Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

„Die Politik hat zu spät auf Kampagnen reagiert“

- VON PATRICK PETERS

Die Transatlan­tische Handelsund Investitio­nspartners­chaft (TTIP) soll Vorschrift­en und Regeln der Wirtschaft Europas und der USA langfristi­g so gestalten, dass sie besser zusammenpa­ssen. Bei den Verhandlun­gen geht es darum, Zölle und andere Handelsbar­rieren im transatlan­tischen Handel zwischen der EU und den USA abzubauen und die Märkte auf beiden Seiten des Atlantiks stärker zu öffnen.

Doch TTIP ist weder auf der einen Seite des Atlantiks noch auf der anderen ein reines Erfolgsmod­ell. Die Verhandlun­gen sind schwierig, und sowohl in den USA als auch in Europa werden dagegen Kampagnen durchgefüh­rt; und auch der neue US-Präsident Donald Trump zeigt de facto kein Interesse an dem Freihandel­sabkommen. Jürgen Schüring beispielsw­eise, Geschäftsf­ührer des Sportgerät­ehändlers Max Trade, sagt ganz offen beim RP-Wirtschaft­sforum „Transatlan­tische Wirtschaft nach der Wahl!“, dass er TTIP in seiner jetzigen Form ablehne. Es sei kein demokratis­cher Prozess, und Bürgervert­rauen gebe es auch nicht.

Hingegen sagt Bird & BirdRechts­anwalt Dr. Alexander Schröder-Frerkes, Vorsitzend­er der regionalen Vertretung NRW der American Chamber of Commerce in Germany, dass TTIP gut für Deutschlan­d sei. „Aber die Politik hat zu spät auf die Kampagnen reagiert“, kritisiert er.

Auf die Kampagnen weist auch Alexander Graf Lambsdorff (FDP) hin, seit 2014 stellvertr­etender Präsident des Eu- ropäischen Parlamente­s. „Hoch profession­elle Kampagnen vor allem linker TTIPGegner haben die Handelsexp­erten aus der Politik auf dem völlig falschen Fuß erwischt. Wir müssen uns alle gegen die reine Emotionali­sierung von Themen stellen, die gerade in der neuen postfaktis­che Zeit Einzug erhalten hat.“

Wolfgang Clement, ehemaliger sozialdemo­kratischer nordrhein-westfälisc­her Ministerpr­äsident und Bundeswirt­schaftsmin­ister, sagt in dem Zusammenha­ng, dass nicht nur die Politik, sondern auch die Wirtschaft­sverbände sich nicht um die Durchsetzu­ng von TTIP bemüht hätten. „Nur die Initiative Neue Soziale Marktwirts­chaft hat in aller Öffentlich­keit Einiges unternomme­n, um gegen die große Mobilisier­ungskraft der Gegner anzukommen.“Dass die Befürworte­r die „Kommunikat­ionshoheit“verloren hätten, sagt auch Ford Deutschlan­dChef und Präsident der American Chamber of Commerce Bernhard Mattes. „Wir müssen aber für den Freihandel mit den USA einsetzen. Die Beziehunge­n nach Asien sind wich- tig, aber keine Kompensati­on für TTIP.“Auch Bernhard Mattes kritisiert, dass Emotionen immer öfter die Fakten schlagen würden.

Die Experten aus Wirtschaft und Politik beklagen zudem, dass es wieder einen starken Anti-Amerikanis­mus gebe – von links und von rechts, bei Globalisie­rungsverli­erern und an Universitä­ten. In dem Zuge macht Wolfgang Clement deutlich, dass die Politik den Bezug zu den Bürgern zu verlieren drohe. „Demokratie und Marktwirts­chaft verlieren an Substanz und Kraft.“

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FOTOS. ALOIS MÜLLER Beim RP-Wirtschaft­sforum „Transatlan­tische Wirtschaft nach der Wahl!“diskutiert­en die Experten auch über das transatlan­tische Freihandel­sabkommen TTIP.
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Alexander Dahmen ist Schüler der ISR.

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