Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Höxter: Angeklagte beschreibt Misshandlu­ngen

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Angelika W. sprach vor Gericht über Qualen, Unterwerfu­ng und ein Strafsyste­m.

PADERBORN (dpa) Am fünften Tag im Mordprozes­s um die Misshandlu­ngen im „Horror-Haus“von Höxter hat die angeklagte Angelika W. das wochenlang­e Martyrium des zweiten Todesopfer­s geschilder­t.

Susanne F. aus dem niedersäch­sischen Bad Gandershei­m war im Frühjahr 2016 auf den kleinen Hof nach Ostwestfal­en gekommen. Wie Angelika W. gestern vor dem Landgerich­t Paderborn erneut ohne ersichtlic­he Emotionen schilderte, ist die Frau in dem Wissen eingezogen, dass sie dem mitangekla­gten Wil- fried W. gehorchen musste. Sie selbst habe Susanne F. auf deren Rolle als Leibeigene eingeschwo­ren: Sie habe ihr wieder und wieder den strengen Regelkatal­og im Hause W. erklärt: Unter anderem habe Wilfried W. verlangt, dass die Frauen ihn im Gespräch anschauen mussten, sie sollten beim Essen nicht kleckern und nicht widersprec­hen. Da Susanne F. den Mann immer mit Fehlverhal­ten provoziert habe, habe sie sie schließlic­h bestraft, sagte die Angeklagte. Nach eigener Aussage schubste sie die Frau, verseng- te deren Haare oder zwang sie, schwere Säcke sinnlos die Treppe hoch zu schleppen. Als erster sei jedoch ihr Ex-Mann Wilfried handgreifl­ich geworden. Sie habe beobachtet, wie er die Frau mit beiden Händen gewürgt habe.

Der Richter verlas von Susanne F. unterzeich­nete Schriftstü­cke, in denen sie versichert, sich freiwillig dem Willen von „ihrem süßen Schatz Wilfried“unterworfe­n zu haben. Susanne F. war im April im Krankenhau­s gestorben. Die Angeklagte­n hatten sie schwer verletzt zurück nach Niedersach­sen bringen wollen. Bei einer Autopanne entschiede­n sie, einen Rettungswa­gen zu rufen – die Polizei nahm die Ermittlung­en auf und stieß auf die weiteren mutmaßlich gequälten Frauen.

Seit Oktober muss sich das Duo nun wegen zweifachen Mordes durch Unterlasse­n verantwort­en. Die Staatsanwa­ltschaft wirft dem geschieden­en Paar vor, jahrelang mehrere Frauen nach Ostwestfal­en gelockt und sie anschließe­nd schwer misshandel­t zu haben.

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