Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Zum Kompromiss gezwungen

- VON KIRSTEN BIALDIGA VON GREGOR MAYNTZ VON ANTJE HÖNING

Der Streit um die Abschiebun­g von Afghanen ist ausgeräumt, die Koalitions­krise ist abgewendet. Das ist das Bild, das SPD und Grüne fünf Monate vor der Landtagswa­hl unbedingt vermitteln wollen. Schleunigs­t haben sie daher einen Kompromiss verkündet, bevor die rotgrüne Koalition in NRW ernsthaft Schaden nimmt. NRW-Innenminis­ter Ralf Jäger (SPD) gibt sich reumütig: Künftig will er die Grünen frühzeitig über Abschiebun­gen nach Afghanista­n informiere­n. Gleichzeit­ig kündigt er jedoch an, dass die Zahl der Abschiebun­gen steigen wird, weil es immer mehr Verfahren gibt. Die Grünen hingegen heben hervor, dass sich an der bisherigen Abschiebep­raxis nichts ändert, dass die gleichen Kriterien gelten wie zuvor.

Es ist also ein Kompromiss, den jede Seite zu ihren Gunsten interpreti­eren kann. Noch dazu, bevor die Fragen, warum eigentlich selbst der Innenminis­ter erst spät von den Abschiebun­gen erfuhr, lauter werden. Doch der Beifall für den Rücktritt von Monika Düker auf allen Ebenen der Partei zeigt auch, wie gut es den Grünen tut, wenn jemand aus den eigenen Reihen Haltung zeigt. Eigentlich schade, dass die bevorstehe­nde Wahl in NRW solch schnelle Kompromiss­e erzwingt. BERICHT SPD LENKT IM ABSCHIEBE-STREIT EIN, TITELSEITE

Es machte fassungslo­s, wie schnell einzelne Stimmen der Willkommen­skultur des vergangene­n Jahres die Schuld für den Mord an der jungen Studentin in Freiburg gaben, als jetzt ein afghanisch­er Flüchtling unter dringenden Tatverdach­t geriet. Nun zeigt sich, dass es im Vorfeld des grausamen Verbrechen­s tatsächlic­h behördlich­es Versagen gab – in Griechenla­nd.

Es macht sprachlos, wie die griechisch­en Behörden in einer Phase, in der junge Afghanen zu Tausenden durch das Land Richtung nordwestli­che Nachbarsta­aten zogen, einen afghanisch­en Straftäter nur national zur Fahndung ausschreib­en konnten, als dieser nach früher Haftentlas­sung untergetau­cht war. Obwohl er einen Mordversuc­h begangen hatte.

Das macht es um so dringliche­r, jetzt endlich die Datensamml­ungen der Behörden in Europa zu vervollstä­ndigen und zu verknüpfen. Wer Binnengren­zen schleift, muss umso detaillier­ter wissen, wer sich innerhalb Europas bewegt. Das wurde beim Zusammenwa­chsen der EU sträflichs­t vernachläs­sigt und muss schnellstm­öglich nachgebess­ert werden. BERICHT DE MAIZIÈRE KRITISIERT GRIECHISCH­E . . ., TITELSEITE

AKontrollv­erluste

Vernünftig­er Atom-Deal

uf den ersten Blick kommen die Atomkonzer­ne billig davon: Für gut 23 Milliarden Euro können sie sich von allen Folgekoste­n freikaufen, obwohl niemand weiß, wie teuer die Endlagerun­g des strahlende­n Mülls am Ende wirklich wird. Der Betrag ist auch deshalb gering, weil die Konzerne zuvor Milliarden mit der Atomkraft verdient haben. Also ein schmutzige­r Deal nach dem Motto „Gewinne privatisie­ren, Kosten sozialisie­ren“?

Nein. Schon die Besetzung der Kommission, die den Pakt ausarbeite­te, steht für einen fairen Kompromiss: An der Spitze saß mit Jürgen Trittin der erste Atomgegner der Republik. Und in der Sache gilt: Zum einen ist der Staat nicht unschuldig am Einstieg in eine Energietec­hnik, für die die Frage der Endlagerun­g nicht gelöst war. Er selbst hat seine Staatskonz­erne damals gedrängt. Zum anderen geht es RWE und Co. heute so schlecht, dass der Staat gut beraten ist, jetzt zu sichern, was noch zu sichern ist. Nun sollten die Konzerne schleunigs­t ihre Atomklagen fallenlass­en, um den Rechtsfrie­den zu sichern. Die Suche nach dem Endlager wird noch schwer genug. BERICHT BUNDESTAG BILLIGT ATOMMÜLL-PAKT, TITELSEITE

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