlich geltenden Rebellen in dem Maße erodierte, wie der Westen der schamlosen Ausübung von Gewalt gegen die Bevölkerung tatenlos zusah. Viele Syrer fühlen sich mit gutem Grund von aller Welt verraten, das wird sie in die Arme der Islamisten treiben.
Für die sunnitischen Extremisten ist der Fall von Aleppo daher weniger eine