Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Aufsichtsrats-Vorsitzender rechnet mit HSV ab
HAMBURG (sid/RP) Einen Tag vor dem Neuanfang unter Heribert Bruchhagen haben die Chaostage beim Hamburger SV ihren Höhepunkt erreicht. Mit Karl Gernandt trat der Aufsichtsrats-Boss völlig verbittert zurück. Seine Abrechnung zum Abschied lässt tief in den Abgrund der Hanseaten blicken.
„Zu viele bewusste Indiskretionen“rund um die Entlassung des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Dietmar Beiersdorfer hätten zum nächsten Knall an der Elbe geführt, sagte Gernandt: „Ich kann und werde nicht die Hauptverantwortung für so ein Verhalten tragen und bin entsetzt, mit welchen Kräften im Verein und im Aufsichtsrat die sportliche und langfristige Weiterentwicklung riskiert wird.“Wenn „persönliche Motive über professionelles Verhalten gestellt werden“, sagte der enge Vertraute des Investors Klaus-Michael Kühne, „macht dies nachhaltige Führungsarbeit unmöglich“. Nur 36 Stunden nach der Beiersdorfer-Entlassung mu- tierte der HSV damit endgültig zum Tollhaus. Die Trennung vom Klubchef hätte nämlich erst in der Winterpause vollzogen werden sollen, um die aufkommende Ruhe nach zuletzt vier Spielen in Folge nicht zu gefährden. Doch dann waren trotz verabredeter „maximaler Diskretion“Informationen über die „vertraulichen“Gespräche zwischen dem HSV-Aufsichtsrat – im Norden auch gerne als „Klub der Ahnunglosen“verspottet – und Bruchhagen an die Öffentlichkeit gelangt. Ge- zielt gesteckt, um den HSV zu destabilisieren, glaubt Gernandt.
Wenn Bruchhagen am Mittwoch im Volkspark sein Büro bezieht, dürfte der 68-Jährige damit kaum wissen, wo er mit der Arbeit beginnen soll. Der neue Vorstandschef muss den Klub befrieden, den erneut drohenden Absturz des Bundesliga-Dinos in die Zweitklassigkeit verhindern und natürlich einen Sportdirektor finden. Der könnte – kein Scherz – womöglich Dietmar Beiersdorfer heißen.